JOSEF SCHUSSLBURNER / DIE DEUTSCHE FREIHEIT, ERDROSSELT VOM VERFASSUNGSPATRIOTISMUS
Der Deutsche erst bekundet den weltgeschichtlichen Beruf des Radikalismus. Wo der Deutsche umreißt, da muß ein Gottfaden und eine Welt vergehen (Max Stirner)[1]
Wenn im folgenden vom politischen Radikalismus/Extremismus der politischen Mitte die Rede ist, dann soll dies nicht als lediglich polemische Retourkutsche eines "Rechtsaußenintellektuellen"[2] mißverstanden werden, sondern meint in der Tat etwas, was Eingang in sogenannte Verfassungsschutzberichte[3] finden müßte, würde in diesem Bereich das Prinzip der rechtsstaatlichen Gleichheit, und das heißt ein an gesetzlichen Tatbeständen orientierter Gesetzesvollzug, in Deutschland Geltung haben.
DEUTSCHER EXTREMISMUS...
Eine wohlfeile Polemik ist hier schon deshalb nicht angebracht, weil mit dem Begriff der Mitte, welcher gegen Extremismus stehen soll, das durchaus wichtige Anliegen ausgedrückt wird, einen tatsächlichen Mangel der deutschen politischen Tradition zu korrigieren, welcher in der unzureichenden Rezeption der antiken Lehre vom ethischen Wert des Maßes, eben der Mitte und der Ausgeglichenheit (temperantia) besteht. Aber auch die selbsterklärte Mitte scheint dem beständig angeprangerten deutschen Drang zum Radikalismus nicht entgehen zu können, was sich umgangssprachlich in der Bezeichnung vom "harten Kern" ausdrückt, ein Bild, das davon ausgeht, daß gerade die Mitte, das Zentrum radikal ist.
Die deutsche Neigung zum Radikalismus/Extremismus muß man als durchaus positiv bejahen, liegt nicht zuletzt die ungeheuere Produktivität[4] der deutschen Kultur darin begründet, daß in ihr bis zur Wurzel vorgedrungen wird und die äußersten Möglichkeiten bedacht werden. Dieser produktive Radikalismus und Extremismus bedeutet jedoch eine erhebliche (Selbst-)Gefährdung, wenn er unvermittelt von der Wissenschaft in die Politik überleitet[5].
Ein politischer Radikalismus dieser Couleur wurde nicht zuletzt durch die Forderung des deutschen Säkularjuden Karl Marx begründet, die Welt nicht nur verschieden zu interpretieren, sondern sie - politisch - zu verändern. "Verändern" meint dabei die Überführung des religiösen Erlösungsimpulses in ein politisches Programm. Der heute sehr in den Hintergrund gedrängte Begriff des (politischen) Fanatikers deutet in der Tat an, daß sich als Wesen dessen, was üblicherweise als "Extremismus/Radikalismus" bezeichnet wird, die unvemmittelte Übertragung des religiösen Impulses in die Politik darstellt. Als fanatici wurden ursprünglich im Kult der Kybele diejenigen bezeichnet, welche zum Innersten des Heiligtums (fanum) zählten[6]. Der Extremismus dieser vorderasiatischen Religionsform, bei der sich die fanatici selbst entmannten, bedeutete das krasse Gegenteil der römischen temperantia auch in den Formen der religiösen Verehrung.
Der auf Welterlösung zielende radikale Impuls konnte sich natürlich nicht mit konkreter nüchterner Politik, wie sie etwa in der Lösung der Staatsschuldenproblematik besteht, begnügen, sondern strebt in die umfassende Ferne; patriam fugismus notierte schon 1775 Lichtenberg[7] den Charakter der Deutschen mit zwei Worten. Deshalb mußte es bereits Hölderlin als besonderes deutsches Problem erkenne: "Wir lernen nichts schwerer als das Nationale frei zu gebrauchen!"[8]. Goethe riet deshalb den Deutschen, sich erst gar nicht als Nation zu versuchen, sondern nur als "Menschen" sich auszubilden, was bedeutete, in einem imaginären Persien "Patriarchenluft" (den Geist der (Verfassungs-)Väter?) zu kosten, während gerade die Patrioten dem französischen Tyrannen den Garaus zu machen suchten.
...EINE VATERLANDSFLUCHT
Eine extremistische Ausprägung der Vaterlandsflucht mußte sich nach zwei verlorenen Kriegen einstellen. Nach Tocqueville hört nämlich in einem eroberten Land die Vaterlandsliebe bald auf und es stellt sich Unterwerfungsbereitschaft gegenüber den Siegern ein, weil die Bestrebungen der Menschen in die Richtung gehen, wo sich die Macht befindet.[9] Bereits auf dem USPD-Parteitag Anfang Dezember 1919 verkündete Arthur Crispien: "Ich kenne kein Vaterland, das Deutschland heißt"[10].
Dies war wohlgemerkt nicht gegen das deutsche Kaiserreich gerichtet, sondern damit wurde der Weimarer Republik der Kampf erklärt. Wohin diese Einstellung führte, zeigte das offene Bekenntnis Kurt Tucholskys zum Landesverrat, indem er den deutschen Staat (d. h. die Weimarer Demokratie) verneinte "zugunsten eines Landes, das wir lieben, für den Frieden und unser wirkliches Vaterland: Europa!"[11] Es gehört allerdings deutsche Genialität dazu, den Mangel der Vaterlandsliebe, wie er in einem eroberten Land als durchaus typisch erscheint, mit einem erhabenen Begriff zu versehen, nämlich den des "Verfassungspatriotismus".
Als Geburtsjahr des Verfassungspatriotismus als solchen kann die Verfassungsänderung der DDR von 1974 ausgemacht werden, als reziprok zur verfassungswidrigen Brandtschen Ostpolitik[12] an die Stelle der sozialistischen Verpflichtung gegenüber der deutschen Nation die "unwiderrufliche Bindung an die WSSR" trat. Zu diesem Zwecke wurde die "deutsche Nation" durch "Arbeiter und Bauern" ersetzt und damit DDR-Deutschland als Hort des demokratischen Deutschland zur Provinz einer imaginären Bauernrepublik mit realen Unterwerfungsbezügen gegenüber der ausländischen Macht Sowjetrußland.[13]
Im Westen korrespondierte mit dieser Entwicklung die Ausrufung des Verfassungspatriotismus[14] durch Dolf Sternberger: "Wir leben nicht im ganzen Deutschland. Aber wir leben in einer ganzen Verfassung, in einem ganzen Verfassungsstaat, und das ist selber eine Art Vaterland". In seiner wiedervereinigungsfeindlichen Haltung stellt sich der Verfassungspatriotismus als gesamtdeutsches Phänomen dar, wobei die BRD-Variante das Kunststück fertig brachte, sich zum Zwecke der Verabschiedung vom Nationalstaat auf eine (vorläufige) Verfassung zu stützen, welche die Restitution des deutschen Nationalstaates verbindlich festschrieb. Anders als in der DDR führte der bundesdeutsche Verfassungspatriotismus nicht zur offenen Verfassungsänderung - dies wurde erst mit der Wiedervereinigung und zum Zwecke von Maastricht nachgeholt[15] - sondern zu einen schleichenden Verfassungsumsturz, indem stillschweigend die Deutschen zwar nicht zu "Arbeiter/Bauern", aber zu westlichen/europäischen "Menschen" herabgestuft wurden. Damit wurden ideologisch die Rechte der Verfassung, die auf die Deutscheneigenschaft abstellen, unterminiert und die nationalstaatliche Demokratie zur Disposition gestellt.
Durch diese Herabstufung der Deutschen war es möglich, Deutschland zu einer imaginären Weltprovinz zugunsten realer Herrschaftsbezüge des Westens und damit zur "offenen Republik" der ganzen Menschheit zu transformieren.[16] Aus Gastarbeitern wurden deshalb "ausländischer Mitbürger" (und nicht, wie es verfassungsrechtlich korrekt wäre: Mitmenschen) und es sollte sich zeigen, daß Wiedervereinigungsfeindschaft und Multikulturalität weitgehend deckungsgleich waren.[17]
Der in seiner Wiedenereinigungsfeindlichkeit schon als verfassungsfeindlich zu kennzeichnende Verfassungspatriotismus knüpfte dabei an Formeln der Adenauerzeit an, wie "Freiheit vor Einheit". Hierbei bestand insofern ein berechtigter Kern als ausgedrückt werden sollte, die Wiedervereinigung nicht unter kommunistischem Vorzeichen durchführen zu wollen. Jedoch beseitigte diese Parole nicht den unfreien Status der DDR-Bewohner und reflektiert einen privatistischen Freiheitsbegriff, der aufgrund seiner apolitischen Ausprägung eigentlich dem viel verdammten Obrigkeitsstaat angemessen gewesen wäre; denn man kann sich politisch nicht frei fühlen, wenn ein wesentlicher Teil des eigenen Landes in Unfreiheit gehalten wird, d. h. durch eine unzulässige Perpetuierung der Besatzungsherrschaft in das freie demokratische Selbstbestimmungsrecht des eigenen Volks eingegriffen wird.
KERN DES VERFASSUNGSPATRIOTISMUS
In der Folgezeit hat sich der Verfassungspatriotismus zunehmend radikalisiert, obwohl oder gerade weil er nach der Restitution der demokratischen Nationalstaatlichkeit hätte abtreten können und müssen. Der mittlerweile verselbständigte, d. h. von seinem Ausgangspunkt, dem Verrat am Wiedervereinigungsgedanken abstrahierte Verfassungspatriotismus steht in der dargestellten Tradition des deutschen politischen Radikalismus und bestimmt sich inhaltlich in Form eines nachgeholten und daher sicherlich zivilcouragierten Widerstandes im wesentlichen aus drei Gegenpositionen, welche ihn zwar als ideologisch parasitäre[18], aber ansonsten als typisch deutsche Erscheinung kennzeichnet.
In Opposition zu Kaiser Wilhelm II, welcher- in der konkreten Situation durchaus verständlich - keine Parteien, sondern nur noch Deutsche kennen wollte, kennen die Verfassungspatrioten keine Deutschen mehr, sondern nur noch Parteien. Deshalb ist einem deutschen CDU-Politiker ein mafiöser deutschfeindlicher Christdemokrat aus Italien im Zweifel lieber als ein honoriger deutscher Sozialdemokrat, um von einem Republikaner gar nicht erst zu sprechen. Die Verfassungspatrioten sind Antirepublikaner, indem sie einen berühmten Satz des SPD-Reichspräsidenten einfach umdrehen. Ebert hatte ja geäußert: "Wenn der Tag kommt, an dem die Frage auftaucht: Deutschland oder die Verfassung, dann werden wir Deutschland nicht wegen der Verfassung zugrunde gehen lassen".[19] Als allgemeines Prinzip wäre die Aussage sicherlich extremistisch, da sie auf einen permanenten Staatsstreich hinauslaufen würde. Entsprechend extremistisch ist jedoch die stillschweigende Umkehrung dieses Satzes, Deutschland zugunsten der Verfassung zugrunde gehen zu lassen und dies in Permanenz. Selbstverständlich sind die Verfassungspatrioten Antifaschisten und kehren deshalb den sicherlich extremistischen Satz des Nazisozismus[20] "Du bist nichts, Dein Volk ist alles" in das ebenfalls extremistische Gegenteil um: "Du bist alles, Dein Volk ist nichts". Zusammengefaßt ergibt dies die allenthalben anzutreffende Schmiererei "Deutschland verrecke!", wobei diese Schmiererei, anders als vergleichbare andere Parolen, nicht unter dem Gesichtspunkt der "Bildung einer kriminellen Organisation" verfolgt wird. In der politischen Kultur drückt man sich natürlich etwas vornehmer aus. Dort heißen die Parolen: europäische Einbindung, offene Republik, multikulturelle Gesellschaft, ausländischer Mitbürger, Weltinnenpolitik und dergl.
Der Verfassungspatriotismus ist schon sprachlich verräterisch, denn als "Verfassungsvaterlandsliebe" stellt er auf eine Form des Vaterlandes ab, so als ob man seinen Ehepartner nur deshalb liebte, weil er eine gute Form hat. So wie letzteres das pubertäre Konzept des Ehebruchs darstellt, so ist Verfassungspatriotismus potentieller Landesverrat, etwa im Sinne von Tucholsky zugunsten Europas. Verfassungspatriotismus ist mit dem Schlagwort ubi bene ibi patria gut zu kennzeichnen, bei dem die Loyalität zum eigenen Volk und Staat im Ergebnis in einem gewissen Verhältnis zum Einkommen, d. h. zu den (materiellen) Werten steht.
Von Werten - ein Begriff, der nun einmal aus der Ökonomie stammt - ist denn auch viel die Rede, wenn es in Deutschland um die Verfassung geht. Zur Werteordnung abstrahiert und radikalisiert, läßt sich dann die konkrete Verfassung - und nicht die ist es, die die Verfassungspatrioten meinen - ablösen von Volk und Staat in ihrer raumzeitlichen Realität. "Derart vom Erdenballast entlastet, kann der Verfassungspatriotismus alle irdischen Unterscheidungen zwischen Völkern und Staaten hinter sich lassen, aufsteigen zur Höhe der reinen Normen und weiter zu den Ideen von diesen Normen. Die Identität der Deutschen ist somit wieder dort zu finden, wo Jean Paul und Heinrich Heine sie im frühen 19. Jahrhundert aufgewiesen hatten: im Reich der Luft".[21]
Der Erfolg des Verfassungspatriotismus läßt sich daran ablesen, daß es ohne Rechtserschütterung im Rechtsstaat Bundesrepublik Deutschland möglich war, ein Drittel des Staatsgebietes abzuschreiben, indem man über Nacht einheitlich der Sprachregelung folgte, wonach "Mitteldeutschland" in "Ostdeutschland" umbenannt wurde und sich das wirkliche Ostdeutschland im historischen Nichts auflöste, ein Vorgang, wie man ihn bisher nur in totalitären Regimen beobachten konnte. Damit erfüllt sich die Forderung des deutschen Radikalismus, welcher verlangt, daß "eine Welt vergehen muß", nämlich im Falle des Verfassungspatriotismus die Welt der Deutschen selbst. Radikaler geht es nicht!
DEUTSCHLAND ALS FEIND
Es versteht sich von selbst, daß Feind des Verfassungspatriotismus und seines subjektiv-privatistischen, d. h. letztlich a-politisch spießbürgerlichen Luftreichs der konkrete deutsche Nationalstaat sein muß, da sich die Verfassungspatrioten sonst einfach als Patrioten einstufen würden. Bezeichnenderweise heißt es denn auch in einer Rezension über ein Werk einer Vertreters der extremistischen Mitte, nämlich Heinrich Geißler: "Fast schon ein Spleen erscheint Geißlers Haß auf den Nationalstaat, dessen Ende und Überwindung er unablässig beschwört."[22] Dabei ist kaum vorstellbar, daß Geißler auch das Ende des zionistischen Nationalstaates Israel befürwortet, so daß nur geschlossen werden kann, daß er nicht das Ende des Nationalstaates an sich, sondern konkret das Ende des deutschen Nationalstaates meint.
Hier stellt sich die Frage, ob man bei so viel Menschenliebe als deutscher Politiker die Deutschen wirklich mögen kann, wenn man ihren - wohl demokratischen - Nationalstaat so sehr in verfassungsfeindlicher Gesinnung haßt, daß man ihm den Untergang wünscht. Sicherlich ist es möglich, zwischen dem Abstraktum Deutschtum und den konkreten Deutschen zu unterscheiden, ähnlich wie der Marxismus das von ihm für notwendig erachtete "Ende des Judentums"[23] da den reaktionären Geist des zu überwindenden Kapitalismus repräsentierend - nicht als Ausrottungsvorgang verstand. Es hat sich jedoch gezeigt, daß diese Art der abstrakten Judenfeindlichkeit unter bestimmten Umständen eben doch den Übergang zu einer konkreteren Politik ermöglicht hat.[24]
In ähnlicher Weise gibt es bereits deutliche Hinweise, die der späteren Deutschenvertreibung, ja Deutschenausrottung den Weg bereiten können: Legt man die Maßstäbe der Bewältigungslehre an, wonach bewältigt werden muß, damit sich ein schreckliches Ereignis nicht wiederholt, dann ist es um das Schicksal der Deutschen schlecht bestellt[25], da etwa die Vertreibung der Deutschen, die größte Völkervertreibung der bekannten Weltgeschichte mit wohl mehr Opfern als der Judenholokaust[26] überhaupt nicht bewältigt ist, so daß auf der Grundlage der Bewältigungsdogmatik nur geschlossen werden kann: An der Vertreibung von Deutschen ist nichts auszusetzen!
In der Tat brachte der Brandtsche Hofsänger Günter Grass das nicht nur literarisch bedeutsame Kunststück fertig, den Vorgang der Vertreibung als Akt der Befreiung darzustellen und unter Hinweis auf die wanderungslustigen Zigeuner in den Kontext einer positiven europäischen Entwicklung zu stellen. Die Vertreibung habe ihn, Grass nämlich freigemacht, d. h. befreit, für Bindungen anderer Art, um die Zigeuner als das zu kennzeichnen, was wir - die Deutschen - nicht sind, aber zu sein vorgeben: echte Europäer.[27] Ein bißchen "erzwungene Wanderschaft" kann also nicht schaden, und bekanntlich weiß der Volksmund wie lustig das Zigeunerleben ist.
