Frühe Augenzeugenberichte aus Auschwitz?
Ein untauglicher Versuch der Aufwertung des sogenannten WRB-Reports*
Dr. iur. Wilhelm Stäglich
Einer der jüngsten Angriffe auf den Holocaust-Revisionismus orientiert sich an dem 1976 erschienenen Werk des amerikanischen Universitätsprofessors Arthur R. Butz »The Hoax of the Twentieth Century«. Diese weit über die Erkenntnisse Rassiniers und Harwoods hinausführende Arbeit gab einem bislang ziemlich unbekannten Zeitgeschichtler namens John S. Conway Anlaß zu einer Entgegnung, die unter dem Titel »Frühe Augenzeugenberichte aus Auschwitz - Glaubwürdigkeit und Wirkungsgeschichte« in der Zeitschrift »Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte«, dem Hausorgan des Instituts für Zeitgeschichte in München, im Frühjahr 1979 veröffentlicht wurde (Heft 2/1979, S. 260-284). Conway bzw. seine Hintermänner wurden von der Tatsache alarmiert, daß Butz ordentlicher Professor an einer angesehenen US-Universität, der Northwestern University in Evanston/Illinois, ist, was so Conway - dazu veranlassen könnte, »seiner ikonoklastischen (?) Herausforderung Glauben zu schenken«. Wegen dieser »Gefahr« sollte Butz nach Meinung Conways »demaskiert, nicht ignoriert werden« (aaO. S. 264).
Conway selbst ignoriert freilich alle wesentlichen Ergebnisse der Butz-Arbeit und reduziert sie auf einen eher nebensächlichen Sachverhalt, den Butz bei der Darstellung der Entstehungsgeschichte der Auschwitz-Legende behandelt. Conway bemerkt hierzu wörtlich folgendes (aaO. S. 266):
»Butz' ganze Beweisführung beruht also auf seiner Unterstellung, bei der Hauptquelle für die behauptete Ausrottung in Auschwitz habe es sich lediglich um Greuelpropaganda gehandelt, die Ende 1944 von einer zionistisch-kommunistischen Verschwörung amerikanischen Ursprungs in Szene gesetzt worden sei. Diese Ansicht wäre glaubwürdiger, wenn seine Angaben korrekt wären. Sie sind es nicht: Erstens sind mindestens vier der Zeugen am Leben und in der Lage, sich für ihre Erfahrungen zu verbürgen; zweitens existieren Kopien ihres Berichts, die mit dem vom WRB veröffentlichten Bericht identisch oder nahezu identisch sind, noch immer in europäischen Archiven, bemerkenswerterweise in Genf und im Vatikan. Eine Untersuchung dieser Texte und der Vergleich mit späteren Ermittlungen beweisen, daß Butz' Argumente irreführend sind und als tendenziöse Polemik abgetan werden können.«
Es ist bezeichnend, daß diese Textstelle des Conwayschen Aufsatzes in die nur etwa einen Monat nach seiner Veröffentlichung ergangene Entscheidung Nr. 2765 (Pr. 9/79) der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften übernommen wurde, mit der die 1977 erschienene deutsche Ausgabe des Butz-Buches »Der Jahrhundert-Betrug« indiziert, d.h. in die Liste der jugendgefährdenden Schriften aufgenommen wurde. Fast möchte man meinen, der just im rechten Zeitpunkt herausgekommene Aufsatz Conways sei eine »bestellte Arbeit«, da die Indizierungsentscheidung sonst kaum Argumente enthält. Jedenfalls diente Conways oben zitierte Feststellung dem »Nachweis« der Unwissenschaftlichkeit des Buches »Der Jahrhundert-Betrug«, womit seine Indizierung besiegelt war.
Bei dem von Conway - nicht von Butz! - als »Hauptquelle« für die »Ausrottung in Auschwitz« bezeichneten Dokument handelt es sich um den sog. WRB-Report, eine von dem nordamerikanischen War Refugee Board im November 1944 veröffentlichte Sammlung von Häftlingsberichten über Auschwitz-Birkenau, eben jene »frühen Augenzeugenberichte«, die Conways Aufsatz den Titel gaben. Es überrascht, daß Conway ausgerechnet dieses Dokument als »Hauptquelle« für die angebliche Judenausrottung hinstellt, obwohl er als professioneller Zeitgeschichtler eigentlich wissen müßte, daß dem keineswegs so ist. Ich habe mich bereits in meinem Buch »Der Auschwitz-Mythos« ausführlich mit seinem äußerst widersprüchlichen Inhalt auseinandergesetzt und darauf hingewiesen, daß der WRB-Report mit der »offiziellen« Version der Auschwitz-Legende in den wesentlichsten Punkten unvereinbar ist und vermutlich deshalb in der zeitgeschichtlichen Literatur kaum noch berücksichtigt wird. Butz hat den WRB-Bericht im 3. Kapitel seines Buches im Rahmen der Entstehungsgeschichte der Kriegspropaganda über die »Judenausrottung« behandelt und dabei festgestellt, daß sein Erscheinen den Zeitpunkt markiert, in dem sich Washington offiziell auf die Behauptung festlegte, Auschwitz sei ein »Vernichtungslager« gewesen (vgl. »Der Jahrhundert-Betrug«, S. 114). Er nennt den Report eine »Mischung von Wahrheit, Vermutung und Erfindung« (aaO., S. 119) und bezweifelt darüber hinaus, daß die darin enthaltenen Berichte - wie behauptet - von entflohenen Auschwitz-Häftlingen verfaßt worden seien. Hierfür hat er bei seinen Recherchen sogar recht plausible Anhaltspunkte entdeckt, auf die Conway leider nicht eingeht. Conways Behauptung, Butz' Angaben seien nicht korrekt, wird durch seine eigene, quellenmäßig nicht belegte Märchenerzählung über die Entstehung des WRB-Reports durchaus nicht glaubwürdiger. Butz' Darstellung über den höchst fragwürdigen Ursprung des WRB-Reports aber als »Butz' ganze Beweisführung« zu bezeichnen, ist schon eine recht grobe Irreführung der Lesergemeinde Conways.
Aus der Mottenkiste der Greuelpropaganda
Weshalb Conway den WRB-Report trotz all seiner Fragwürdigkeit wieder aus der Mottenkiste der Greuelpropaganda hervorgeholt hat, kann nur vermutet werden. Jedenfalls benutzt er ihn, um seine Leser glauben zu machen, daß das heutige Auschwitz-Bild schon während des letzten Kriegsjahres aufgrund »zuverlässiger« Mitteilungen geflüchteter Häftlinge feststand und alle späteren »Erkenntnisse« letztlich nur eine Bestätigung jener »frühen Augenzeugenberichte« sind. Nicht nur Butz, sondern alle Revisionisten werden damit zugleich als tendenziöse Verfälscher der zeitgeschichtlichen Wahrheit hingestellt. Conways Resümee lautet dementsprechend (aaO. S. 284):
»Wer versucht, die Faktizität des Holocaust in Zweifel zu ziehen, tut dies, um seine gegenwärtigen politischen Interessen zu fördern und um antisemitische Ressentiments am Leben zu erhalten.«
So haltlos wie diese Beschuldigung sind allerdings auch Conways Behauptungen über die angebliche historische Zuverlässigkeit der im WRB-Report enthaltenen Berichte über Auschwitz und Birkenau. Auch insoweit ist es eine grobe Irreführung des Lesers, wenn Conway feststellt, diese Berichte seien inzwischen »durch eine ungeheure Fülle von Informationen über die Zustände in Auschwitz bestätigt« worden und lieferten »anschauliche und genaue Beschreibungen«, die »selbst für Skeptiker Details enthielten, die nicht mehr als übertriebenes Gerede weggewischt werden« könnten (aaO. S. 270). Tatsächlich ist nämlich das genaue Gegenteil richtig, soweit es um den für die Vernichtungslegende wesentlichen Inhalt des Reports geht. Gerade jene Darstellungen im WRB-Report, die sich auf die angebliche Vernichtungsfunktion von Auschwitz-Birkenau beziehen, widersprechen dem, was man heute über diese Dinge zu wissen vorgibt, abgesehen davon, daß diese Vorgänge im WRB-Report selbst widersprüchlich geschildert werden.