Wenn schon nicht Vertreibung, dann ist bei Politikern der radikalen Mitte Europa das Konzept einer ideologischen Vernichtung des Deutschtums, wie dies im Bekenntnis eines noch relativ gemäßigten Europäers, welcher mittlerweile (unterstellen wir: nicht nur aus wahltaktischen Gründen) etwas zur Besinnung gelangt ist, wie folgt zum Ausdruck kommt: "Wir hofften, die damals geteilte deutsche Nation würde aufgehen in einer europäischen Nation und wir würden uns damit auch entlasten von den geschichtlichen Verantwortlichkeiten".[28] Dies zeigt, daß selbst sog. Konservative den Verfassungsauftrag der Restitution des demokratischen Nationalstaates, Wiedervereinigung genannt, zugunsten der verfassungspatriotischen Europaideologie längst abgeschrieben hatten und den Verfassungsauftrag allenfalls als taktisches Mittel gegen den Osten im Ost-Westkonflikt ins Spiel brachten.
Was von dieser Art von Europaideologie zu halten ist, hat ein Berater des derzeitigen französischen Präsidenten deutlich gemacht: "Die Idee, ein Europa zu konstruieren, damit Deutschland nicht existiert, finde ich pervers."[29] Eine Perversion meint im allgemeinen extremistische Formen der Sexualität und daher- übertragen - perversen politischen Extremismus!
Bei den radikaleren Verfassungspatrioten finden sich Anzeichen für eine Duldung der Deutschenausrottung. So wünscht sich ein populärer Showmaster die Option eines atomaren Holocaust über sein Volk herbei[30], und die politische Klasse reagiert mit "Stillsein und Geschehenlassen" (v. Weizsäcker), wenn ein polnischer Friedensnobelpreisträger davon spricht, Deutschland u. U. einfach von der Landkarte zu radieren, da der Osten und der Westen die notwendige Technologie besäßen, um den "Urteilsspruch" (!) durchzuführen[31]; dabei ist unter Hinweis auf die ,Technologie' mit der Ausradierung Deutschlands jawohl mehr als nur eine gemeinsame französisch-polnische Friedens- und Freundschaftsgrenze gemeint. Aus linksgrüner Seite, welche nunmehr, zumindest bei Geißler, auch zur verfassungspatriotischen Mitte zählt, ist zu vernehmen, daß bei der deutschen Frage nur ein "umgekehrter Rassismus" die angemessene (verfassungspatriotische) Einstellung sei, wobei man die Deutschen zudem gegenseitigen Abschießen freigibt.[32] Wenn schon nicht gegenseitige Ausrottung, dann sollen die Deutschen wenigstens aussterben: "Daß die Deutschen aussterben, so wie sie bisher waren, kann man eigentlich nicht bedauern".[33]
Verfassungspatrioten wissen natürlich, daß sie keine Mehrheit im Volk haben, was ihren Widerwillen gegen die Deutschen erklärt[34], wollen sich dieses nicht ohne weiteres deren Vorstellungen unterwerfen. Da wird deshalb auch von einer "öde massenhafter Teutonenhaufen" gesprochen und vom "unverwechselbar stiernackigen Boche". Vom "Land der Mörder" ist die Rede und natürlich vom "schuldig gewordenen Volk". "Die deutsche Mentalität ist ihrer Natur nach gefährlich" und "da sich der deutsche Nationalcharakter wohl doch nicht ändert", setzt Friede die deutsche Teilung voraus.
Es ist kennzeichnend für die bundesdeutsche verfassungspatriotische Verfassungsrealität, daß diese nun wirklich extremistischen Äußerungen und Bestrebungen in den sog. Verfassungsschutzberichten keinen Niederschlag finden, obwohl der hierbei zum Ausdruck kommende Haß gegen die Deutschen oder zumindest ihre Herabwürdigung zu einem bloßen Objekt europäischer Interessen nicht demokratisch = volksherrschaftlich sein kann, sondern sich als zentraler Angriff gegen ein Wesensprinzip der freiheitlich-demokratischen Grundordnung darstellt, nämlich das Volksherrschaftsprinzip, welches die Existenz eines zur politischen Herrschaft berechtigten Volks (und dessen Würde) logischerweise voraussetzt.
Mit dieser wohl nachvollziehbaren Bewertung der demokratie- und verfassungsfeindlichen Einstellung des Verfassungspatriotismus kontrastiert die Tatsache, daß sich die Verfassungspatrioten selbst als besonders "demokratisch" einstufen, wobei sie allerdings der Mehrheitsmeinung, welche in der Demokratie wohl maßgeblich sein sollte, in entscheidenden Fragen, wie dem Ausländerwahlrecht und der Masseneinbürgerung eine "undemokratische Einstellung" vorwerfen. Demokratie muß demnach eine Herrschaftsforrn sein, bei der nicht der empirisch feststellbare Mehrheitswille maßgebend ist, sondern wo an dessen Stelle der höhere Erkenntniswert einer Werteordnung tritt, von der die Verfassungspatrioten annehmen, sie sei in der Verfassung enthalten. Da diese Auffassung nicht von der Mehrheit geteilt wird - die Verfassungspatrioten würden sich vielleicht dann doch einfach Patrioten nennen - sehen sich die Verfassungspatrioten gezwungen, eine Strategie zu verfolgen, die gewährleistet, daß es auf den Volkswillen nicht mehr so sehr ankommt.
Die Verfassung muß zu diesem Zwecke in ein Mittel umfunktioniert werden, welches nicht mehr, wie im klassischen Rechtsstaat, die Bürger vor den Politikern, sondern Politiker, Menschheit und Europa vor den Deutschen schützt. Sofern Demokratie jedoch bedeutet, daß sich der freie Wille des Volkes politisch verwirklicht, läuft der sich demokratisch nennende Verfassungspatriotismus auf eine Freiheitsgefährdung hinaus, muß er doch zu verhindern suchen, daß der Wille des Volkes in demokratiekonformer Weise frei sich bilden und entfalten kann.
VERFASSUNGSSCHUTZPATRIOTISMUS
Im Jahr 1983 stellte eine Sinus-Studie fest, daß 13 % der Bundesdeutschen eine rechtsextremistische Einstellung hätten. Da in Deutschland das Verhältniswahlrecht als besonders demokratisch gilt, weil sich danach die Auffassungen des Volks in der entsprechenden Zahl von Parlamentssitzen proportional niederschlagen, würde dies bedeuten, daß es 13 % - wie auch immer definierte - rechtsextremistische Abgeordnete geben müßte, wäre es den Deutschen gestattet, ihren Willen frei zum Ausdruck bringen zu können.
Es bedarf keiner näheren Erläuterung, daß in der Bundesrepublik Deutschland natürlich nicht zugelassen werden darf, daß sich aus den Erkenntnissen der Demoskopen die entsprechenden Wahlresultate ableiten. Sofern dazu das Mittel der demokratischen, d. h. freien Auseinandersetzung gewählt werden würde, wäre dagegen nichts einzuwenden, da es nicht als demokratiewidrig angesehen werden kann, wenn durch Argumente und Überzeugungsarbeit extreme Auffassungen nicht zum Zuge kommen[35], weil sich mit diesen Auffassungen Sympathisierende überzeugen lassen. Bekanntlich wird jedoch in der Bundesrepublik der politische Prozeß zum Schutze etablierter Kräfte mittels an die demokratische Substanz gehender staatlicher Eingriffe gesteuert.
Die angewandten behördlichen Mittel haben zu einen bundesdeutschen Sonderweg geführt, den ein führendes Magazin aus dem freien Westen[36] wie folgt kennzeichnet: "Der Schutz der Verfassung ist nicht nur den Wählern überlassen, oder den Gerichten. Deutschland hat auch eine Bundesbehörde für den Schutz der Verfassung mit einer Truppe von Demokratieagenten (democracy agents), welche die Risiken für die Verfassung durch radikale Gruppen und politische Parteien abschätzen. In der Tat, falls die Bürger nicht (Drohungen der Verfassungsordnung) durch Wahlen abwenden, dann tun dies die Bundesagenten (federalagents),welche 4 500 zählen, für sie", wobei allerdings die Methoden dieser Demokratieagenten" wie Infiltration, Telephonüberwachung und der Einsatz demokratiefördernder Lichtmikrophone nur angedeutet wird.[37] Dieser bundesdeutsche Sonderweg wird als "The German way of democracy" betitelt. Der Verfassungspatriotismus als bundesdeutscher Sonderweg im Rahmen der westlichen Werteordnung[38] läßt sich deshalb in seinem Bestreben, den Wählerwillen mittels behördlichen Handelns zu steuern, als Verfassungsschutzpatriotismus kennzeichnen, da derzeit das Instrument des Verfassungsschutzes wesentliches Mittel des behördlichen Eingriffs in den Prozeß der freien politischen Meinungs- und Parteienbildung darstellt.
Dieser Verfassungsschutzpatriotismus leitet sich unmittelbar aus der durch den Akt der bedingungslosen Kapitulation - der verfassungspatriotischen "Befreiung" - ermöglichten Lizenzdemokratie ab. "Bedingungslose Kapitulation" bedeutete, daß sich die Besatzungsmächte nicht an die Grundsätze des Völkerrechts gebunden wissen wollten[39], was zur Folge hatte, daß sich die alliierten Besatzungsmächte auch über die demokratische Verfassung Deutschlands vom 11.August 1919 einfach hinwegsetzten.
Der Besatzungsabsolutismus ging so weit, daß von den Besatzungsbehörden unmittelbar alle möglichen Nazigesetze aufgehoben wurden, jedoch bezeichnenderweise das zentrale Gesetz der Hitlerischen Diktatur, nämlich das Ermächtigungsgesetz in der Liste der aufgehobenen Gesetze nicht vorkam.[40] Insofern beruhte die Besatzungsherrschaft weiterhin auf der Diktaturgewalt Hitlers, welche diesem deutsche Parteipolitiker[41] eingeräumt hatten, wenngleich die Besatzungsmächte sich dieser Diktaturgewalt für ihre Zielsetzungen bedienten.
So wie das Lizenzierungserfordernis bei der Ausgabe der Presse das Recht der Deutschen auf Presse- und Meinungsfreiheit nach Art. 118 WRV verletzte, so verstieß die Lizenzierung der Parteien gegen die Vereinigungsfreiheit des Art. 124 WRV, welcher ausdrücklich festlegte, daß das Recht der Vereinigungsfreiheit "nicht durch Vorbeugungsmaßnahmen beschränkt werden" dürfe. Als im Zuge des Ost-West-Konflikts die kolonialähnlichen westlichen Besatzungsregime mit gesteuerter demokratischer Selbstverwaltung in echte Demokratie, wenngleich weiterhin mit Besatzungskorsett umgewandelt werden dürften, wurde das Lizenzregime in das Parteienverbotsverfahren nach dem Grundgesetz transformiert. Obgleich sich derartige Verfahren eindeutig gegen "rechts" richten sollten[42], konnten die entsprechenden Vorschriften im Zuge des Antitotalitarismus des Ost-West-Konflikts in einer objektiveren Weise als den Erfindern sicherlich lieb war, ausgelegt werden, was ja schließlich sogar zum Verbot der KPD durch das Bundesverfassungsgericht führen sollte.
Wie die Verfahren wirklich gedacht waren, machte die westliche Werteordnung in West-Berlin deutlich, wo die Besatzungsmächte die mit der DDR-Diktaturverbundene und daher nachweislich verfassungswidrige SEW unbehindert agieren ließen, dafür aber die im Bundesgebiet nie verbotene NPD aus rein besatzungsideologischen Gründen per Kommandatura-Befehl nicht zur Wahl zuließen. Dabei zeigte sich, daß mit dem im Bundesgebiet unmittelbar geltenden Grundgesetz durchaus eine bedeutsame demokratische Emanzipation der Deutschen einherging, war es doch den Behörden hier nicht mehr möglich, in der Weise gegen die Wähler zu verfahren, wie dies von den Westalliierten in West-Berlin vorgemacht wurde.
Allerdings zeigten die Folgen, die mit dem KPD-Verbot einhergingen, daß die Eingriffe in den demokratischen Prozeß hierbei viel radikaler ausfielen, als etwa das SPD-Verbot unter der Bismarckschen Reichsverfassung. Es war zwar nach der Bismarckschen Verfassung möglich, vorübergehend einen politischen Verein zu verbieten[43], jedoch war dies nicht mit Eingriffen in die Abgeordnetenstellung verbunden und man hat es nicht gewagt, die Freiheit des Volkes im Wahlverfahren derart weitgehend einzuschränken, daß man dem Volk verboten hätte, Kandidaten des verbotenen Vereins in die Volksvertretungen zu wählen. Dagegen machte Art. 21 Abs. 2 GG mit seiner zeitlich unbegrenzten Verbotswirkung auch einen Eingriff in die Abgeordnetenstellung möglich und es wurde das Recht des deutschen Volkes beeinträchtigt, Abgeordnete seiner Wahl wählen zu können.[44] Offensichtlich hatte die unbewältigte Lizenzierungsdemokratie der unmittelbaren Besatzungszeit die Deutschen an derart weitgehende Freiheitsbeschränkungen gewöhnen lassen.
Wenngleich die einschlägigen Gesetzesvorschriften als ideologisches Instrumentarium einen bundesdeutschen Sonderweg beschreiben[45], kann man sie als gerade noch demokratiekonform kennzeichnen, weil es dem Bundesverfassungsgericht gelungen ist, im Kontext der rechtsstaatlichen Tradition Deutschlands diese Vorschriften in eine rechtlich einigermaßen klare Begrifflichkeit zu überfuhren, wobei der Begriff der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, deren Bekämpfung "Verfassungswidrigkeit" beschreibt, relativ eindeutig definiert wurde.[46]
Aufgrund dieser rechtsstaatlichen, insbesondere die politische Rechte schützenden Begrifflichkeit ist jedoch die Durchführung derartiger Verbotsverfahren äußerst erschwert, womit sie als Instrument der Ausschaltung politischer Opposition so gut wie ausscheiden. Das Bestreben eines militanten Verfassungspatriotismus muß daher sein, nach Umgehungstatbeständen zu suchen. Dies wurde erreicht, indem man den objektiv definierbaren verfassungsrechtlichen Begriff der "Verfassungswidrigkeit" durch den im Grundgesetz unauffindbaren gesinnungsorientierten Begriff der "Verfassungsfeindlichkeit"[47] weitgehend ersetzt hat.
Dieses Manöver hatte zunächst den Zweck, den Konsequenten des KPD-Verbotes im Hinblick auf die mit offiziöser Beratschlagung gegründeten DKP zu umgehen. Bei Anwendung des Legalitätsprinzips hätte man natürlich die DKP als Nachfolgeorganisation der verbotenen KPD verbieten und deren Anhänger strafrechtlich verfolgen müssen. Der Übergang zum sog. Opportunitätsprinzip[48], welcher mit der Begriffsauswechslung einherging, konnte demgegenüber als weniger freiheitsbeschränkend ausgegeben werden. Aber Opportunität heißt nun einmal auch Ermessensbefugnis in die andere, d.h. freiheitsbeschränkende Richtung. Insofern mußte sich die Opportunität opportunistisch gegen rechts richten, ging es doch konkret darum, im westlichen Bundesgebiet die andersgeartete Wertung der westlichen Werteordnung in West-Berlin: SEW-Legalität bei NPD-Wahlverbot im Unterschied zum KPD-Verbot bei NPD-Legalität, zumindest in der Praxis gehorsam nachzuvollziehen. Schließlich wollten sich die westdeutschen Politiker nicht vorwerfen lassen, gegen die Westbindung als oberster wenn gleich nirgendwo verfassungsrechtlich verankerter Staatsmaxime zu verstoßen.
Während das Opportunitätsprinzip zunehmend zugunsten von linksextrem angewandt wird, wird dieses seit der Wiedervereinigung, welche die bisher größte Niederlage des Verfassungspatriotismus markiert, in zunehmend radikalerer Weise mit dem Beigeschmack eines wahren Rachebedürfnisses gegen rechts (nicht nur rechtsextrem/radikal) eingesetzt.
Dabei läßt sich mittlerweile eine fast vollständige Emanzipation der zuständigen Behörden von den gesetzlichen Tatbeständen feststellen. Die Verfassungsschutzämter operieren bekanntlich mit dem (verfassungs-)rechtlich irrelevanten Begriff des Extremismus, nachdem man jahrelang mit dem ebenfalls gesetzlich nicht geregelten Radikalismus umgegangen ist. Diesen Begriff hat man zwischenzeitlich aufgrund einer höheren Behördenerkenntnis in eigener Machtvollkommenheit etwas aus der Schußlinie genommen.
Würden die Strafgerichte so funktionieren wie die Verfassungsschutzämter, dann hätte es zum Beispiel keinen Parteispendenskandal gegeben, da in diesem nur Politiker sogenannter "demokratischer Parteien" involviert waren. Von Politikern dieser Parteien mögen noch so verfassungsfeindliche Ansichten geäußert und Vorschläge gemacht werden, jedoch werden deren Vorstellungen zur Abschaffung des deutschen Nationalstaates, zur Befürwortung des Europakollektivismus, zur Unterminierung der Unantastbarkeit des Menschenlebens, zur Aberkennung des Polizeischutzes zugunsten rechter Opposition und Vorfälle des Eingriffs in die richterliche Unabhängigkeit, etwa durch wüsteste Richterbeschimpfung nicht in sog. Verfassungsschutzberichte aufgenommen.
Dagegen werden in Bezug aufsog. rechtsextreme Parteien sämtliche rechtsstaatlichen Sicherungen beseitigt; die Anwendung der aufgrund des Gesetzmäßigkeitsprinzips gebotenen juristischen Subsumtionstechnik bleibt dem relativen Zufall überlassen[49] und rechtliche Bewertung wird zugunsten besatzungsideologischer Maßstäbe und durch Maßstäbe parteipolitischer Ideologiepolitik ersetzt. Ausgangspunkt der Logik der Verfassungsschutzämter ist die von den Besatzungsbehörden eingeleitete und dann von der DDR-Diktatur rezipierte Unterscheidung[50] zwischen "demokratischen", d.h. zur Volksherrschaft berufenen, und nicht demokratischen, d. h. von der Volksherrschaft ausgeschlossenen Parteien. Erstere sind ideologisch makellos, nichtdemokratische Parteien sind verdächtig und es gilt, sie der irgendwo getroffenen Vorentscheidung gemäß vorurteilsbehaftet zu überführen.