Die Zeitgeschichtler pflegen im allgemeinen insoweit vornehmlich auf die - allerdings kaum weniger fragwürdigen - Aussagen des ehemaligen Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höß zu verweisen. Höß hat sich über seinen ehemaligen Dienstbereich mehrfach geäußert. Seine Nürnberger Aussagen kamen zweifellos unter schwerstem psychischem und physischem Druck zustande und dürften schon deshalb - wie alle in Schauprozessen produzierten Aussagen - wenig glaubwürdig sein. Sie weichen auch in manchen Punkten von seinen später in Krakauer Untersuchungshaft angeblich freiwillig niedergeschriebenen Lebenserinnerungen ab. Diese wiederum wurden, soweit sie die angebliche Judenausrottung betreffen, entweder dem Gefangenen Höß ebenfalls abgezwungen oder möglicherweise sogar erst nach dessen Hinrichtung von fremder Hand in den von ihm verfaßten Text eingefügt (vgl. hierzu »Der Auschwitz-Mythos«, S. 253ff.). Gleichwohl sieht die »offizielle« Zeitgeschichte die Krakauer Höß-Niederschriften allgemein als die maßgebliche Quelle über die Judenvernichtung in Auschwitz an, seit sie im Jahre 1958 vom Institut für Zeitgeschichte in München der Öffentlichkeit vorgelegt wurden. Ob der WRB-Report - wie Conway meint - durch spätere Informationen bestätigt worden ist, müßte sich also in erster Linie hieran erweisen. Ein Vergleich der beiden Darstellungen über die »Gaskammern« und die Krematorien von Auschwitz-Birkenau ergibt indessen so erhebliche Abweichungen, daß von einer Bestätigung des WRB-Reports durch die Höß-Niederschriften gewiß nicht die Rede sein kann.
Widersprüche über Widersprüche
Während nämlich im sog. Vrba-Wetzler-Bericht des WRB-Reports (Teil Nr. 1, Abschnitt I) Krematorien beschrieben werden, bei denen Ofenraum, »Auskleideraum« und »Gaskammer« nebeneinanderliegen und durch einen durchlaufenden Schienenstrang zur Beförderung der Gasleichen bis unmittelbar vor die Einäscherungsöfen verbunden sind, waren nach den Höß-Niederschriften »Auskleideraum« und »Gaskammer« derselben Krematorien unterirdisch angelegt; die Gasleichen wurden hier mittels eines Lastenaufzuges zum oberirdisch gelegenen Ofenraum befördert (vgl. den Bildteil von »Der Auschwitz-Mythos«). Auch Zahl und Lage der Einäscherungsöfen stimmen in beiden Darstellungen nicht überein. Ferner wird das Aussehen der »Gaskammern« unterschiedlich dargestellt. Nach dem Vrba-Wetzler-Bericht hatte man den Wänden der »Gaskammer« das »Aussehen« von »Eingängen zu Baderäumen« gegeben, während sie laut Höß selbst als Baderaum ausgestaltet, nämlich mit »Brausen und Wasserleitungsröhren« versehen war. Die Verbrennungsdauer für eine Leiche wird von Vrba-Wetzler mit anderthalb Stunden angegeben, während sie nach Höß nur 20 Minuten betrug. Weitere Abweichungen bestehen zum Teil Nr. 2 des WRB-Reports, der von einem aus Auschwitz geflohenen polnischen Major verfaßt worden sein soll. Darin wird behauptet, daß die »Vergasungen« in »besonderen Vergasungsbaracken« durch Einwurf von »Hydrocyanid-Bomben« (!) erfolgt seien; die Krematorien dienten nach diesem Bericht offenbar nur der Leichenverbrennung, woran freilich kaum zu zweifeln ist. Es gibt noch eine Reihe weiterer Abweichungen, deren Wiedergabe jedoch über den Rahmen dieser Abhandlung hinausgehen würde. Bemerkenswert ist aber noch, daß die angeblich von Höß in seinen Krakauer Niederschriften gegebene Beschreibung der Birkenauer Krematorien im großen und ganzen den dort vorgefundenen Fundamentresten entspricht. Die danach tatsächlich vorhanden gewesenen unterirdischen Räume neben den beiden großen Krematorien waren jedoch ausweislich der Baupläne Leichenkeller. So konnten Leichen, deren Verbrennung nicht sofort möglich war, bis zu ihrer Einäscherung kühler gelagert und der von ihnen ausgehenden Seuchengefahr begegnet werden. Andererseits wäre in diesen unterirdischen Räumen die für den Einsatz des Zyklon B erforderliche Temperatur nicht ohne besondere Beheizung zu erreichen gewesen. Die im Zyklon B an einen festen Trägerstoff gebundene flüssige Blausäure entwickelt sich durch Verdampfen. Von einer solchen zusätzlichen Beheizung der Leichenkeller bzw. »Gaskammern« ist aber nirgendwo die Rede; auch die Baupläne weisen entsprechende Heizungsanlagen nicht aus.
Die Abweichungen zwischen dem WRB-Report und den Höß-Niederschriften beweisen, daß gerade die wesentlichsten Angaben im Report keineswegs - wie Conway behauptet - »durch gründliche Untersuchungen« der Nachkriegszeit bestätigt wurden. Der vorstehend behandelte Inhalt des WRB-Reports steht auch zur heutigen offiziellen Darstellung des polnischen Auschwitz-Museums im Widerspruch, eine Tatsache, die Conway nicht unbekannt sein sollte. Man kann daher nur noch den Kopf schütteln, wenn Conway am Schluß des Abschnitts seiner Abhandlung, der sich mit dem Inhalt des WRB-Reports befaßt, versichert, daß »sowohl das Zeugnis von Vrba und Wetzler wie das des nicht-jüdischen polnischen Majors nicht nur als erste Augenzeugenberichte von Zuständen gelten dürfen, über die nach 1945 eine Fülle bekräftigender Tatsachen bekannt wurde, sondern überdies als Augenzeugenberichte, denen durch die später zugänglichen Informationen keine (!) Ungenauigkeit nachgewiesen werden konnte« (aaO., S. 273). Das ist eine kaum noch überbietbare wissenschaftliche Unredlichkeit, die sich auch das Institut für Zeitgeschichte vorwerfen lassen muß, das für die Veröffentlichung von Conways Machwerk verantwortlich zeichnet. Was Conway sonst noch als »bestätigt« aufführt, wie etwa die Häftlingskennzeichnung durch farbige Stoffdreiecke auf der Häftlingskleidung, die Zählung und Tätowierung der Häftlinge, die Anlage des Lagers und seiner Sicherheitseinrichtungen usw. bedurfte keiner »Bestätigung«, weil es ohnehin kein Geheimnis war. Butz hat mit Recht darauf hingewiesen, daß man hinsichtlich solcher Informationen schon damals nicht auf die Aussagen geflüchteter Häftlinge angewiesen war.
Freilich konnte Conway bei seinen Behauptungen darauf vertrauen, daß seine Leser sie ihm einfach abnehmen müssen. Denn wer ihnen nachgehen will, wird kaum noch ein vollständiges Exemplar des WRB-Reports auftreiben können. In öffentlichen Bibliotheken findet man ihn jedenfalls nicht. Auch in die Nürnberger Dokumentensammlungen wurde er nicht aufgenommen, obwohl diese sonst alle maßgebenden Prozeßunterlagen enthalten. Lediglich in der Protokollsammlung des Internationalen Militär-Tribunals wurde eine Seite des Reports als »Dokument 022-L« veröffentlicht (IMT XXXVII, 433); es handelt sich dabei um eine Zusammenstellung der Zahlen der angeblich in Birkenau von April 1942 bis April 1944 »vergasten Juden«, deren Gesamtzahl mit 1.765.000 angegeben wird (WRB-Report Teil Nr. 1, II am Ende, S. 33). Daß Kopien des Reports - wie Conway bemerkt (aaO. S. 266) - noch in europäischen Archiven existieren, mag zutreffen. Doch wer kann sie schon dort einsehen und überprüfen? Ob auch im Institut für Zeitgeschichte in München eine Kopie vorhanden ist, weiß ich nicht. Mir wurde jedenfalls bei einer Anfrage nach Beweisdokumenten für Auschwitz-Birkenau kein Hinweis darauf gegeben (vgl. meinen Schriftwechsel mit dem Institut in »Der Auschwitz-Mythos«, S. 367-371). Meiner Überzeugung nach müßte sein Inhalt dort aber bekannt sein, was zugleich erklären dürfte, warum man in dieser Hinsicht so zurückhaltend ist. Man hat es schon schwer genug damit, den nicht minder phantastischen Gerstein-Bericht zu einem seriösen Dokument aufzuwerten, weil man anscheinend ohne ihn nicht auskommt.