Klassisches Beispiel ist die Bemerkung des bayerischen Verfassungsschutzes über die Deutsche Nationalzeitung, die es mit "ausgeklügelten Formulierungen" erschwere, "selbst bei sorgfältiger Analyse, den Nachweis eindeutiger Merkmale des Rechtsextremismus" zu erbringen[51], was man dann als besonders gefährlichen Rechtsextremismus ansehen muß. Mit dieser rechtsstaatswidrigen Verdachtsstrategie kann jedem eine verfassungsfeindliche Einstellung unterstellt werden. Während demokratischen Parteien natürlich nicht vorgeworfen wird, mit ihrer Politik der Vergemeinschaftung der Währungen einem europäischen Kollektivismus zu frönen, wird Gruppen, die für den demokratischen Nationalstaat eintreten, völkischer Kollektivismus (= demokratischer Gemeinsinn) vorgeworfen, was aus unerfindlichen Gründen verfassungsfeindlich sein soll.
Offensichtlich soll hier versucht werden, eine nicht verfassungspatriotische Grundgesetzinterpretation mit dem odium der Verfassungsfeindlichkeit zu versehen. Verfassungsfeindlich soll natürlich der sog. "Revisionismus" sein, mit dem offensichtlich das Prinzip der Gewaltenteilung verletzt wird, denn wo käme man hin, wenn man die Geschichtsschreibung den Historikern überließe und der Strafjustiz ein Betätigungsfeld nähme.
Neuerdings scheint es verfassungsfeindlich zu sein, daß jemand für das Deutsche Reich eintritt[52], wenngleich sich die Bundesrepublik Deutschland nach offizieller Staatsdoktrin immer als rechtlich identisch mit dem Deutschen Reich angesehen hat. Der derzeitige Bundespräsident Herzog kommt dabei in den Geruch der Verfassungsfeindlichkeit, hatte er doch öffentlich die "Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919" über alle Maßen positiv gewürdigt.[53] Im Verdacht der Verfassungsfeindlichkeit steht Herzog auch deshalb, da sich jemand in einer Zeitung, deren Leserkreise verfassungsschützerisch infiltriert werden, dessen Auffassung zu eigen gemacht hat, wonach es wirkliche Gewaltenteilung nur bei einem Präsidialregime wie beim Vorbild USA und beim französischen Erbfreund gäbe. Aber Herzog ist ja auch in einer "demokratischen Partei",während es natürlich verfassungsfeindlich ist, wenn jemand von den Nichtdemokraten (fast) identische Auffassungen äußerst.
Aus der Reihe des behördlichen Tieffliegertums ragt eine Aussage des niedersächsischen Verfassungsschutzes empor[54], wonach die gefährliche Neue Rechte Gegenaufklärung betreibe,"die die Machtstrukturen und die geistig-politischen Herrschaftsverhältnisse brechen wolle". Man wußte noch gar nicht, daß eine Demokratie-Volksherrschaft aus "geistigpolitischen Herrschaftsverhältnissen" besteht, deren "Brechung" daher als demokratieschädigend angesehen werden muß. Nichts macht deutlicher als diese Aussage, daß die Verfassungsschützer mitnichten die freiheitlich-demokratische Grundordnung "schützen", sondern vielmehr ihre arkane verfassungspatriotische Herrschaftsdoktrin, welche ihnen auch noch als "Aufklärung" (ein verfassungsrechtliches Schutzgut?) erscheint.
In diese Richtung geht auch die "Feststellung" des NRW Verfassungsschutzes, der die Verfassungsfeindlichkeit von Zeitungsmeinungen in der Auffassung ausmachte, es hätte in Deutschland nie einen "Faschismus" gegeben.[55]Wenn die Darstellung historischer Tatsachen, wie etwa die Tatsache, daß es in Deutschland einen Nationalsozialismus (Natizsozismus) gegeben habe, als verfassungsfeindlich angesehen wird, dann wird nicht die freiheitlich-demokratische Grundordnung geschützt, sondern eine antifaschistische Staatsdoktrin, wie sie in der dem Grundgesetz formal durchaus ähnlichen DDR-Verfassung von 1949 (DDRV 49) verankert war. Diese antifaschistische Herrschaftsdoktrin, die im Grundgesetz gerade nicht verankert ist, muß sich natürlich durch die Tatsache des Nationalsozialismus zutiefst getroffen sehen,wird doch hierbei deutlich, daß das Bewältigungsbedürftige am Nazisozismus, weniger im Nationalismus bestehen, sondern im Sozialismus liegen könnte.[56] Dem antifaschistischen Verfassungspatriotismus wäre dann natürlich eine hier wohl gebotene revisionistische Auffassung lieber, welche die Existenz des Nazisozismus bestreitet.
So gelöst von historischen Fakten und der etwas qualvollen juristischen Subsumtionsmethodik kann der Verfassungsschutzpatriotismus sich für das politische "Klima" zuständig halten! [57] Der protatotalitäre Charakter dieser Klimapolitik wurde vom Bundesverfassungsgericht allerdings nicht als solcher erkannt, weil eine entsprechend inkriminierte Partei ja die Möglichkeit hätte, sich gegen regierungsamtliche Bewertungen zu wehren.[58]
Dieser Ansatz des Verfassungsgerichts steht im diametralen Widerspruch zu der Entscheidung dieses Gerichts zur Öffentlichkeitsarbeit der Regierung zu Wahlkampfzeiten[59], wo man es als unfairen Wettbewerbsvorteil ansah, wenn sich die Regierungspartei bei der staatlichen Selbstdarstellung nicht zurückhalten würde. Die Grundsätze dieser Entscheidung müßten erst recht bei der Öffentlichkeitsarbeit der Verfassungsschutzämter gelten, welche etablierten Parteien nicht nur einen regierungsamtlichen Wettbewerbsvorteil gewähren, sondern unmittelbar der Ausschaltung einer Oppositionspartei mittels amtlicher Verrufserklärung dienen können. Oder soll man die Differenzierung darin erkennen, daß es bei der Öffentlichkeitsarbeit um faire Chancen von demokratischen Parteien geht, während Verfassungsschutz nur die nichtdemokratischen Parteien schaden kann? In der Rechtsprechung wird dies nunmehr sogar offen verkündet, indem davon ausgegangen wird, daß eine beobachtungsbedürftige Partei die mit der Beobachtung und Verrufserklärung verbundenen faktischen Nachteile bei der Gewinnung von Mitgliedern, Anhängern und Wählern hinzunehmen habe.[60]
Die Staatsfreiheit des Prozesses der politischen Meinungsbildung zugunsten demokratischer Parteien (vgl. DDRV49, Art. 13 und 53) wird hierbei durch die staatliche Steuerung des politischen Prozesses ersetzt. Es sei jedoch darauf hingewiesen, daß das Grundgesetz nicht zwischen demokratischen und anderen Parteien unterscheidet, sondern zwischen verfassungswidrigen und anderen, wobei der Begriff des Extremismus/Radikalismus rechtlich irrelevant ist. Der Begriff der "Verfassungsfeindlichkeit" ist nur bei der Oberflächlichkeit oder mystischen Tiefgründigkeit verfassungspatriotischer Lektüre zu finden.
VERFASSUNGSPATRIOTISCHE HERRSCHAFTSSTRUKTUREN
Außerdem entspricht die Annahme des Verfassungsgerichts, daß die "sog. Verfassungsschutzberichte" lediglich so etwas wie eine amtliche Meinungsäußerung darstellten, aber damit keine staatliche Sanktion verbunden wäre und somit der Rechtsstaat etwas vernachläßigt werden könne, schon längst nicht mehr der Verfassungsrealität. Entsprechende amtliche Bewertungen, welche nur noch zufällig etwas mit einer juristischen Subsumtion zu tun haben, sind Ansatzpunkt der Einschüchterung öffentlicher Bediensteter, was in (Drohungen mit) Disziplinarverfahren übergehen kann und damit sachkundiges Personal von der Bildung parteipolitischer Opposition abhält.[61] In Hessen, einst hervorgegangen aus einer Verfassungskoalition aus KPDSPDCDU (gegen die Liberalen), werden zu diesem Zwecke schwarze Listen über Beamte eingerichtet.[62 ]
Beamtenrechtlich wird mit der verfassungsschützerischen Erkenntnis die Begründungslast für Verfassungstreue umgedreht. Damit der in einer inkriminierten Partei tätige Beamte und sonstige öffentliche Bedienstete den Anfangsverdacht der Verfassungsfeindlichkeit widerlegen kann, muß er - laut Zeitungsmeldungen (ob dies nach Beamtenrecht richtig ist, sei dahingestellt, weil es bei Einschüchterung weniger auf die wirklich Rechtslage als auf die Ansicht von der Rechtslage ankommt) - unter Umständen nachweisen, daß er "Opposition" in der Opposition betreibt.[63]
Dies läuft im Ergebnis auf eine erhebliche behördliche Einflußnahme in das innerparteiliche Geschehen und auf eine behördliche Beeinträchtigung der verfassungsrechtlich geforderten innerparteilichen Demokratie hinaus. Denn Opposition zeigt sich dann etwa darin, daß rechtzeitig vor einer Wahl eine Presseerklärung der "Opposition" gemacht wird, bei der man sich vor extremistischen Tendenzen der Mehrheit distanziert und - im Ergebnis - zur Wahl der Regierungspartei aufruft. Furchtsame Bedienstete können dann unter dem Druck eines (angeblich) drohenden Disziplinarverfahrens zur Mitarbeit im Demokratiedienst (Verfassungsschutz) genötigt und zu entsprechenden Aktionen veranlaßt werden. Hat sich ein derartiger Mechanismus erst eingespielt (unterstellen wir, daß es trotz entsprechender Zeitungsmeldungen, die diesen Schuß nahelegen, noch nicht so ist), dann sind die Hemmungen gesenkt, von vornherein eine Oppositionspartei vom Demokratiedienst übernehmen zu lassen, was der Regierung die Kontrolle der Opposition auch dann erlaubt, sollte es der Partei tatsächlich gelingen, Abgeordnete zu stellen. Damit würde man sich an das in der Tat von westdeutschen Verfassungspatrioten bewunderte spätsowjetische Herrschaftskonzept der Perestroika annähern, welches politisch nichts anderes darstellt als eine vom internen Geheimdienst initiierte und gesteuerte Schein-Demokratisierung.
Mittlerweile sind die äußerst (extrem) fragwürdigen Bewertungen der Demokratiebehörden Grundlage für bewußt rechtswidrige Entscheidungen etwa im Hinblick auf das Demonstrationsrecht[64] und der gleichheitswidrigen Verweigerung gemeindlicher Einrichtungen[65] für Durchführungen politischer Veranstaltungen rechter Opposition (die Linke, die Sympathie der Mitte erfreuend, hatte damit noch kaum Schwierigkeiten) mittels ideologischer Interpretation etwa der polizeilichen Generalklauseln im antifaschistischen Staatsverständnis. Sogar vor Vorbeugungsfestnahme schreckt man nicht mehr zurück.[66]
Eine besonders verfassungspatriotische Landesregierung verweigert einer rechten Oppositionspartei sogar die gesetzlich vorgeschriebene Genehmigung einer Parteistiftung[67], weil diese das im antifaschistischen Staatsverständnis interpretierte Gemeinwohl gefährden würde - man beachte die plötzliche Bedeutung dieses kollektivistischen Gesetzesbegriffs!
In bestimmten Bereichen, die mit Rechtsextremismus in den Zusammenhang gestellt werden, ist bereits die rechtsstaatliche Durchführung von Strafverfahren nicht mehr gewährleistet[68], womit der Bereich der politischen Verfolgung, definiert nach den Grundsätzen deutscher Asylrechtsgewährung, zu beginnen droht. Ein Pakistani, dem wegen der heimischen Blasphemie- oder Apostasiegesetzgebung Freiheitsstrafe droht, kann sich nämlich für das deutsche Asylrecht qualifizieren, so daß der Fall der Verurteilung nach vergleichbarem deutschen Recht (§ 130 Abs. 3 StGB) ähnlich zu würdigen ist.
Vor allem aber gibt es öffentliche Vorverurteilungen wie durch den Bundespräsidenten, dessen - von besonderen Kenntnissen begründete? - Zurechnung auf ein "rechtsextremistisch erzeugtes Klima" wohl mit dazu beigetragen hat[69], daß die Ermittlungen beim Brandanschlag in Solingen möglicherweise in die falsche Richtung gegangen sind, was Täter und Tatmotiv anbelangt. Stellt man sich die Frage des cui bono hätte es doch viel nähergelegen, Ermittlungen in eine andere Richtung vorzunehmen - und wie sich herausstellen sollte, scheint zum "Umfeld" (Weizsäcker) ein Verfassungsschützer im Solde des Verfassungspatrioten Schnoor zu gehören, welchem (aufgrund welcher vorrangiger öffentlichen Interessen?) keine volle Aussagegenehmigung erteilt wurde.
In anderen Strafverfahren werden Richter eingeschüchtert und die Gerichtsharkeit unter erheblichen politisch-publizistischen Druck gesetzt, zum einen zum Zwecke der Verurteilung und Strafverschärfung bei rechten Tätem, insbesondere bei nur ideologischen Delikten, die es im freien Westen kaum gibt, zum anderen zum Zwecke der Straflosigkeit und Strafmilderung für linke (autonome) Terroristen, die Straftaten begehen, die seit Jahrtausenden bestehen, wie Mord und Körperverletzung. Bemerkenswert ist das Bekenntnis der Vorsitzenden Richterin im Kaindl-Prozeß: "Eine Welle der Entrüstung würde über uns hereinbrechen, wenn wir im umgekehrten Fall dieses Urteil (gemeint: Körperverletzung statt Mord: immerhin noch nicht Sachbeschädigung) gegen Rechts gefällt hätten".[70] Wo Rechtsgleichheit, vor allem im Bereich des Strafrechts als dem schärfsten - legalen - Zwangsmittel des Staates nicht mehr gegeben ist, liegt ein Willkürregime vor!
Zum linksstaatlichen Klima der Diskriminierung der politischen Rechten, deren Auffassungen - was strafverschärfend sogar eingeräumt wird - jedoch mit der Mehrheitsmeinung in entscheidenden Punkten, die den etablierten Verfassungspatrioten nicht passen, übereinstimmen, ist die Sympathie der verfassungspatriotischen ehemaligen Lizenzpresse von entscheidender Bedeutung. Solange sich Verfassungsschutzmaßnahmen unter dem Antitotalitarismus hauptsächlich gegen links gerichtet haben, fanden sich eine Vielzahl an kritischen Berichten, ja hämischen Kommentaren, selbst dort, wo die Verfassungsschutzämter - wie im Bereich der Terrorismusbekämpfung - wirklich gute Arbeit geleistet hatten. Seit es aber mit der Verabschiedung des Antitotalitarismus ideologisch[71]nur mehr gegen rechts geht, werden die absurdesten Behördenbewertungen der Verfassungsschutzämter von der etablierten ehemaligen Lizenzpresse wie Offenbarungen eines Evangeliums gehandelt. Ginge es dabei nur um die subjektive Bewertung einer freien Presse, so müßte man diese Einseitigkeit im freiheitlichen Verständnis hinnehmen, da zwischenzeitlich ja der Lizenzzwang aufgehoben und es deshalb möglich ist, Gegenpositionen zu veröffentlichen. Allerdings ist es nicht auszuschließen, daß die Schwierigkeiten, denen sich in ökonomischer Hinsicht oppositionelle Rechtspresse ausgesetzt sieht, damit zusammenhängen, daß in Deutschland öffentliche Ausschreibungsverfahren im großen Ausmaß noch immer nicht sachgerecht durchgeführt werden[72] und somit die erhebliche Nachfrage macht des Sozialstaates als politisches Druckmittel eingesetzt werden könnte, falls die privaten Anbieter auf den Gedanken kommen sollten, rechte Oppositionspresse etwa durch Werbung zu finanzieren.
Von besonderer Bedeutung ist dabei die erhebliche Parteipolitisierung der Privatwirtschaft, zum einen über den immer noch sehr bedeutsamen Anteil des Staates, insbesondere der Kommunen, an der gewerblichen Wirtschaft, der dazu führt, daß in den Leitungsgremien der Unternehmen nicht zur politischen Neutralität verpflichtete Beamte entsandt sind, sondern entweder sog. politische Beamte oder gar - in völliger Überspielung des Gewaltenteilungsprinzips - Abgeordnete. Zum anderen wird die Parteipolitisierung der Wirtschaft erreicht durch die gewerkschaftliche Mitbestimmung, die zu großen Koalitionen der Linksparteien (CDU, SPD, DKP, PDS) in Unternehmen führt.
Die von organisierten Betriebsmitarbeitern etwa der Deutschen Lufthansa erhobene Forderung nach Ausscheiden des bayerischen Ministerpräsidenten Streibl aus dem Aufsichtsrat wegen seiner privaten Gespräche mit dem Vorsitzenden einer rechten Oppositionspartei, macht deutlich, welche weitreichende Folgen die Parteipolitisierung der Privatwirtschaft hat. Diese gehen über die mit Art. 18 GG verbundene politische Ausschaltung von Verfassungsgegnern weit hinaus und zielen auf eine berufliche Entbürgerlichung, etwa wenn deutschen Arbeitern unter dem Vorwand des Betriebsfriedens wegen Kandidatur oder Wahlwerbung für eine rechte Oppositionspartei das Arbeitsverhältnis gekündigt wird.