Notorische Lügner
Für besonders bedeutsam hält Conway die Zahlenangaben im WRB-Report über die nach Auschwitz deportierten Häftlinge, die angeblich »von den zur Arbeit selektierten Häftlingen sorgfältig zusammengetragen« wurden (aaO. S. 271). Ich will hier nicht untersuchen, inwieweit diese Zahlenangaben durch spätere Forschungen bestätigt oder nicht bestätigt wurden. Das dürfte auch unwesentlich sein. Denn soweit die Angaben im WRB-Report über die dort ankommenden Häftlingstransporte überhaupt stimmen, könnten sie doch allenfalls etwas über den Umfang der Deportationen aussagen, nichts dagegen über etwaige »Vergasungen« angekommener Juden. Zwar wird im sog. Vrba-Wetzler-Bericht behauptet, daß »annähernd 10% der männlichen und 5% der weiblichen Deportierten in die Lager verbracht und der Rest sofort vergast« worden sei (WRB-Report, Teil Nr. 1, I, S. 10). Da Vrba und Wetzler nach eigenen Angaben aber nicht dem »Sonderkommando« angehörten, das nach der Legende unmittelbar mit den »Vergasungen« zu tun hatte, kann es sich zumindest bei ihren Angaben zur Zahl der »Vergasten« nur um Vermutungen handeln. Conway muß selbst einräumen, daß die »Anzahl der sofort Vergasten, da ihnen keine Häftlingsnummer zugeteilt wurde, nicht mehr rekonstruiert werden« könne (aaO. S. 271). Trotzdem hält er die »sorgfältige Schätzung« von Vrba und Wetzler offenbar für beachtenswert. Indessen stellen diese ihre Lügenhaftigkeit selbst unter Beweis, indem sie behaupten, daß Anfang 1943 zur Verheimlichung der Geschehnisse in Auschwitz in der Politischen Abteilung 500.000 Entlassungsscheine »mit den Namen der Vergasten ausgefüllt« worden seien (WRB-Report, S. 17). Wo aber hatte man diese Namen wohl her, da die »Vergasten« ja angeblich nicht registriert worden waren? Das hat auch Conway übersehen, als er diesen Vorgang im Rahmen seines Aufsatzes ebenfalls schilderte (aaO. S. 271). Damit wird auch die Unrichtigkeit von Conways Behauptung deutlich, daß die im WRB-Report »angeführten Einzelheiten von jedem Zeugen selbst beobachtet worden« seien (aaO. S. 269), eine Behauptung übrigens, die auch schon im Vorwort zum WRB-Report aufgestellt wurde. Weder Vrba noch Wetzler arbeiteten in der Politischen Abteilung von Auschwitz. Mein Buch »Der Auschwitz-Mythos« enthält noch weitere Beispiele dafür, daß es sich bei Vrba und Wetzler um notorische Lügner handelt, sofern sie überhaupt an der Abfassung des WRB-Reports beteiligt waren. Für Conway allerdings sind beide anscheinend geradezu die Garanten für die historische Bedeutung des WRB-Reports, dessen angebliche weitere Mitverfasser freilich eine noch fragwürdigere Rolle spielen.
Eigenartigerweise blieben die angeblichen Verfasser der im WRB-Report zusammengefaßten Berichte, worauf schon Butz hingewiesen hat, weit über ein Jahrzehnt hinaus völlig unbekannt. Erst zu Beginn der 60er Jahre traten Vrba und Wetzler als Verfasser der beiden ersten Berichte des Reports an die Öffentlichkeit. Über die restlichen drei Berichtsverfasser herrschte weiterhin Unklarheit. Conway benennt jetzt überraschenderweise noch zwei von ihnen: Mordowicz und Rosin, eben jene beiden Juden, die den dritten, nahtlos an die Berichte von Vrba und Wetzler anschließenden Bericht geliefert haben sollen. Offenbar hat er diese Information ebenso wie alles, was er über den Ursprung und die Entstehungsgeschichte des WRB-Reports zu sagen weiß, von Vrba, dem er »für seine Mitwirkung besonderen Dank« ausspricht (aaO. S. 266, Fußnote 10). Die genauen Anschriften dieser beiden Gewährsmänner gibt er allerdings nicht an. Es ist mir bisher auch nichts darüber bekanntgeworden, daß sie sich nach dem Krieg irgendwann mit diesem Bericht identifiziert haben. Den Namen des polnischen Majors, den Conway- ohne ihn selbst zu kennen- als »nicht-jüdisch« bezeichnet (aaO. S. 273) und der den gesamten Teil No. 2 des Reports verfaßt haben soll, weiß auch Conway nicht anzugeben. Er räumt ein, daß »dessen Identität bis heute nicht ermittelt werden konnte« (aaO. S. 269).
Conway liefert für die Tatsache, daß keiner der angeblichen Berichtsverfasser des WRB-Reports bei den Nürnberger Prozessen der Alliierten als Zeuge zur Verfügung stand, keine Erklärung. Er vermerkt nur, daß keiner von ihnen »bei den überlebenden Führern der Judenräte in Gunst« stand (aaO. S. 280) und daß Vrba erst nach seiner Flocht aus der Tschechoslowakei im Jahre 1958 in der Lage gewesen sei, »seine Identität und seine Rolle in der quälenden Geschichte von Auschwitz zu enthüllen«, und zwar in einer im März 1961 - zur Zeit des Eichmann-Prozesses! - im Londoner Daily Herald erschienenen Artikelserie (aaO. S. 281). Doch das sind keine plausiblen Erklärungen für die eigenartige Zurückhaltung dieser angeblich so wichtigen Augenzeugen, deren Namen im übrigen ja auch dem War Refugee Board bekannt sein mußten. Hätte es sich also wirklich um echte Augenzeugen gehandelt, so hätte die US-Anklagebehörde sicherlich nichts unversucht gelassen, sie in Nürnberg zu präsentieren, da sie insoweit ja mit dem War Refugee Board zusammenarbeitete. Noch unverständlicher ist es, daß sich diese »Augenzeugen« nicht von sich aus den Nürnberger Anklagebehörden zur Verfügung stellten, zumal dies für Belastungszeugen mit zahlreichen Vorteilen verbunden war. Denn gerade Belastungszeugen wurden damals bekanntlich eifrig gesucht!
Conways »Beweise« ein Bumerang
Warum also schwiegen die »Zeugen«? Butz' Erklärung, der ganze WRB-Report sei nichts weiter als eine mit zahlreichen bekannten Tatsachen angereicherte Greuelpropaganda gewesen, hat Conway jedenfalls nicht widerlegen können. Im Gegenteil: Wahrscheinlich ohne es zu wollen, hat er sogar selbst einige Anhaltspunkte für die Richtigkeit dieser These geliefert. Nach Conways Darstellung umfaßte nämlich der unter Mitwirkung des Judenrates der Slowakei aufgrund der Angaben von Vrba und Wetzler zusammengestellte Gesamtbericht »etwa 60 Schreibmaschinenseiten« (aaO. S. 268). Der reine WRB-Report - also die Berichte ohne Vorwort und Titelseiten - besteht aus genau 59 Schreibmaschinenseiten. Er ist mithin trotz der hinzugekommenen Berichte von Mordowicz/Rosin und des polnischen Majors nicht umfangreicher geworden. Andererseits hat Conway aber auch nichts von einer Kürzung des Vrba-Wetzler-Berichts