Umgekehrt führt die Parteipolitisierung der Wirtschaft, insbesondere durch die schleichende Sozialisierung mittels gewerkschaftlicher Mitbestimmung zu einer Feudalisierung
der Parteipolitik, wobei eine inner- und zwischenparteiliche Interessenverflechtung konkurrierender Parteien des demokratischen Lagers (d. h. Kommunisten eingeschlossen) stattfindet[73], welche blockparteiliche Tendenzen im Wege der Ausgrenzung von rechts ökonomisch abstützt. Die Finanzierung rechter Opposition durch die (sog.) Privatwirtschaft wird dadurch nahezu unmöglich gemacht.
Verstärkt tritt diese Problematik der Ausgrenzung im Bereich der Medien zum Vorschein, zumindest außerhalb des gesetzlich garantierten Tendenzschutzes, insbesondere bei den entscheidenden Leitmedien, nämlich beim Rundfunksystems, weil sich die Situation gegenüber der besatzungsdiktatorischen Lizenzzeit nur insofern verändert hat als an die Stelle der Besatzungsbehörden die Parteien und von diesen gesteuerten Interessengruppen getreten sind. Damit ist immer noch gewährleistet, daß sich in eher totalitär-demokratischer Weise die Meinungsbildung von oben nach unten vollzieht: in aller Unabhängigkeit vom Konsumenten.
Verfassungsrechtlich wurde dieser an sich unhaltbare Zustand dadurch abgesichert, daß das Bundesverfassungsgericht in Bezug auf das sog. öffentlich-rechtliche Rundfunksystem eine Ausnahme vom Grundsatz zuließ, daß sich Staatsorgane, d. h. öffentlich-rechtliche Einrichtungen nicht auf Grundrechte berufen können.[74] Eine rechtsstaatliche Herrschaftsorganisation funktioniert ja nach der Arbeitsteilung, wonach dem Bürger erlaubt ist, was nicht verboten ist, während Staatsorganen verboten ist, was ihnen nicht ausdrücklich erlaubt ist. Denn könnten sich Staatsorgane auf Grundrechte berufen, würde damit die zum Zwecke der Freiheitsgewährung errichtete staatliche Kompetenzordnung gesprengt werden.
Während in den ersten Fernsehurteilen diese Ausnahme von der rechtsstaatlichen Herrschaftsordnung im Bereich des Rundfunkwesens noch mit der technischen Knappheit begründet werden konnte, trat in den späteren Entscheidungen der machtpolitische Aspekt des Rundfunksystems unter dem Vorwand der Grundversorgung offen zum Vorschein[75]: Es geht um die öffentliche Meinungsbewirtschaftung durch die etablierten Parteien, welche sich des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems bemächtigt haben; diesen Parteien wird ein permanenter Wahlkampf mittels des von ihnen kontrollierten Personals gestattet.[76] So wird erklärlich, warum das Rundfunkwesen eindeutige Züge der DDR-Parteienfernsehens aufweist. Erinnert sei an die Volksanklagen, mit denen den Deutschen klargemacht werden sollte, daß sie eigentlich Ausländer (mit ungesichertem Aufenthaltsrecht?) seien.
Das Ausmaß der gegenüber der Mehrheitsmeinung ins Linksextreme abweichende Meinungsbild des verfassungspatriotischen Parteienfernsehens der Bundesrepublik war eigentlich nur noch vom DDR-Staatsparteifernsehen zu übertreffen. Z. B. hat kein einziger Fernsehkommentator, Moderator etc. im Falle der Befreiung eine abweichende Auffassung vertreten, obwohl diese in der Bevölkerung durchaus vorhanden war und sich ungeheuer multipliziert hätte, hätte auch nur ein Fernsehgewaltiger eine unabhängige, selbstständige Meinung in dieser Frage vertreten dürfen.
Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunksystem handelt es sich um eine extrem bedenkliche Einrichtung, weil durch eine sachlich nicht mehr zu rechtfertigende öffentlich-rechtliche Ordnung Macht zur Meinungssteuerung ausgeübt wird, ohne daß hier - wie etwa beim Regierungsfunk oder echten Privatfernsehen - jemand verantwortlich wäre. Verantwortlichkeit wird dann unter Hinweis auf "Meinungsfreiheit" zurückgewiesen, obwohl es bei einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung keine Freiheit geben kann, sondern nur ein zu begründendes und zu rechtfertigendes Privileg.[77]
Um die Herrschaftsausübung mittels des Meinungsprivilegs öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten möglichst effektiv zu machen, wurde in der Rechtsprechung der verfassungsrechtliche Ehrenschutz zugunsten der (sog.) Meinungsfreiheit immer mehr zurückgedrängt[78], damit der Hinrichtungsjournalismus auch richtig funktioniert. Unter dem Gesichtspunkt der politischen Machterhaltung durch den Verfassungspatriotismus ist der Abbau des Ehrenschutzes allerdings insofern bedenklich, als sich bei Beibehaltung der rechtsstaatlichen Gleichheit auch die politische Rechte auf diese Situation einstellen kann und entsprechend zurückschlagen könnte.
Will man das Prinzip der rechtsstaatlichen Gleichheit nicht offen bekämpfen, gilt es nach allgemeinen Formeln zu suchen, welche nunmehr im sog. Menschenwürdeschutz als Ehrenersatzschutz gefunden wurde, wobei sich dann die Situation wie folgt darstellt: ein Rechter darf sich gegenüber der öffentlich-rechtlichen Verrufserklärung nur auf den Ehrenschutz stützen, der ihm immer weniger einbringt; gegen die politischen Anliegen von Rechten wird jedoch ein ins Groteske, eben extremistisch ausgedehnter Menschenwürdeschutz ins Spiel gebracht. Wenn sich ein Rechter für den Nationalstaat einsetzt und sich dabei zu Fragen des Asylmißbrauchs oder sich kritisch zu der vom Verfassungspatriotismus betriebenen Politik der vollendeten Tatsachen der Masseneinwanderung äußert, dann "hetzt" er, während ein Linker und Verfassungspatriot, der antideutsche Vertreibungsmaßnahmen unter Hinweis auf (angebliche) Ursache und Folgen verharmlost, sich "kritisch", d. h. demokratiekonform äußert.
Diese Diskriminierung mit dem Spiel "Ehre gegen Menschenwürde" geht dann so weit, daß in Verfassungsschutzberichten, in Vereinsverboten und zunehmend sogar in Strafverfahren von einer Kritik an "demokratischen Politikern (vgl.Art. 6 DDRV49) und demokratischen Parteien auf eine demokratie- und damit verfassungsfeindliche Einstellung geschlossen wird. Beispielhaft sei nur die Begründung in der Verbotsentscheidung des Bundesinnnenministeriums (zugleich: Verfassungsministeriums) gegen die "Deutsche Alternative" angeführt[79], wo die verfassungsfeindliche Einstellung u. a. damit begründet wurde, daß "demokratische Parteien diffamiert" würden, was mit dem Vorwurf belegt wurde, daß diese sich schämten, Deutsche zu sein und sich deshalb für Multikulturelle Interessen einsetzten und die Ostgebiete verschachern würden. Es stellt eine äußerst (extrem) hinterhältige Herrschaftsmethode dar, diese für die Verbotsentscheidung irrelevante Aussagen bei Gruppen zu bringen, bei denen das Verbot im Ergebnis rechtsstaatlich durchaus begründet werden kann, weil dann keiner den Mut hat - Zivilcourage ist ja auch keine deutsche Tugend - dieser mißbräuchlichen Begründung entgegenzutreten, da er sonst mit den Zielen der verbotenen Gruppe in Zusammenhang gebracht zu werden droht. Damit bleibt die Verfassungsfeindlichkeitserklärung einer legitimen, zumindest im demokratischen Dialog hinzunehmenden Kritik an etablierten Kräften und der diesbezügliche regierungsbehördliche Mißbrauch einer Verbotsbegründung ungerügt.
Ist diese Verfassungsfeindlichkeitserklärung von Kritik auf diese illegitime Weise erst einmal eingeführt, verselbständigt sie sich, und es wird jemand zum Verfassungsfeind, weil er in Übereinstimmung mit Politikern wie Kurt Schumacher und (einst) Herbert Wehner - den demokratischen Politikern die Abschreibung der Ostgebiete vorwirft; die Forderung nach einer Geltungsersteckung des Grundgesetzes etwa nach Ostpreußen ist dann kennzeichnend für eine verfassungsfeindliche Einstellung. Nach den Grundsätzen dieser Verbotsentscheidung ist im übrigen auch das Eintreten für das bestehende Arbeitserlaubnisrecht, welches in Übereinstimmung mit der verfassungsrechtlichen Beschränkung des Rechts der Berufsfreiheit auf Deutsche in Art. 12 GG, ausländische Beschäftigung nur zuläßt, wenn nicht genügend Deutsche als Arbeitnehmer zur Verfügung stehen, mit dem odium der Verfassungsfeindlichkeit behaftet, da der verbotenen Gruppe die Parole "Deutsche Arbeitsplätze für deutsche Arbeiter" zum verbotsbegründenden Vorwurf gemacht wird.
Soll dies verfassungsfeindlich sein, dann ist in Zukunft das Eintreten gegen die Masseneinwanderung - hauptsächlich durch Arbeitsplatzsuche und Sozialstaatsversorgung und nicht durch Deutschenliebe motiviert - verfassungsfeindlich. Nur so wird auch verständlich, warum es als diffamierend angesehen wird, demokratischen Parteien vorzuwerfen, sie wollten multikulturelle Interessen fördern.
Haben sich die so eingeführten Verfassungsfeindlichkeitserklärungen von politischen Ansichten und politischer Kritik von ihrem zweifelhaften Ausgangspunkt erst abstrahiert, wozu das Instrument des Verfassungsschutzberichtes äußerst geeignet ist, kann man dazu übergehen, das normale demokratische Engagement rechter Opposition zu dämonisieren.
Während die Linke und verfassungspatriotische Mitte "kritisiert", "agitieren" rechte Autoren gegen gewählte Politiker[80], (wobei nicht klar ist, ob man nur gegen nicht gewählte agitieren darf). Rechtsextreme "diffamieren", indem sie demokratische Parteien als Demokröten bezeichnen[81], während die verbale Hinschlachtung der parlamentarischen Opposition als Verbrecher, Lümmel, Flegel durch einen demokratischen Fraktionschef[82] Zeichen demokratischer Kultur darstellt.
Fordert die verfassungspatriotische Seite plebiszitäre Elemente, dann wird ihr dies als demokratiefördernd gutgeschrieben, wird jedoch diese Forderung von der Rechtsopposition erhoben, dann ist dies Zeichen einer antiparlamentarischen Einstellung[83] oder gar verschleierter Nazismus, da es unter diesem Herrschaftssystem sog. Volksabstimmungen gegeben hat. Bei derartigen verfassungsschutzpatriotischen Unterstellungen bzw. Differenzierung erscheinen dann politische Ideen als - durchaus polizeirechtlich zu bekämpfende - Gefahr, die größer sei als die, welche von als rechtsextrem klassifizierten Bombenlegern ausginge.[84] Der neuen Rechten kann dann ernsthaft als verfassungsfeindlich vorgeworfen werden, in "das Bewußtsein der intelligenten (sic! gemeint: intellektuellen?) Bevölkerung eindringen" zu wollen[85], wobei sich die Frage stellt, ob gerade die intelligente Bevölkerung von einer Ideologiebehörde geschützt werden muß.
Da man aber in einem Rechtsstaat, welcher auch nach Ansicht von Verfassungspatrioten die BRD noch bleiben soll, nicht sicher sein kann, ob die Verteilung: (mangelhafter) Ehrenschutz für rechts-(umfassender) Menschenwürdeschutz zugunsten linker und verfassungspatriotischer Anliegen der Mitte, immer aufgehen wird, werden mittlerweile eindeutig gesinnungsdiskriminierende Strafvorschriften geschaffen, die sich trotz des Bemühens um Tatbestandsmäßigkeit nur gegen rechts richten können und natürlich auch sollen.
So ist darauf hinzuweisen, daß es natürlich nicht verboten ist, die internationalistische Flagge des sowjetischen Verbrecherregimes oder die verfassungspatriotische Spalterflagge des freiheitsberaubenden Mauerbauerregimes zu hissen, während bereits das Aufziehen der Reichskriegsflagge zwar noch nicht strabrechtlich, aber bereits polizeirechtlich verboten ist.[86] Verfassungsfeindliche Handbewegungen etwa das Strecken der rechten Hand und das verfassungsfeindliche Fingerspreitzen scheinen einen wesentlichen Teil dessen auszumachen, was unterrechtsextremistischen Straftaten läuft[87] - Straftaten, die die erklärte Linke gar nicht begehen kann, selbst wenn sie sich mittels Mao-Poster mit dem nationalsozialistischen Umerziehungsstaat Mao-Chinas identifiziert. Daneben zählen zu rechtsextremistischen Straftaten Meinungsvergehen, für die ein ganz neuer, dem Strafrecht nicht bekannter Tätertypus erfunden wurde, nämlich der des geistigen Brandstifters.[88]
Im Zeitalter der Entkriminalisierung ist das hohe Strafmaß für derartige Gedankenverbrechen bemerkenswert. Daneben werden aus Gründen der verfassungspatriotischen Opportunität Straftaten normaler Kriminalität ideologisiert und zur Strafverschärfung benutzt, was insbesondere auf eine Diskriminierung deutscher Jugendlicher hinausläuft, da diesen bei Straftaten gegen ausländische Jugendbanden einfach eine rechtsextremistische Einstellung unterstellt wird[89], während bei ausländischen Jugendlichen, die gegen Deutsche kriminell vorgehen, eine entsprechende Motivation nicht angenommen wird. Zum Zwecke der Strafverschärfung bei Deutschen und im Interesse der Verfassungsschutzbehörden, ihre Daseinsberechtigung durch den Nachweis des Rechtsradikalismus darzulegen, feiert dabei die kriegspropagandistische Gleichsetzung: Deutscher=Nazi fröhliche Urstände, wobei natürlich der Ruf, "Nazis raus" als Synonym für "Deutsche raus" strafrechtlich irrelevant ist (eher droht Bundesverdienstkreuz), während der Ruf "Ausländer raus" nahe an "Bildung einer kriminellen Vereinigung" herankommt.
Die im Ergebnis diskriminierende strafrechtliche Sanktionierung verfassungsfeindlicher Zeichensprache hat weitreichende Auswirkungen auf die Demonstrationsfreiheit, welche dann behördlich mit der Erwägung beeinträchtigt werden kann, es sei nicht auszuschließen, daß der rechte Arm gehoben wird. Da man dies in der Tat nicht ausschließen kann -falls es nicht von der Skandalpresse finanzierte Jugendliche machen, dann vielleicht agents provocateurs - ist durch die strafrechtliche Zeichengesetzgebung die Ausübung des Demonstrations- und Versammlungsrechts durch Rechtsparteien gefährdet, während etwa SPD-Organisationen für zivilcouragierte Gegendemonstrationen kein Verbot zu befürchten haben, auch wenn von ideologisch nahestehenden Gruppierungen etwa die Flagge des GULag-Kommunismus mitgeführt wird und die an das Mauerregime erinnernde Sozialistenfaust geballt wird. Das Heben der rechten Hand mit drohender Faust ist eben keine verfassungsfeindliche Körpersprache.
Durch die diskriminierenden Tendenzen im verfassungspatriotischen Strafrecht fühlt sich ein politkrimogener Menschenwürdeextremismus zu antifaschistischen Widerstand ermutigt, welchem die Zivilcourage des Verfassungspatriotismus meist mit Stillsein und Geschehenlassen begegnet. Als die Druckerei der Jungen Freiheit brannte, war die Stimme v. Weizsäckers zugunsten der Freiheit Andersdenkender nicht vernehmbar[90], und wer geglaubt hatte, Verfassungsschutzämter sähen ihre Aufgabe darin, den Brandstiftern auf die Spur zu kommen, wurde dadurch beeindruckt, daß sich die behördlichen Aktivitäten gegen das Brandopfer richten! In weiten Teilen dieses freien Landes ist die entsprechende Zeitung nur dadurch zu erwerben, daß sich die Verkäuferin unter den Ladentisch bückt - in der DDR sprach man von Bückware -, was ein ganz neues Gefühl von Pressefreiheit vermittelt, man könnte von verfassungspatriotischer Bückdemokratie sprechen.
Die mit Drohungen und Einschüchterungen herbeigeführte Bückdemokratie steht insofern mit dem Verfassungspatriotismus im inneren Zusammenhang, als eine vom Volksherrschaftsprinzip abgelöste und dieses ablösende Herrschaftsprinzip einer verfassungspatriotischen Werteordnung notwendigerweise eine Unwerteordnung konstituiert und dabei Menschenrechte, wie beim terreur zu Bürgerkriegsparolen der "Demokraten" gegen die "Faschisten" werden, wobei letztere durchaus die Mehrheit des Volkes ausmachen. Neben krimineller Einschüchterung und Gewalttätigkeit gegen Vertreiber rechter Oppositionspresse ist die Versammlungsfreiheit durch kriminellen Antifaschismus zunehmend in fundamentaler Weise bedroht. Veranstaltungen rechter Opposition können mangels effektiven Polizeischutzes weitgehend nur noch in fast konspirativer Weise organisiert werden, was dann für den Verfassungsschutzpatriotismus wieder Begründung dafür ist, die rechte Opposition mit demokratischen Lichtmikrophonen kontrollieren zu müssen. In einem Falle ist bereits versucht worden, eine Oppositionspartei nicht zur Wahl zuzulassen, weil diese ihren Parteitag nur unter fast konspirativen Bedingungen durchführen konnte. Kluge Verfassungsschützer können dann nämlich wieder messerscharf schließen, daß hier keine demokratische Partei vorliegen könne.