erwähnt. Immerhin weiß er jedoch zu berichten, daß der Bericht bzw. Kopien davon durch alle möglichen Hände gingen, bevor sie in der Form des WRB-Reports im November 1944 der Öffentlichkeit vorgelegt wurden (aaO. S. 274-279). Im übrigen hat Conway offenbar nicht klären können, wann, wo und unter welchen Umständen denn nun eigentlich die Berichte von Mordowicz und Rosin sowie der des bis heute nicht identifizierten polnischen Majors schriftlich niedergelegt wurden. Er spricht immer nur von dem - ursprünglich angeblich 60seitigen - Vrba-Wetzler-Bericht, der im WRB-Report nur 33 Seiten lang ist. Die Zahlenangaben in diesem Bericht, von denen Conway sich so ganz besonders angetan zeigt, datieren ab März/April 1942 (vgl. auch Conway aaO. S. 272). Wetzler war aber dem Bericht zufolge erst ab Mitte Mai in der Lage, über die in Birkenau ankommenden Juden Aufzeichnungen zu machen (WRB-Report, Teil Nr. 1, I, Seite 9); vorher arbeitete er in den Auschwitzer »armament factories«, also in Monowitz (aaO. S. 8). Vrba kam sogar noch später- frühestens Ende Juli/Anfang August 1942 zu einem Birkenauer Kommando, das ihm entsprechende Beobachtungen erlaubt hätte (WRB-Report, Teil Nr. 1, II, Seiten 30-31). Schon dies allein ist ein Beweis dafür, wie schlampig diese angeblichen Häftlingsberichte zusammengebastelt wurden. Doch Conway steuert noch einen weiteren Beitrag zu ihrer Fragwürdigkeit bei. In dem offensichtlichen Bemühen, dem Leser seine obskuren Zeugen als Menschen aus Fleisch und Blut näher zu bringen, teilt er mit, der Zeuge Mordowicz sei nach seiner Flucht aus Auschwitz »entdeckt und unter einem anderen Namen wieder nach Auschwitz transportiert« worden; dort habe er jedoch »seine frühere Identität« erfolgreich verbergen können und sei auf diese Weise dem Tode entgangen (aaO. S. 280). Diese Erzählung von wem sie auch immer stammen mag- trägt den Stempel der Lüge sozusagen auf der Stirn. Denn bekanntlich trugen alle Auschwitz-Häftlinge eine eintätowierte Häftlingsnummer. Es war ihnen gar nicht möglich, nach einer Wiederergreifung ihre Identität zu verheimlichen. Vermutlich ist also dieser Mordowicz niemals aus Auschwitz geflüchtet, sondern hat seinen jetzigen Namen, wie es auch sonst noch vorgekommen ist, erst nach seiner Befreiung aus dem Lager Auschwitz angenommen. Daß er, wenn diese von Conway mitgeteilte Geschichte überhaupt stimmen sollte, jedenfalls nicht einer der Berichtsverfasser des WRB-Reports sein kann, dürfte kaum zu bezweifeln sein.
Conways Arbeit wird in eingeweihten, an der Holocaust-Legende interessierten Kreisen sicher nicht überall Beifall finden. Denn das Hervorholen des WRB-Reports aus der Schublade des Vergessens könnte sich als Bumerang erweisen, da dieses Dokument im Grunde nur erneut die Frage nach der Glaubwürdigkeit der Behauptungen über die sog. »Endlösung« aufwerfen muß. Seine Väter wußten schon, weshalb sie es in den zurückliegenden Jahrzehnten der Vergessenheit anheimfallen ließen. Jetzt werden sich vermutlich auch Historiker damit befassen, die dieses obskure Dokument bisher nicht einmal dem Namen nach kannten, und aus seiner Geschichte und seinem Inhalt ihre Schlüsse ziehen.
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* WRB ist die Abkürzung für War Refugee Board, das von Morgenthau im Januar 1944 eingerichtete Kriegsflüchtlingsamt der USA. Dieses Amt veröffentlicht im November 1944 eine »Dokumentation« verschiedener Berichte über die »deutschen Vernichtungslager Auschwitz und Birkenau«, die von fünf namentlich nicht genannten, angeblich aus Auschwitz-Birkenau geflüchteten Häftlingen stammen sollten.