Kann bei einer offenen Versammlung nicht schnell genug der"autonome"Widerstand zusammengetrommelt werden, wird zunächst einmal ein rechtswidriges Verbot ausgesprochen, damit man bis zur Aufhebung durch das zuständige Gericht noch genügend Zeit für die Organisation des Widerstandes findet.[91] Ein Behördenchef, dessen rechtswidrige Entscheidung gerichtlich aufgehoben wurde, stellt sich dann als demokratischer Parteipolitiker an die Spitze der Widerstandsbewegung. Da aufgrund dieser unter Verstoß gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung sich ergebenden verfassungspatriotischen Sonderwegsituation[92] die Bildung von Rechtsopposition kaum mehr möglich ist, bietet sich das Engagement in den etablierten Parteien als Ausweg an.
Das wesentliche Dilemma besteht dabei darin, daß die Parteien durch die Besatzungsdiktaturen gerade deshalb einem Lizenzierungssystem unterstellt wurden, um das Aufkommen von Rechtsextremismus zu verhindern, worunter bereits das Eintreten für den demokratischen Nationalstaat der Deutschen verstanden werden kann.
Die Aufgabe der Volkskontrolle kommt sogar noch im Grundgesetz zum Vorschein, indem Art. 21 Abs. 1 GG bestimmt, daß Parteien "bei der politischen Willensbildung des Volkes" "mitwirken". Dies setzt die Vorstellung voraus, daß Parteien etwas sind, was von außen oder von oben eingesetzt ist, da der Verfassungstext sonst etwa lauten würde: "Ein Weg, die Meinung des Volkes politisch zum Ausdruck zu bringen, ist der Zusammenschluß interessierter Bürger zu Parteien".[93]
In Ausführung des anders gerichteten Art. 21 GG ist die Propagandafunktion der Parteien und ihr obrigkeitliches Gepräge im Parteiengesetz noch vertieft. Dazu wurde ein Parteientypus als demokratisch festgeschrieben, welcher mit seinem Delegiertensystem mehr einer Räteherrschaft, denn einer parlamentarischen Demokratie nachgebildet ist. Über die erhebliche Staatsbesoldung der Parteien wird dafür gesorgt, daß die innerparteiliche Meinungsbildung von der Parteispitze ausgeht, weil diese über die staatlichen Gelder verfügt und damit die hauptamtlichen Funktionäre besoldet. Im Zusammenhang mit der Kontrolle über das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem einerseits und über die laut Grundgesetz "freien" Abgeordneten mittels Listenwahlsystem[94] andererseits, ist ein Mediatisierung des Volkes möglich, welche eine extremistische Linksverschiebung von Funktionären gegenüber Parteimitgliedern und vor allem gegenüber Wählern zur Folge hat.
Dieses Phänomen hat sich in Deutschland bereits zweimal katastrophal ausgewirkt: einmal 1933, als die Parteifunktionäre ihren Parlamentsabgeordneten den Befehl gaben, ein Gesetz zur Ermächtigung der Diktatur zu verabschieden, obwohl erkennbar die Partei, der dieses Gesetz zugute kam, beim Wähler bereits ein Jahr zuvor den Höhepunkt überschritten hatte. Das zweite Mal hat sich dieser Mechanismus 1946 schicksalhaft ausgewirkt, als die SPD-Funktionäre der SBZ in ihrer überwältigenden Mehrheit der Vereinigung mit der KPD zustimmten, welche die Mehrheit der SPD-Mitglieder ablehnte.[95] Wenn bei diesem Vorgang von "Zwangsvereinigung" die Rede ist, dann stimmt dies insofern, als die Mehrheit der SPD-Funktionäre der Mehrheit der Parteigenossen mit Hilfe der Sowjetarmee die Zustimmung zur Diktatur aufnötigte.
In den Zeiten des Verfassungspatriotismus versuchen die etablierten Parteifunktionäre ihre Mitglieder über die vollendete Tatsache europäischer Irreversibilitäten zu entmachten, da aufgrund einfacher organisationssoziologischer Feststellungen nachvollziehbar ist, daß sich bei einer europäischen Parteibildung selbst bei bestem Willen Oligarchisierungs- und Mediatisierungstendenzen notwendigerweise extrem verstärken. Die etablierten Parteien verwandeln sich dabei zu europäischen Blockparteien gegen den Nationalismus, d. h. gegen das demokratische Selbstbestimmungsrecht, wie dies einst in der saarländischen Demokratur vorexerziert worden ist.[96]
Bekanntlich wurden von dieser die in Bonn regierende CDU und die in Bonn opponierende SPD nicht lizenziert, weil diese Parteien eine deutschfreundliche, d. h. nationalistische Haltung vertraten. Die französischen Besatzungsbehörden sahen durch die saarländischen Kollaborationsinstitutionen deshalb CDU und SPD als verfassungsfeindlich an, da diese die Separation des Saarlandes vom "Deutschen Reich" nicht akzeptierten.[97] Frankreich mußte daher gegenüber Frankreich anschlußfreudige christ- und sozialdemokratische Spezialausfertigungen gründen (ein Vorgang wie er sich vergleichbar in Österreich, d. h. dem östlichen Teil des Deutschen Reiches, abspielte). Nicht nur in der SBZ/DDR war demnach das Eintreten für die Bundesrepublik Deutschland als verfassungsfeindlich angesehen worden, sondern auch im Sondergebiet des Erbfreundes Frankreich. Warum sollte dann im Rahmen der "europäischen Einbindung" nicht auch das Eintreten für die Bundesrepublik Deutschland in dieser selbst als verfassungsfeindlich angesehen werden?
"Republikaner" darf man ohnehin schon nicht mehr sein, bald auch nicht mehr Bundesrepublikaner? Dafür spricht, daß in Art. 138 a EG-Vertrag, in der Fassung des Maastrichter Vertrages, der Parteitypus der europäischen Bewußtseinspartei geschaffen worden ist, was nur bedeutet, daß nicht europabewußte Parteien, also etwa solche mit pro-deutscher Einstellung, bald als verfassungsfeindlich anerkannt werden dürften. Geißlers Hochverratsvorwurf ist dann wörtlich zu nehmen.
Es ist dann auch nicht mehr nur metaphorisch zu verstehen, wenn Westextremist Hans-Ulrich Wehler davon spricht, daß "das Deutschland der achzig Millionen" für seine internationale Umwelt nur so lange erträglich sei, "wie es in die Europäische Union eingebunden ist".[98] Damit wird deutlich, daß es bei Europa nicht um eine Frage der Demokratie geht, sondern darum, das unerträgliche Deutschland als politischen Faktor auszuschalten, es "umweltgerecht" zu machen, weil es einfach zu viele Deutsche gibt. Es soll dahingestellt bleiben, wo Wehler stehen würde, hätten die Deutschen - demokratisch ausgedrückt - keine Lust mehr, sich "einbinden" zu lassen und daraufhin die "internationale Umwelt", gestützt auf europäische Einbindungsvorschriften die Europaexekution vornimmt.
Die parteipolitischen Mediatisierungsstrategien gegenüber dem deutschen Volk haben, zusammengefaßt, das Ziel, verfassungspatriotisch zu verhindern, daß sich im demokratischen Prozeß die Mehrheitsmeinung der Deutschen gegenüber den ideologischen Anliegen der Verfassungspatrioten durchsetzt. Diese Mehrheitsmeinung wurde etwa von der Bundesregierung[99] der gestellt ermittelt, daß sich 80 % der repräsentativ befragten Deutschen gegen das Ausländerwahlrecht und bis zu 2/3 gegen die Erleichterung der Einbürgerung ausgesprochen haben. Allerdings hält diese Erkenntnis die Bundesregierung, welche sich noch gar nicht offiziell zum Konzept der multikulturellen Gesellschaft bekennt, nicht davon ab, Gruppierungen, die sich gegen "Babylon" aussprechen, als "verfassungsfeindlich" einzustufen.[100] Damit wird klar, daß Feind der Verfassungspatrioten der Deutsche an sich sein muß.
Diese Einstellung kreiert sogar eine besonders interessante Form des politischen Radikalismus, nämlich das parteipolitische Deppentum. Führend ist dabei die FDP, die entschieden für die Masseneinbürgerung eintritt, obwohl alle Studien besagen, daß diese Partei von den vorgesehenen Neubürgern so gut wie überhaupt nicht gewählt werden und damit der Untergang dieser Partei festgeschrieben würde. Auch die Geißlersche CDU würde dabei auf den Status ihrer mafiösen italienischen Schwester reduziert werden.[101]
Bei diesem Ausmaß an parteipolitischer Unbelehrbarkeit, welche man nur als fanatisch ansehen kann, wird deutlich, daß die hier aufgezeigten Herrschaftsstrukturen kein bloßes quantitatives Problem darstellen, welches halt nur eine kleine Minderheit betrifft, aber am freiheitlichen Charakter der Bundesrepublik insgesamt nichts zu ändern vermag. Vielmehr sind die Herrschaftsstrukturen so angelegt, daß die Anliegen der breiten deutschen Bevölkerungsmehrheit als rechtsextrem ausgegrenzt werden, was dann den etablierten Parteien erlaubt, sich über diese Anliegen hinwegzusetzen. Das Entstehen einer Rechtspartei könnte ja auch dadurch verhindert werden, daß man von den etablierten Parteien die entsprechenden Anliegen aufgreifen läßt[102], was aber offensichtlich nicht deren Absicht darstellt.
Andererseits ist den Politikern bewußt, wie sehr sie sich von der Volksmeinung entfernt haben und deshalb mit einer Situation konfrontiert sind, bei der eine Rechtspartei in kürzester Zeit bis zu 30 % Wähleranteil erreichen könnte, wie nicht nur der Vergleich mit Österreich, sondern auch der Erfolg der Rechtsliberalen in den Niederlanden zeigt. Schon ein drohender Stimmenanteil einer Rechtspartei von 5 % auf Bundesebene reichte deshalb aus, sich fast in eine absolute Parlamentsmehrheit umzusetzen, da sich die etablierten Parteien gezwungen sahen, im Wege der Verfassungsänderung gegen den Asylrechtsmißbrauch vorzugehen. Dies erklärt wohl das Trauma des damaligen Bundespräsidenten, "einem rechtsextremistisch erzeugten Klima"[103] ausgesetzt zu werden und ein entsprechendes Verfassungsgesetz auch noch ausfertigen zu müssen.
Die Bestrebungen des Verfassungspatriotismus gehen deshalb dahin, dafür zu sorgen, nie mehr in die Situation zu gelangen, bei der diesem Klima nachgegeben werden muß. Damit wird deutlich, daß es bei dem Problem der Ausgrenzung rechter Opposition nicht um die Ausschaltung von 13 % des Volkes mit rechtsextremistischen Ansichten geht - eine Gruppe, die immerhin noch zahlreicher wäre als die der FDP-Wähler- sondern es geht um die 80 %, die gegen das Ausländerwahlrecht sind[104] und die 63 %, die gegen die Masseneinbürgerung und um die 60 %, die gegen die Abschaffung der DM sind. Insofern sind die verfassungspatriotischen Herrschaftsstrukturen mitnichten ein Problem einer marginalisierten Minderheit, sondern stellt das Volksherrschaftsprinzip durch extreme Mediatisierung in Frage, auch wenn es bisher gelungen ist, diese Defekte nicht ins allgemeine Bewußtsein dringen zu lassen.[105]
Gelingt dem Verfassungspatriotismus auch noch die Festschreibung europäischer Irreversibilitäten, dann wird die Mediatisierung des Volksherrschaftsprinzips durch Außensteuerung noch weiter festgeschrieben. In der Vergangenheit hat sich ohnehin bereits die große Anfälligkeit für eine Außensteuerung beim Kampf gegen rechts gezeigt[106], etwa wenn Hakenkreuzschmierereien durch einen ausländischen Geheimdienst in der Lage waren, ideologische Strafrechtsvorschriften zu gebieren. Sollte dem Verfassungspatriotismus endgültig eine bereits ähnlich wie in Art. 6 Abs. 2 DDRV 74 als "unwiderruflich" bezeichnete Einbindung der DDR in die sozialistische Weltgemeinschaft als "irreversibel" bezeichnete Einbindung der BRD in die westliche Wertegemeinschaft in Form eines Austrittsverbotes aus Europa gelingen, würden sich noch ganz andere Straftatbestände ergeben. Deutsche Unabhängigkeitsbestrebungen würden dann nicht nur als gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet (s. Art. 9 Abs. 2 GG) angesehen werden, sondern als verfassungsstrafbewehrte Vorbereitung eines Angriffskrieges (vgl. Art. 26 GG). Da "Europa" ja Weltfriede bedeutet, könnte deshalb auch lediglich verbaler Aufstand gegen Europa nur noch als Kriegshetze im Sinne von Art. 6 Abs. 2 DDRV 49 angesehen werden. Auf interessante Weise, der inneren Logik der Vaterlandsflucht gehorchend, würden so über "Europa" als verfassungspatriotischer Vaterlandsersatz und Ersatzdemokratie die problematischen Aspekte sämtlicher deutscher Nachkriegsverfassungen zusammenfließen.
ETABLIERUNG EINER STAATSRELIGION
Je mehr sich die Kluft zwischen der Mehrheitsmeinung und den etablierten Verfassungspatrioten auftut, desto radikaler muß sich gerade unter demokratischen Bedingungen der Verfassungspatriotismus gegen das eigene Volk wenden, soll sogar bis zum parteipolitischen Untergang darauf beharrt werden, in existenziell entscheidenden Fragen wie der europakollektivistischen Abschaffung der Deutschen Mark (Vergemeinschaftung der Währungen), von der Mehrheitsmeinung im realen Volk abzuweichen.
Das extremste Mittel, das dem Verfassungspatriotismus eingefallen ist, liegt in der Etablierung einer offiziösen Staatsreligion begründet, welche die Deutschen zumindest inplizit zum Verbrechervolk stigmatisiert. Dies wird dadurch deutlich, daß Politiker zwar nicht wissen, was deutsche Identität sei und auch die Pflicht verneinen, sich überhaupt als Deutscher fühlen zu müssen, andererseits aber genau wissen, was "deutsche Schuld" sei, welche "bewältigt" werden müsse. Unter Verstoß gegen den Grundsatz der Menschenwürde werden dabei Deutsche zum bloßen Objekt staatlicher Haftungszurechnung herabgewürdigt und auf eine bloße Bewältigungsgemeinschaft reduziert. Moralisch verantwortetes Dasein wird durch Verpflichtung zur Schämträgerschaft negiert, welche die Deutschen in eine manipularierbare Masse verwandelt.
Schon seit längerem wird von der deutschen Politik ganz offen mit dem Erlösungsbegriff der jüdischen Theologie operiert, etwa durch die Ausgabe einer Bewältigungsbriefmarke mit der Aufschrift: "Das Wesen der Erlösung heißt Erinnerung", wobei es nicht darum geht, die Menschenwürde von NS-Tätern durch erlösendes Erinnern zu sichern, sondern darum, die lebenden - arischen - Deutschen zur Erinnerung aufzufordern, weil sie kraft Abstammung schuldig sind und, falls sie dies nicht begreifen, der zweiten Schuld, Deutscher zu sein unterliegen. Dieser, jeder rechtsstaatlichen Zivilisation Hohn sprechende Schuldbegriff kann nur im Rahmen eines religiösen Konzepts begriffen werden, d. h. als eine meta-physische Schuld für deutsche Daseinsverfehlung.
Im Rahmen der Religionsfreiheit kann es natürlich niemanden verwehrt werden, sich das Konzept einer deutschen Erbschuld zu eigen zu machen, andererseits schützt die Religionsfreiheit davor, daß dieser Glaube den Deutschen offiziell aufgenötigt wird. Das Verbot der Errichtung einer Staatskirche bekräftigt den Gesichtspunkt, daß Religionsfreiheit nicht staatsaffirmativ-totalitär fehlinterpretiert werden darf. Wenn Radikalismus/Extremismus bedeutet, daß der religiöse Impuls unvermittelt in ein politisches Programm umgesetzt wird, dann macht nichts so sehr als die offiziöse Bewältigungsreligion als parteistrategische Zusammenfassung vagabundierender Religiösität den extremistischen Charakter der Verfassungspatriotismus deutlich.
Mit der Etablierung einer Bewältigungsreligion mit Gedenktagen, offiziellen Gedenkstätten, Gedenkfeiern mit unverhohlen religiöser Dogmatisierung als eine Art Staatskult, geht denn auch ein staatlicher Wahrheitsanspruch einher, welcher "Offenkundiges" strafrechtlich durchzusetzen versucht. Wer sich dem nicht beugen will, gilt selbst im Zeitalter der Menschenwürde als (nicht menschenwürdeberechtigter) Un-Mensch, oder Nazibestie[107], und Richter, die einem solchen Unmenschen sogar noch Charakterstärke zuschreiben, müssen wegen Herzkrankheit um frühzeitige Pensionierung nachsuchen.[108]
Die mit der Dogmenpolitik einhergehende Multiplizierung der offiziellen und offiziösen Tabus ahmt den Stil religiöser Herrschaftssysteme nach, welche - zumindest nach der Lehre der Frankfurter Sexualaufklärer - vor allem auf sexuellen Tabus beruhten, denen die der Herrschaft Unterworfenen nicht nachkommen konnten und sich daher als sündig den Herrschenden unterwarfen. In vergleichbarer Weise wird von Verfassungspatrioten den Deutschen eine Bewältigung aufgenötigt, der sie nicht entsprechen können, weil man dann nach Adorno nicht einmal Gedichte schreiben, oder populärer, sich an einem Fußballspiel erfreuen dürfte, insbesondere wenn die Gefahr besteht, daß eine deutsche Nationalmannschaft auch noch Meister werden könnte[109] Wahrscheinlich hat die zunehmende Versagermentalität, die den bundesdeutschen Wohlstand, auf den selbst manche Verfassungspatrioten stolz sind, mittelfristig auflösen wird, hier ihre quasimetaphysische Grundlage. Moralische Einschüchterung, wie sie mit monströsen Denkmälern[110], welche kennzeichnend für ideokratische Herrschaftsformen sind, vorgenommen werden soll, läßt die Quellen der Kreativität versiegen. Kreativität und Produktivität haben nämlich moralisch selbstverantwortetes Dasein, das den Deutschen im Staatskult kollektivistisch bestritten wird, zur Voraussetzung.
Durch den Druck dieser Tabuisierungspolitik sollen die Deutschen veranlaßt werden, ja nicht ihre "nationalistischen" Interessen durchzusetzen, denn auf der Grundlage der quasistaatlichen Holocaustreligion kann dann jedem, der nicht für "Europa" ist, sich nicht europäisch "einbinden" will, sich gegen eine "offene Republik" für 5 Milliarden Ausländer ausspricht, vorgehalten werden, nicht richtig "bewältigt" zu haben.[111]
Belegt werden soll diese Einschätzung durch die Aussage des fanaticus (= ein im Zentrum des Heiligtums Stehender), des jüdischen Christdemokraten (kein Widerspruch?) Friedman (nomen!), wonach "Versöhnung" ein absolut sinnloser Begriff sei.[112] "Die Erben des judenmordenden Staates bieten den Opfern und den Nachkommen der Opfer (man beachte die Betonung des Abstammungsprinzips!) Versöhnung an und sind erbittert, wenn dieses Wort zurückgewiesen wird. Es kommt ihnen in Wirklichkeit gar nichts anderes zu, als die schwere historische Verantwortung auf sich zu nehmen, generationenlang, für immer" (man beachte die Vereinnahmung der göttlichen Ewigkeit). Unter diesen Bedingungen ist "Bewältigung", d. h. Volkserlösung nur als Auflösung, ja Vernichtung des Deutschtums denkbar.
Die Holocaustreligion ist zwar für den jüdischen Nationalismus und religiösen Extremismus tröstlich, weil Beweis dafür, daß Rachegott Jahwe das Brandopfer (Holokaust) seines erwählten, die sonstige Menschheit weit überragenden Volks für den Glaubensfall in den Bolschewismus[113] mit seinen singulären Verbrechen angenommen und damit alle Juden zu "Edelsteinen" gemacht hat[114] (eine Aussage, die man nicht rassisch mißverstehen muß).
Für die als Vollstrecker von Jahwes Holokaustopfer angesehenen Deutschen ist die Holocausreligion gänzlich trostlos, weil es keine Erlösung gibt - so ist zumindest die Aussage von Politpriester Friedman zu verstehen - beziehungsweise kann nur darin bestehen, die (gemeint in Fortsetzung der NS-Rassenideologie: "arischen") Deutschen als solche aufzulösen. Erklärt dies den Satz von Europa-fanaticus Kohl: "Für die Europäische Union müssen wir alle zu Opfern bereit sein"[115] (warum?). Das Vertreibungsopfer scheint schon lange nicht mehr auszureichen. Vielmehr gibt dieses gar die Möglichkeit, Politikern eine Messiasrolle zuzuschreiben, etwa wenn der heidnisch niederknieende Willy Brandt "sein schuldig gewordenes Volk" (Engholm) "mit dem Osten versöhnt"[116] ,was aber gar nicht gelingen kann, da die Deutschen von der Gottessohnschaft aufgrund der Prämissen der Holocaustlehre ausgeschlossen sind (Dresden etc. wird ja nicht als "Brandopfer" anerkannt). Aufgrund der Staatstheologisierung verfassungspatriotischer politischer Anliegen wird auch der Widerstand breiter Volksteile gegen das Kruzifix-Urteil des BverfG verständlich: Man nimmt es unter diesen Bedingungen dem Staat einfach nicht mehr ab, daß mit dieser Entscheidung nur die europapolitisch wohl gebotene Anpassung an den französischen Staatslaizismus vorgenommen wird (was die des Französischen meist nicht mächtigen, sich trotzdem frankophil dünkenden CSU-Europapolitiker zu verantworten haben), der den Religionen mit ablehnender Gleichgültigkeit - was nicht Grundgesetz-Recht darstellt! gegenübersteht; vielmehr fühlt das Volk, daß hier eine Religion, nämlich der staatliche Liberalfundamentalismus traditionelle Religionsformen ersetzen will. Der zeitliche Zusammenhang mit der massiven Kritik des Bundestheologen Friedman am Kruzifix-Symbol ist noch nicht verdrängt (auch wenn sich Besagter - aus taktischen Gründen? - von sich selbst distanziert hat). Selbst wenn es beim Volksprotest nur um den Schutz eines Kulturgutes ginge (aber Kultur kommt von Kult), ist der Zusammenhang der verfassungsgerichtlichen Entscheidung mit der parlamentarischen Absegnung der Einpackung des demokratischen Kulturgutes Reichstagsgebäude nicht zu verkennen. Diese "Verhüllung" wurde als exorzistisches Volksfest zelebriert, womit metaphysisch die deutsche Geschichte, bezeichnenderweise die des demokratischen Nationalstaatsgedankens, ausgetrieben werden sollte, um liturgisch besser zur anstehenden Plattenaufstellung in der Nähe dieses demokratischen Kulturgutes schreiten zu können!
Neben der Tatsache, daß hier ein offiziöser Staatskult propagiert wird, ist eine verfassungsfeindliche Einstellung deshalb zu konstatieren, weil damit im Zusammenhang stehend die Legitimation der Volkssouveränität durch Ideologeme verdrängt wird, welche die deutsche Staatsgewalt auf eine richtige Interpretation historischer Vorgänge stützen. Deutschen Politikern ermöglicht dies eine moralisch erhebende Entschuldigung für totales außenpolitisches (Sich-) Versagen, das auf die völlige Vernachlässigung der Interessen des deutschen Nationalstaates, der Grundlage der Demokratie in Deutschland, hinausläuft.
Was bekommen denn die Deutschen von den Polen für Gebietsabschreibung, Verhöhnung der betroffenen Vertriebenen und ihrer Abkömmlinge, abzuschreibende Milliardenschulden[117] und die Bereitschaft, den polnischen EU- und NATO-Beitritt nur nicht zu blockieren, sondern intensiv zu unterstützen? Antwort: Nicht verifizierbare Versöhnung und einen weiteren Einbinder![118] Mit dieser Haltung verkennen die Verfassungspatrioten ein wesentliches Prinzip der von ihnen beschworenen westlichen Werteordnung: Die Wahrung und Durchsetzung eigener Interessen im machtpolitischen Ringen.
Diese Verkennung des auch machtpolitisch zu verstehenden Konkurrenzprinzips durch einen Weltkollektivismus droht mit einer Illoyalität gegenüber dem eigenem Volk einherzugehen, welche beim Rechtsvertreter an Parteienverrat grenzen würde. Selbst wenn nämlich die Deutschen so ein verbrecherisches Volk wären, dann könnte es nach rechtsstaatlichen Grundsätzen trotzdem erwarten, daß das Verhältnis eines Volksvertreters zu seinem Volk mehr dem des Rechtsvertreters zu seinem Mandanten als dem des Staubsaugervertreters zu seinem Staubsauger gleicht.
Im übrigen heißt es "Volksvertreter" und nicht "Volksverurteiler", so daß - in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der westlichen Wertegemeinschaft - klar ist, welche Aufgabe verfassungsrechtliche Funktion eines Politikers in einer Demokratie ist: Verteidigung seines Volk! Dies gilt demokratiegemäß vor allem im Bereich der Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts, einschließlich der gebietlichen Grundlagen dieses Rechts. Die Aussage eines Herbert Wehner "Verzicht ist Verrat"[119], stand nie in Verfassungsschutzberichten und kann deshalb nicht verfassungsfeindlich sein (oder ist sie es nur dann, wenn nicht von einem "demokratischen Politiker" gemacht).
Da Westbindung zwar eine mögliche Politik darstellt, aber keine verfassungsrechtliche Doktrin darstellen kann, steht nichts dagegen, daß die Bundesrepublik Deutschland die polnische Mitgliedschaft in EU und NATO verhindert. Auch staatlich verkündete deutsche Schuld kann einer derartigen, sich aus dem Prinzip der Volkssouveränität ergebenden Entscheidung nicht entgegenstehen; denn dies würde sonst bedeuten, daß historische Schuld in einem quasistaatsreligiösen Sinne höher zu bewerten wäre als das Prinzip der Volksherrschaft. Der Hinweis in sog. Verfassungsschutzberichten, daß die Gebiete jenseits von Oder und Neiße von Hitler verspielt worden seien[120], um damit die Verfassungsfeindlichkeit der Bestrebungen zu begründen, welche für die Geltungserstreckung des Grundgesetzes in diese Gebiete eintreten, ist als ideologisches Geschichtstheologem undemokratisch und stellt als solches eine das Volksherrschaftsprinzip ablösende Herrschaftsdoktrin dar.
Freiheit, welche die Demokratie als Staatsform politisch garantiert, zeigt sich in der Revidierbarkeit falsch getroffener Entscheidungen, weshalb es schon deshalb möglich sein muß, mit friedlichen Mitteln unter Einsatz legitimer Macht (Demokratie heißt Herrschaft) für die Aufhebung der polnischen Annexionspolitik einzutreten. Ist dies durch die freiheitsfeindlich als irroversibel verkündete europäische Friedensordnung ausgeschlossen, droht im übrigen durch diese dem Volkssouveränitätsprinzip offenbar übergeordnete Ordnung im Zusammenhang mit den verfassungspatriotischen Geschichtstheologemen die weitere Vertreibung, weil nämlich nicht einzusehen ist, warum nur die (wirklichen) Ostdeutschen für Hitler geschichtstheologisch "büßen" müssen und nicht auch die restlichen Deutschen.[121] Offizielle Vergangenheitsbewältigung als quasistaatsreligiöse Fortsetzung und Perpetuierung feindlicher Kriegspropaganda, welche nun einmal nicht primär gegen den "Nazismus" gerichtet war, sondern dem Deutschsein bis hin zu Überlegungen, das Sterilisationsmesser einzusetzen, den Krieg erklärt hatte, kann nur der psychologischen Vorbereitung von weiteren Bußhandlungen dienen.
GRUNDGESETZ UND VERFASSUNGSPATRIOTISMUS
Versucht man auf der Grundlage der Feststellung, daß der Verfassungspatriotismus erfunden wurde, um sich vom verfassungsrechtlich vorgeschriebenen Wiedervereinigungsgebot als Ausformung des demokratischen Selbstbestimmungsrechts zu verabschieden, die Frage zu beantworten, was der Verfassungspatriotismus mit der Verfassung, auf die er sich beruft, zu tun haben könnte, dann kann die Antwort nur lauten: Der Verfassungspatriotismus stützt sich auf das Grundgesetz als Selbstzweck, obwohl das Grundgesetz ausdrücklich als Übergangsverfassung geschaffen worden war.
Die Verfassungsväter wollten sich nicht zu Separatisten herabwürdigen lassen, indem sie eine richtige Verfassung schüfen, welche sich zudem über die demokratischen Vorgängenerfassung einfach hinwegsetzen würde. Außerdem konnte unter den gegebenen Bedingungen die Verfassungsgebung nicht als frei angesehen werden, so daß es nicht gelingen würde, die volle nationalstaatliche, d. h. demokratische Emanzipation der Deutschen aus Besatzungsherrschaft und Einbindung zu erreichen. Selbst durch die spätere Einfügung von Wehr- und Notstandsverfassung ist dies im Rahmen des Grundgesetzes nicht voll gelungen, weil das weltbürgerliche Gegenkonzept zum demokratisch-nationalstaatlichen Ansatz als Mitgabe der Besatzungsherrschaft weiter geschleppt werden mußte, wobei gerade das weltbürgerliche Konzept - oder was sich in diesem Sinne verstehen läßt das Grundgesetz nicht gerade zu einer juristisch besonders gelungenen Verfassung macht.[122]
Als Beispiel sei nur erwähnt, daß der gerade für die Demokratie zentrale Begriff des Deutschen erst unter "Übergangs- und Schlußbestimmungen" in Art. 116 GG auftaucht und dabei unter einem extremen Gesetzesvorbehalt steht[123], was für die Verfassungspatrioten nur Anreiz darstellen kann, den Deutschen als solchen als Übergangslösung anzusehen und mit ihm Schluß zu machen.
Ein saarländischer Ministerpräsident will, ohne als Verfassungsfeind angesehen zu werden (er ist ja Mitglied einer demokratischen Partei und kann deshalb kein Verfassungsfeind sein), die Nationalstaaten (auch den israelischen?) nur als Provisorium ansehen, und für den Mitteextremisten Geißler- den Kern des Verfassungspatriotismus zum Ausdruck bringend - ist es wichtiger, Demokrat zu sein als Deutscher zu sein.[124] Diese Ansicht hat insofern eine grundgesetzliche Basis, als nur - durch leider nicht zwingende - Interpretation ermittelt werden kann, was nach dem Grundgesetz das Volk darstellt, von dem - erst in Art. 20 GG - die Staatsgewalt ausgeht und das durch den Bundestag vertreten wird (Art. 38 GG).
Für einen Politologen[125] ist diese Feststellung Grund, im politischen System der Bundesrepublik eine Ordnung vorzufinden, die nicht, wie die der Schweiz, auf der Volkssouveränität, oder wie die Großbritanniens, auf der Parlamentssouveränität aufbaut, sondern auf der Verfassungssouveränität. Da aber das Prinzip der Volkssouveränität zu den Wesensbestandteilen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung gehört und diese auch ausdrücklich in Art. 20 GG verankert ist, zeigt sich, daß der Verfassungspatriotismus etwas Verfassungswidriges sein muß, weil anstelle der Volkssouveränität eine Verfassungssouveränität tritt, die der Auflösung des Subjektes der Volkssouveränität den Weg ebnet.
Verfassungssouveränität wiederum ist nur als (quasi-) theokratisches System denkbar, was vielleicht die invocatio dei in der Präambel des Grundgesetzes erklärt. Auch könnte die Bezeichnung "Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland", anstatt "der Bundesrepublik Deutschland" in diesem theokratischen Sinne verstanden werden,weil damit das Grundgesetz als Werk erscheint, das "von obena gegeben worden ist.[126] Zumindest hat das Prinzip der Verfassungssouveränität nicht die Probleme, die Integration in eine "höhere Einheit" (Europa/Welt) vorzunehmen wie sie mit dem Prinzip der Volkssouveränität/Parlamentssouveränität einhergehen.
Das Grundgesetz kann bei dieser Betrachtungsweise einen weltweiten Anspruch erheben und Demokrat i. S. eines Geißler ist dann nicht jemand, dem an der Souveränität des deutschen Volkes in Deutschland liegt, sondern wer sich als Weltbürger versteht. Das Individum wird dabei unvermittelt mit der politisch nicht konstituierten Menschheit in Beziehung gesetzt, was nur als A-Sozialisierungspolitik funktionieren kann, wo letztlich jeder sich nur selbst loyal ist, bzw. seinen Imaginationen von der Menschheit. Mit seinem Multikulturalismus offenbart der verfassungspatriotische Demokrat eine Tendenz zur Selbstvergöttlichung, weil er so tut, als wäre trotz der Kürze des menschlichen Daseins jedermann in der Lage, universeller Kulturvermittler zu sein[127] - und nur dann liefe Universalismus nicht auf Asozialisierung hinaus.
Zumindest ist der verfassungspatriotische Multikulturalismus so anmaßend wie der Planwirtschaftssozialismus, welcher aus der Tatsache einer Gesamtwirtschaft schloß, diese müsse in einem Unternehmen zusammengefagt werden. Ähnlich schließen Verfassungspatrioten und Multikulturalisten aus der biologischen - oder theologischen -Tatsache der Menschheit, daß nur eine (paradozenweise multikulturell genannte)Weltkultur mit Weltstaat möglich sei, wobei Europa nur ein Zwischenschritt sein kann, weil sonst dem Europakonzept derselbe Vorwurf gemacht werden müßte, wie dem klassischen Nationalstaat, nämlich, daß es (Teile der Menschheit) "ausgrenze". Daher können deutsche Verfassungspatrioten auch gegenüber "Europa" letztlich nicht loyal sein.
Mit ihrem Menschheitskollektivismus verkennen die Verfassungspatrioten ein grundlegendes Prinzip, das in der durchaus klug zu nennenden Unterscheidung zwischen Deutschen rechten und Menschenrechten im Grundgesetz zum Ausdruck kommt: das Prinzip des Staatenpluralismus und der Völkervielfalt. Der Staatenpluralismus ist aus wirtschaftlichen Gründen ähnlich vernünftig, wie kartellrechtliche Kontrolle und Verbot von Unternehmenszusammenschlüssen. "Staat" ist auch eine wirtschaftliche Organisation, die sich im Wettbewerb, Quelle der Produktivität, behaupten soll. Zu diesem Zwecke müssen, neben den politischen Rechten, die wirtschaftlichen Rechte als Grundrechte den eigenen Staatsangehörigen vorbehalten bleiben, weil nur dies dem Marktmechanismus nachgebildete reziproke Rechtsbeziehungen zwischen Staaten erlaubt, wohingegen ein Weltstaat als Umverteilungsmaschine nur Elend produzieren kann.[128] Der Asozialisierungsvorwurf gegen den Multikulturalismus ist dabei wörtlich zu nehmen, da dieser gegen die sozial-schwachen Deutschen gerichtet ist. Als "sozial schwach" kann nämlich jemand angesehen werden, der in der eigenen Kultur zumindest ökonomisch nicht besonders erfolgreich war und welcher daher erst recht unter die Räder käme, müßte er sich in mehreren Kulturen gleichzeitig behaupten. Sozialpolitische Ausgleichsmaßnahmen sind jedoch nur finanzierbar, wenn Umverteilungspolitik zumindest nicht menschheitsumfassend durchgeführt wird, sondern nationalstaatlich beschränkt bleibt, weil sonst der große Staatsbankrott kommt. Schon deshalb darf "Völkerverständigung" nicht so weit getrieben werden, daß keine Völker mehr bestehen, zwischen denen Verständigung hergestellt werden könnte.
Um jedoch zum einen als Subjekt der Völkerverständigung und zum anderen als Subjekt der internationalen Wettbewerbsordnung in Aktion treten zu können, bedarf es so etwas wie eines Willens des Subjekts, welcher in der nationalen Identität zum Ausdruck kommt. Diese ist auch Grundlage der internen Demokratie. Daß diese Tatsache von den Multikulturalisten durchaus verstanden wird, ergibt sich aus deren Vorschlag zur Grundgesetzänderung, nach der den ethnischen Minderheiten die Anerkennung ihrer Identität zugesichert[129], während dies - natürlich verfassungsfeindlich, da extrem gleichheitswidrig - der ethnischen Mehrheit verwehrt werden sollte.[130] Auch kann eine Kultur von der anderen erst lernen, wenn sie über genügend Selbstgewißheit verfügt, so wie das Erlernen einer Fremdsprache, Grundkenntnisse der eigenen Sprache voraussetzt.
Wie Sprache mit ihren grammatikalischen und sonstigen Regeln nichts anderes darstellt, als ein komplexes System der Ausgrenzung, weil es anders kein Erkennen auch seiner selbst gibt, so ist eine Kultur insgesamt notwendigerweise ein System der Grenzziehungen. Zum Zwecke der kulturellen Entfaltung gerade auch als demokratisches Gemeinwesen, welches über die bloße biologische (oder theologische) Tatsache des Menschseins hinausgeht, ist daher der Schutz der Nation durch Grenzziehung gegenüber der Menschheit notwendig. Dies ist der verfassungsrechtliche Sinn des (demokratischen) Selbstbestimmungsrechts, den der Menschenwürdeextremismus des Verfassungspatriotismus in seinem Bestreben, die ausdrückliche Unterscheidung zwischen Menschen- und Deutschenrechten hinwegzuzaubem verfassungsfeindlich verfehlt. Es ist bezeichnend, daß nunmehr Verfassungspatriot Habermas zum Zwecke der (jugoslawischen) Multikulturalität sich vom Grundsatz des Rechts der nationalen Selbstbestimmung (aus sog. moralischen Gründen, weil er mit den ökonomischen Gründen, welche erstere widerlegen, wohl weniger vertraut ist) ganz offen verabschiedet.[l31],
Demokratie ist dagegen nach dem Grundgesetz notwendigerweise nationalstaatlich vermittelt, und die Geißlersche Ausspielung der Deutscheneigenschaft mit Demokratiebekenntnis ist trotz der Tatsache, daß nicht jeder Deutscher Demokrat ist, gerade unter dem Gesichtspunkt der Völkerverständigung verfassungsfeindlich. Im übrigen dürfte schon quantitativ eine Weltdemokratie kaum ohne Verletzung des Prinzip der Unmittelbarkeit der Wahl zu organisieren sein, so daß weltbürgerliche Vorstellungen notwendigerweise auf eine Oligarchisierung von Demokratie[132] und damit einhergehende Multikulturalisierung mit Integration bei kulturellem, rechtlichem und ethischem Minimalkonsens auf eine Ochlokratisierung der demokratischen Herrschaftsform hinausliefe. Völkerrechtlich geregelte Kriege (vgl. Art. 25 GG) würden durch ungeregelte Bürgerkriege ersetzt werden, die dann aber ohnehin wieder die Separation vom Weltstaat einleiten würden[133], so daß man diesen von vornherein nicht anstreben sollte.
Durch die beflissene Aufhebung des Beitrittsartikels Art. 23 GG a. F., welcher jedoch als Geltungsbereich des Grundgesetzes firmierte, ist der Anwendungsbereich des Grundgesetzes in unabsehbaren Auswirkungen verfassungspatriotisch unklar geworden. Im Zusammenhang mit der abstrakten, d. h. von der deutschen Staatlichkeit gelösten Fassung der grundgesetzlichen Grundrechte - eine Abstrahierung, die so weit getrieben werden kann, daß der Deutsche als Verfassungsfeind und die Bundesrepublik als verfassungswidriges Gebilde erscheint - steht der freien Masseneinwanderung der Menschheit unter Berufung auf das verfassungspatriotisch fehlinterpretierte Grundgesetz nur die Banalität entgegen, daß nach Art. 11 GG nur Deutschen die Freizügigkeit im ganzen Bundesgebiet gewährleistet ist. Erklärt dies den Tatbestand, daß in der verfassungsrechtlichen Dogmatik und Rechtsprechung diese historisch zentrale Bestimmung äußerst stiefmütterlich[134] behandelt wird?
Ein verfassungspatriotisch abstrahiertes Grundrechtsverständnis kann dann dazu führen, daß zum Zwecke des Grundrechtsschutzes das Bundesgebiet gedanklich den ganzen Erdball umfaßt, also die ganze Menschheit einwandern darf, wobei jeder "Mensch", welcher der gedanklich zur Weltprovinzverwaltung reduzierten deutschen Staatsorganisation gegenübertritt, als Deutscher zu definieren wäre. Wenn aus der Menschenwürde nach Weizsäcker der Anspruch auf Doppelstaatsangehörigkeit folgt, müßte man ohnehin die ganze nicht-deutsche Menschheit zu Doppelstaatern erklären, wozu der extreme Gesetzesvorbehalt bei Art. 116 GG die Grundlage bildet, und somit jeder in den Genuß des sog. Deutschenrechts nach Art. 11 GG kommt.
Dabei ist der extreme Gesetzesvorbehalt bei Art. 116 Abs. 1 GG nur damit zu erklären, daß dem Gesetzgeber die Aufgabe oblag, die vielfach problematischen Masseneinbürgerungen des Nazisozismus rückgängig machen zu müssen, wie etwa auch die Wiederausbürgerung der Österreicher[135] durchzuführen. Grundsätzlich macht dies den Gesetzesvorbehalt bei der Deutschendefinition verständlich, galt es doch, ein Problem, das sich vorübergehend stellte, rasch zu lösen. Wird jedoch der dazu nötige Gesetzesvorbehalt von der Lösung des Übergangsproblems gelöst - und der Verfassungspatriotismus lebt von solchen Abstraktionen - und zum Selbstzweck erklärt, dann ist es um das Schicksal der Deutschen geschehen.[136]
Schon diese Problematik zeigt, daß die ursprüngliche Selbstkennzeichnung des Grundgesetzes als Übergangsverfassung mitnichten ein bloßes territoriales Problem darstellt, das sich mit dem Beitritt der DDR erledigt hätte. Der Charakter des Grundgesetzes als Übergangsverfassung kommt schon dadurch zum Ausdruck, daß sich dieses zum Schicksal der Vorgängenerfassung vom 11. August 1919 nicht äußert, weil es diese nicht ersetzen wollte.
Desgleichen ist die Beschränkung der verfassungsgebenden Gewalt des deutschen Volkes durch Art. 79 Abs. 3 GG demokratietheoretisch nur im Hinblick auf den vorrangigen Art. 146 GG verständlich. Insbesondere sind die verfassungsideologischen Bestimmungen von Art. 9 Abs. 2,18 und 21 Abs. 2 GG, deren Umgehung die Basis des Verfassungsschutzpatriotismus bildet, als Fall einer verfassungsrechtlichen Notstandsregelung nur dann verständlich, wenn ihnen nur vorhergehende Bedeutung zukommt. Eine zeitlich befristete Wirkung von Verboten nach diesen Vorschriften brauchte im Grundgesetz deshalb nicht geregelt zu werden, weil man von der zeitlich befristeten Geltung des Grundgesetzes als Übergangsverfassung insgesamt ausging. Geht man jedoch davon aus, daß das Grundgesetz keine derartige Übergangsverfassung darstellt, dann stellen sich die genannten Verbotsvorschriften als viel freiheitsbeschränkender dar als etwa der entsprechende Artikel der preußischen Verfassung von 1850,wonach politische Vereine nur vorübergehenden Verboten unterworfen werden konnten, während die durchaus nur ideologisch gedachten Verbote nach dem Grundgesetz an sich ewig gelten würden. Ist es denkbar, daß das Grundgesetz den Deutschen ein geringeres Maß an Freiheit zugestehen wollte, als der viel verdammte Obrigkeitsstaat? Dabei ist noch zu berücksichtigen, daß wegen des mehr ideologischen Charakters die GG-Verbotsbestimmungen dem entsprechenden DDR-Recht (vgl. Art. 6 Abs. 2 DDRV49) näher stehen als den tatbestandsbezogenen Notstandsartikeln der WRV (vgl. Art. 48) und der Bismarckschen Reichsverfassung (in Verbindung mit Art. 111 der preußischen Verfassung von 1850).[137]
Hinzu kommt, daß es wegen des nun mehr verfassungspatriotisch wieder belebten Antifaschismus nicht mehr ausgeschlossen werden kann, daß die rechtsstaatswidrigen Entnazifizierungsvorschriften, d. h. die Befreiungsvorschriften, denen Art. 139 GG Vorrang vor Rechtsstaat und Demokratie einräumt, im Falle des Falles - wie von der extremen Linken schon des öfteren gefordert - aus der Schublade gezogen werden. Dieses Recht "war eine Form des kalten Bürgerkrieges, die es ermöglicht, weite Teile des deutschen Volkes als politischen Feind zu brandmarken und diese nicht nur aus dem politischen Leben auszuschalten, sondern moralisch und materiell zu vernichten".[138] Art. 139 GG ist zum einen im Lichte des Art. 135 DDRV 49 zu verstehen, welcher der Befreiungsgesetzgebung Vorrang vor dem Grundsatz des Verbotes rückwirkender Strafgesetze und des strafrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes beim Kampf gegen "rechts" (= Nazismus, Faschismus, Militarismus) eingeräumt hat, und zum anderen im Lichte des Art. 24 Abs. 3 DDRV49,welcher die Konfiskation der Betriebe der "Kriegsverbrecher und aktiven Nationalsozialisten" angeordnet hat. Dadurch, daß diese Konfiskationsbestimmung auch auf "private Unternehmungen, die sich in den Dienst einer Kriegspolitik" gestellt hätten (und welches Unternehmen ist nicht in die Kriegswirtschaft einbezogen?) ausgedehnt wurde, konnte eine weitgehende antifaschistische, d. h. staatsterroristische Sozialisierung erreicht werden.
Die ökonomischen Folgen des seinerzeitigen DDR-Rechts wurden mittlerweile durch Art. 143 Abs. 3 GG grundgesetzkonform gemacht, was anzeigt, daß auch unter dem Grundgesetz das Befreiungsrecht wieder mobilisiert werden könnte. Selbst wenn die radikale Mitte davor zurückschrecken dürfte, sich unmittelbar auf Art. 139 GG zu berufen, so markiert diese Vorschrift, deren Geist durch Art. 143 Abs. 3 GG auferweckt wurde, doch, wie weit etwa die verfassungspatriotischen Umgehungstatbestände und die auf StrafJustiz, Disziplinarrecht, Versammlungsrecht, Stiftungsrecht etc. einwirkenden Umfunktionierungen getrieben werden könnten. So wie das sog. Parteienprivileg des Art. 21 Abs. 2 GG durch Verfassungsschutzpolitik unterlaufen wird, so kann der Schutz des Art. 18 GG vor Entbürgerlichung oppositioneller Personen[139] durch "Widerstand" unterlaufen werden.
Die Einfügung eines Widerstandsrechts in das Grundgesetz war bekanntlich der Preis, der bezahlt werden mußte, damit im Wege der Verfassungsänderung die Notstandsbefugnisse der westlichen Militärherrscher beseitigt werden konnten. Der Sache nach knüpfte man an eine entsprechende Regelung des antifaschistischen Verfassungsbogens des Bundeslandes Hessen an. "Was hier staatseduktatorisch angerichtet wurde (etwa in dem Sinne, man dürfe nach eigenem Ermessen den politischen Gegner schlagen, wenn gerade keine einstweilige Anordnung oder keine Polizeidienststelle erreichbar ist), ist in seiner Tragweite noch gar nicht abzusehen."[140] Das mit einer rechtsstaatlichen Ordnung nicht in Einklang zu bringende Widerstandsrecht erlaubt einen neben der Umfunktionierung der Grundrechte in staatliche Kompetenznormen weiteren wesentlichen Mißbrauch der Grundrechte, nämlich ihre Umfunktionierung zur Bürgerkriegswaffe. So wie der terreur des französischen Menschenrechtsregimes mit der Parole eingeleitet wurde, "Keine Freiheit den Feinden der Freiheit", so erlaubt ein nicht mehr durch positive Rechtsnormen vermittelter, d. h. unvermittelt vom Rechtshimmel der Werte herabgeholter Grundrechtsschutz den Übergang zur Privatisierung politischer Verfolgung, oder zumindest die "Legalisierung" des Rechtsbruchs.
Dieser Übergang wird erleichtert durch die bekenntnishafte Einstellung des Grundgesetzes zu den Menschenrechten (s. Art. 1 Abs 2 GG), womit Grundrechte ihrer wesentlichen Funktion, die Bereiche der politischen und der privaten Sphären abzugrenzen, entkleidet, zu einer staatlichen Bekenntnisdoktrin mutieren. Der Übergang zu einem Grundrechtsbekenntnisstaat findet dann bereits mit der Verankerung des Rechts auf Wehrdienstverweigerung im Zusammenhang mit dem Artikel über Glaubens- und Gewissensfreiheit statt.
Mit diesem Kontext wird angedeutet, daß die Berufung auf das (subjektive) Gewissen jemanden berechtigen kann, sich von den aus der objektiven Rechtsordnung sich ergebenden Pflichten zu dispensieren. Während die Subjektivierung bei Art. 4 Abs. 3 GG zumindest insofern rückgängig gemacht ist, als ein Gesetzesvorbehalt die Einrichtung einer diesbezüglichen Gewissenskontrollverwaltung möglich macht, so bedeutet Art. 20 Abs. 4 GG eine Verallgemeinerung subjektiver Willkür, da der Vorbehalt anderweitiger Abhilfemöglichkeit kein objektives Kriterium darstellen kann. Wäre er dies, gäbe es kein Widerstandsrecht, weil einem keine Behörde und kein Gericht eines Rechtsstaates bescheinigen kann, daß diese Abhilfemöglichkeit nicht bestünde. Würde jedoch dieser Mangel anderweitiger Abhilfe bescheinigt, könnte Widerstandsrecht nur bedeuten, daß der Staat Hilfstruppen zur Unterdrückung von Opposition rekrutiert, womit das Widerstandsrecht sich als nichts anderes darstellte, als das Recht des Staatsnotstands.[141] Insofern kann Widerstand nur so funktionieren wie in Art. 4 Abs. 1 DDRV49 geregelt, wonach Widerstand bedeutet, den staatlichen Antifaschismus staatsaffirmativ umzusetzen.
Die hier zum Ausdruck kommenden Ansätze sind in der verfassungspatriotischen Bundesrepublik längst keine bloße Theorie mehr. Durch den Aufruf zur Zivilcourage als Stichwort für staatsaffirmativen Widerstand fühlen sich immer mehr zu rechtswidrigen, wenn nicht gar kriminellen Verhalten ermutigt.[142] Zivilcourage wurde bekanntlich offiziös verkündet, um gegen "Ausländerfeindlichkeit"vorzugehen. Damit wird unterstellt, daß es in Deutschland der Zivilcourage, d. h. des Mutes bedürfe, sich als Ausländerfreund zu offenbaren. Diese Prämisse führt zu der Schlußfolgerung, daß die Deutschen in ihrer Mehrheit ausländerfeindlich seien, womit wieder klar wird, daß sich auch diese Variante des Verfassungspatriotismus letztlich gegen die Deutschen als solche richtet, wenngleich natürlich Gruppen als "Verfassungsfeinde" ausgemacht werden, welche stellvertretend für das ausländerfeindliche Volk als Widerstandsobjekt ausgesucht werden.
Gegen diese Gruppen kann dann mit privaten Terrorvorgegangen werden, wobei eine verfassungspatriotische Prämierung dadurch erfolgt, daß entsprechende Straftaten formal und materiell nachsichtig behandelt werden. Mord wird dann nur noch als Körperverletzung mit Todesfolgen unter zusätzlich strafmildernden Berücksichtigungen geahndet. Sog. autonome, d. h. linkskriminelle Subkulturen, etwa im Zusammenhang der sog. Hausbesetzerszene scheinen offenbar geduldet zu werden, wobei unter den gegebenen Umständen die Frage gestellt werden muß, ob hier Widerstandspotential vorgehalten werden soll. Es ist ja bekannt, daß bei Strafverfahren gegen die Göttinger Autonomen die Strafjustiz unter erheblichen politischen Druck gesetzt wurde und etwa der SPD-Innenminister die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, so lange er konnte, durch Verweigerung der Amthilfe verhindert hat. "In Göttingen selbst neigt ein großer Teil des linksliberalen Establishments, in deren Kreisen nicht wenige der Autonomen zu Hause sind, der Ansicht zu, daß der "Kampf gegen Rechts" generell ein Milderungsgrund für die Bewertung von Straftaten sei".[143] Daneben wird unter Berufung auf Widerstand/Zivilcourage das Recht nicht mehr vollstreckt und werden etwa unter Bezugnahme auf Menschenwürde Ausländer aus der Abschiebehaft genommen. Bei den Tendenzen zur einer offiziösen Staatsreligion fühlen sich auch die Verwalter traditioneller Religion zu staatsfeindlichen Handlungen ermutigt, wie etwa zur Gewährung rechtswidrigen Kirchenasyls.[144]
Zusammengefaßt ergibt dies die Feststellung, daß sich der Verfassungspatriotismus insofern auf das Grundgesetz berufen kann, als er zum einen das Grundgesetz entgegen der ursprünglichen Intention zum Selbstzweck erklärt und dabei zum anderen die Notstandsvorschriften mehr ideologischer Art, welche nur als Übergangslösung aus demokratieedukatorischen Gründen zu akzeptieren sind, zu perpetuieren versucht.
Die Perpetuierung von Notstandsvorschriften als politische Krankheit dieses Jahrhunderts ist auch in der grundgesetzlichen Variante dazu angetan, die Grundsätze zu unterminieren und abzuschaffen, zu deren Erhalt sich Notstandsmaßnahmen, einschließlich der Diktatur als Übergangslösung, aber auch nur insofern, rechtfertigen ließen.
Der Verfassungspatriotismus ist der Geist der Perpetuierung dieser Übergangsbestimmungen und deren Zusammenfassung zu einer Ideologie, die sogar die Ewigkeitsgarantie des Art. 79 Abs. 3 GG für sich begehrt.[145] In der extremistischen Aufwertung der verfassungsrechtlichen Mindestgarantie der Menschenwürde und der Verewigung des Widerstandsrechts kann der Verfassungspatriotismus sein Abstraktionen so weit treiben, daß der Deutsche als solcher zum Verfassungsfeind, das Grundgesetz zu einer zu überwindenden völkischen Verfassung und die Bundesrepublik Deutschland als verfassungsfeindliches Gebilde erscheint.
Die europäische Abschaffung der Bundesrepublik, welcher gegebenenfalls durch Widerstand nachgeholfen wer den könnte, erscheint dem Verfassungspatriotismus andererseits nicht als Widerlegung des verfassungspatriotisch interpretierten Grundgesetzes, sondern als dessen Vollendung. Demokratisch ist dies alles jedoch nicht.
SCHUTZ VOR DEM VERFASSUNGSPATRIOTISMUS
Da nicht vorausgesetzt werden kann, daß in Kürze die Grundsätze der freiheitlich-demokratischen Grundordnung dadurch zur Vollendung geführt werden, daß die beschriebenen freiheitsbeschränkenden Vorschriften des Grundgesetzes aufgehoben werden[146], was auch dadurch geschehen könnte, daß die Weimarer Reichsverfassung wieder in Kraft gesetzt wird[147], muß dafür gesorgt werden, daß das deutsche Volk vor dem Verfassungspatriotismus, welcher auf den (erklärbaren) Unvollkommenheiten des Grundgesetzes und der Abstrahierung derselben zu einer das Prinzip der Volkssouveränität ablösenden Verfassungsideologie basiert und auf der Verkennung des Übergangscharakters des Grundgesetzes gestützt ist, geschützt wird. Weil die radikalste Zuspitzung des Verfassungspatriotismus im Versuch der Begründung einer offiziösen Staatsreligion zu sehen ist, muß hier die Hauptarbeit liegen. Dies ist bei der vagabundierenden Religiösität, mit der man hierbei konfrontiert wird, mit Schwierigkeiten verbunden, aber doch lösbar.
Aufzugreifen ist zunächst die Forderung, den Volksverhetzungsparagraphen so umzuändern, daß alle Amtsträger bestraft werden, die gegen das deutsche Volk hetzen, indem sie dieses zur Schamträgerschaft herabwürdigen und zum staatlichen Objekt der Holocausthaftungsgemeinschaft degradieren.[148] Damit Holocaustgedenkstätten und Gedenktage nicht zur Gelegenheit einer staatlich propagierten "Singularität", welche nur metaphysisch, d. h. religiös verstanden werden kann, mißbraucht werden, ist gesetzlich sicherzustellen, daß so viele Gedenktage und Gedenkstätten für deutsche Opfer - Opfer des völkerrechtswidrigen alliierten Bombenterrors, des Terrors der Vertreibungsverbrechen und des alliierten Befreiungsterrors - aufgestellt werden wie für Holocaustopfer, wobei man aber den Begriff des "holoraust" wegen des dabei involvierten religiösen Bekenntnisses offiziell nicht mehr verwenden sollte.[149] Selbstverständlich muß auch den deutschen Opfern des NS-Regimes und des Mauerregimes gedacht werden. Wegen der Bewunderung der 68er Kulturrevolutionäre, heute meist linksgrüne Verfassungspatrioten, für das maoistisch-nationalsozialistische Umerziehungsregime Chinas sollte generell den Opfern der Sozialismen gedacht werden.
Letztlich ist auch das Gedenken der jüdischen Opfer nur glaubwürdig, wenn vorher die Fähigkeit entwickelt wurde, der deutschen Opfer ohne Aufrechnungsabsicht (diese besteht ohnehin nur bei denen, die von "Ursache und Folgen" reden) gedenken zu können. Ohne diese Fähigkeit wird Holocaustgedenken zur Ausübung eines ideologiepolitschen Machtkultes zum Zwecke der (partei-)politischen Einschüchterung der Deutschen. Es müßte das Pietätsgefühl zutiefst verletzten, jüdische Opfer derart partei- und machtpolitisch zu instrumentalisieren. Vor diesem Vergehen am Prinzip der Menschenwürde schrecken jedoch Verfassungspatrioten offensichtlich nicht zurück, was deren radikale und extremistische Haltung kennzeichnet.
Ansonsten ist den Umgehungsversuchen des Verfassungspatriotismus entschieden entgegenzutreten. Als verfassungspatriotische Umgehung der demokratietheoretisch ohnehin fragwürdigen bundesdeutschen Sonderwegsbestimmungen von Art. 18 und 21 GG müßten die öffentlich-rechtlichen Verrufserklärungen verboten werden.
Sollte man die Existenz von Verfassungsschutzbehörden als ideologische Einrichtungen aufgrund der mangelnden Demokratiefähigkeit der Deutschen[150] weiterhin für erforderlich halten, dann muß daraufbestanden werden, daß entsprechende Berichte tatbestandsmäßig, d. h. insbesondere unter Verzicht auf den rechtlich irrelevanten Begriff des Extremismus und Radikalismus abgefaßt werden, zumal der "Radikalenerlaß" gerade als Menschenrechtsverstoß geoutet wurde.
Die tatbestandsmäßige Abfassung der Berichte (z. B. "Kampf gegen das Prinzip der Volkssouveränitätaals Kapitelüberschrift) zwingt zu einer Ermittlung ohne Ansehen der Person, d. h. der Parteien.
Stellen Verfassungsschutzbehörden verfassungsrechtlich bedenkliches Verhalten von Parteien oder deren Mitgliedern fest, so ist - wie im Rechtsstaat so üblich - der entsprechenden Partei Gelegenheit zu Äußerung zu geben, wobei diese Äußerungen in den Berichten direkt oder zumindest dar stellend zu veröffentlichen sind, hält die Verfassungsschutzbehörde die Bedenken durch eine Stellungnahme nicht für ausgeräumt. Der mündige Bürger kann sich dann selbst ein Bild machen, ob er die Feststellungen der Behörden durch die Stellungnahme der entsprechenden Partei als widerlegt oder bestätigt ansieht.
Selbst einem Straftäter wird in einem fairen Verfahren Gelegenheit zur Äußerung gegeben, so daß überhaupt nicht nachvollziehbar ist, warum derartige rechtsstaatliche Minimalia bei legalen Parteien nicht gelten sollten. Die Beachtung des Anhörungsgrundsatzes ist hier schon deshalb geboten, damit den Demokratiebehörden nicht selbst verfassungsfeindliche Verletzung des Gesetzmäßigkeitsprinzips und die Beeinträchtigung der Chancengleichheit von Opposition vorgeworfen werden kann.
Selbstverständlich setzt ein rechtsstaatliches Verfahren in diesem Bereich voraus, daß auf ideologische Festlegungen, die zwar im politischen Meinungskampf legitim sind, aber im rechtsstaatlichen Verwaltungsvollzug nichts zu suchen haben, wie etwa die vorurteilsbehaftete Kennzeichnung als "demokratische" - und daher eo ipso makellose - Partei, um die sich ein Verfassungsschutz erst gar nicht kümmern darf, verzichtet wird.
Die eine rechtsstaatskonforme Gliederung eines Verfassungsschutzberichtes aussehen könnte, sei im folgenden dargestellt, wobei gleichzeitig eine zusammenfassende Darlegung der hier gewonnenen Erkenntnisse über der Verfassungspatriotismus vorgenommen wird.[151] Trotzdem sei darauf hingewiesen, daß hier nur ein Prüfungsschema vorliegt, welches nicht in jedem Falle zu einer Bejahung führen muß. Auch liegt nicht jede Kategorie bei allen Verfassungspatrioten vor. Trotzdem ergeben sich hieraus erhebliche Verdachtsgründe für verfassungsfeindliche Bestrebungen.
Angesprochene Parteien, Gruppierungen und politische Denkschulen bleiben aufgefordert, sich davon zu distanzieren.
BEISPIEL EINER DEM GESETZMÄSSIGKEITSPRINZIP ENTSPRECHENDEN GLIEDERUNG EINES VERFASSUNGSSCHUTZBERICHTES
Feststellung der Verfassungsfeindlichkeit des Verfassungspatriotismus
A. VERACHTUNG FÜR DIE IM GRUNDGESETZ KONKRETISIERTEN MENSCHENRECHTE
1. Kampf gegen den Grundsatz der Menschenwürde
a) Herabwürdigung von Deutschen zum bloßen Objekt staatlicher Haftungszurechnung und Schamträgerschaft
b) Verharmlosung historischer Massenverbrechen (Bombenleger-, Vertreibungs- und Befreiungsverbrechen)
c) ideolgische Ausgrenzung von Menschengruppen (entmenschlichende Bezeichnung als "braune Pest", "Nazibestien" und Gleichsetzung mit Seuche wie Aidsgefahr ("gib rechts keine Chance"))
d) Propagierung von Möglichkeiten legaler Menschenvernichtung ("liberales "Abtreibungs- und Euthanasierecht, Entkriminalisierung antifaschistischen Widerstandes)
e) Verneinung der Mündigkeit und Erkenntnisfähigkeit des Menschen (staatliche Frage- und Forschungsverbote, zensierendes Vorenthalten von Kunstwerken einer bestimmten Epoche)
f) staatliche geförderte Selbstvergöttlichungstendenzen (Multikulturalismus, Kriminalisierung staatlich angeordneter "Offenkundigkeit")
g) Mißachtung der Religionsfreiheit (staatliche Manipulation mit Erlösungsbedürftigkeit und Kriminalisierung religiöser, u. a. multikultureller Heilszeichen wie Swastika)
h)Verhöhnung des Pietätsgefühls durch Instrumentalisierung politischer Opfer im parteipolitischen Machtkampf (z. B. Holocaustkeule) zum Zwecke der Diffamierung politischer Opposition
i) Herabwürdigung deutscher Parteimitglieder zu einem bloßen Objekt eines Verwaltungsverfahrens (amtliche Verrufserklärung in Verfassungsschutzberichten ohne Gewährung eines Anhörungsrechts)
2. Kampf gegen den Gleichheitsgrundsatz
a) Propagierung von "umgekehrten" Rassismus (Kollektivschuldthesen letztlich zu Lasten "arischer" Deutscher)
b)Ideologische Unterscheidung nach Ehrenschutzträgern und Menschenwürdeberechtigten
c) Bestreiten der deutschen Daseinsberechtigung (Bildung krimineller Vereinigungen zur Propagierung von: "Deutsche raus aus Deutschland", Bestreiten des Rückkehrrechts von Deutschen nach (Ost-) Deutschland)
d) Schaffung deutschendiskriminierender Rechtsvorschriften ("Ausländer raus"= strafbar, "Deutsche raus" = straflos oder vielmehr sogar bundesverdienstkreuzwürdig)
e) Eintreten für die Identität ethnischer Minderheiten bei Ablehnung dieses Prinzips für die Mehrheit
B. KAMPF GEGEN DAS PRINZIP DER VOLKSSOUVERÄNITÄT
1 Propagierung nichtdemokratischer Herrschaftsideologien
a) Ersetzung der Volkssouveränität durch "Verfassungssouveränität" (Verfassungspatriotismus)
b) Volkssouveränitätsunterminierende Legitimationsstrategien - Vergangenheitsbewältigung als Grundlage deutscher Staatlichkeit - staatslegitimierende Förderung quasireligiöser Dogmen ("Offenkundigkeit", "Singularität") - sonstige Geschichtstheologeme (Weltkriegsursachenfestlegung)
2. Kampf gegen den demokratischen Nationalstaat
a) Propagierung zwingender "Einbindungs-" und Beherrschungsverhältnisse ("Westbindung")
b) Unterordnung unter europäisches Kollektiv (Europakollektivismus)
c) Beschränkung des Selbstbestimmungsrechts durch "Irreversibilitäten" (Austrittsverbot aus Europa)
3. Kampf gegen das Subjekt der Volksherrschaft
a) Propagierung politischer Fremdbestimmung (Ausländerwahlrecht, bewußt mißbrauchte Doppelstaatsangehörigkeit)
b) Propagierung von Masseneinwanderung ohne Germanisierung
c) Multikulturalisierung (Schaffung künftiger Interventionskapazität)
d) Kampf gegen die nationale Identität (sich selbst bewußter Volkswille) - Unterminierung der deutschen Staatskonstruktion (= BRD rechtlich identisch mit Deutschen Reich) - Hetze gegen das nationalstaatlich legitimierte Berlin als Bundeshauptstadt - Geringschätzung/Verächtlichmachung nationaler Symbole ("Einpacken" des Reichstages) - Ausländeridolatrie (Propagierung der Ausländereigenschaft des "guten Deutschen") - Kriminalisierung der deutschen Geschichte - europäische Substitution des Deutschtums ("überzeugte Europäer")
e) Förderung nationalstaatlicher Auflösungstendenzen - Propagierung von "Weltinnenpolitik" - Asozialisierungsstrategie (Individuum wird unvermittelt in Relation zur politisch nicht konstituierten Menschheit gesetzt)
4. Kampf gegen das Selbstbestimmungsrecht
a) Bekämpfung der Wiedervereinigung
b) Förderung von Separatismus (Europaregionalismus)
c) Propagierung bedingungsloser Gebietsabtretungen
d) Kampf gegen das Prinzip der Völkerverständigung (was die Existenz von Völkern veraussetzt)
5. Unzulässige Mediatisierung des deutschen Volkes
a) Propagierung eines rigiden Listenwahlprinzips
b) Eintreten für rätedemokratischen Parteientyp des Delegiertensystems mit staatlicher Subventionierung c) Monopolisierung der politischen Meinungsbildung in den Leitmedien durch Parteien des in
b) genannten Typs (Parteienrundfunk)
d) Förderung oligarchischer Herrschaftsstrukturen (Entmachtung des freien Volksvertreters durch Partei des in b) genannten Typs)
e) Machtzentralisation durch Europäisierung der Parteien des in b) genannten Typs
C. KAMPF GEGEN DAS GEWALTENTEILUNGSPRINZIP
1. Propagierung extremer Parteienstaatskonzepte
a) Abhängigmachung des Abgeordneten vom Parteichef
b) Praktizierung des imperativen Mandats
c) gesetzlicher Auftrag an Parteien zur Volkserziehung
2. Parteipolitisierung des Berufsbeamtentums (Patronagesystem)
3. Aneignung von der Gerichtsbarkeit zugewiesener Kompetenzen durch Exekutive - Umgehung von Parteiverbotsverfahren durch exekutiven Verfassungsschutzpatriotismus
4. Parteipolitisierung der Richterbesetzung
5. Infiltration der parlamentarischen Opposition durch Verfassungsschutzmitarbeiter
D. KAMPF GEGEN DAS PRINZIP DER VERANTWORTLICHKEIT DER REGIERUNG
1. Schaffung regierungsunabhängiger, d. h. unverantwortlicher öffentlicher Institutionen zur unkontrollierten Machtausübung (öffentlich-rechtliches Rundfunksystem)
2. "Demokratisierung" öffentlicher Bereiche zum Zwecke unsachgemäßer (Partei-)Politisierung
3. Übertragung staatlicher Machtbefugnisse auf quasistaatliche private Organisationen (Abtretung der Richtlinienkompetenz an Koalitionsausschüsse)
E. KAMPF GEGEN DAS GESETZMÄßIGKEITSPRINZIP
1. Hinwegsetzen über gesetzliche Tatbestände zum Zwecke politischer Diskriminierung
a) Abfassung ideologieorientierter "Verfassungsschutzberichte"
b) Ideologisierung unbestimmter Rechtsbegriffe im Versammlungs-, Polizei und Stiftungsrecht etc.
2. Bewußtes oder grob fahrlässiges Verkennen der Rechtslage im Verwaltungsvollzug
a) ideologisch motivierte gleichheitswidrige Behandlung - Verweigerung öffentlicher Einrichtungen für Opposition
b) staatliche Hinnahme rechtswidriger bis krimineller Zivilcourage
3. Propagierung von Willkürherrschaft
a) Forderung, der Versammlung mißliebiger Opposition Polizeischutz zu verweigern
b) Forderung nach Aberkennung politischer Rechte wegen Verurteilung nach ideologischen Straftatbeständen
c) ideologisch motivierte Strafverschärfung bei ideologiefreien Delikten (z. B. Unterstellung von Ausländerfeindlichkeit)
d) staatliche Duldung terroristischer Subkulturen
4. Umfunktionierung von Grundrechten in staatliche Kompetenznormen (Grundrechte als Repressionsinstrument)
a) rechtlich gesichertes Meinungsprivileg des Parteienrundfunks als Mittel permanenter Propaganda (bei Schutzlosigkeit rechter Opposition aufgrund abgeschafften Ehrenschutzes)
b) regierungsamtlicher Mißbrauch des Demonstrationsrechts als Kompetenz der Regierung gegen das eigene Volk (wegen "Ausländerfeindlichkeit") zu demonstrieren (geistige Vorbereitung auf staatlichen Demonstrationszwang)
c) Mißbrauch zivilrechtlicher Befugnisse des Staates zur Umgehung öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen (Ausnutzung staatlicher Nachfragemacht bei Ausschreibungen zur Verhinderung der Finanzierung von Opposition)
d) unvermittelte Umsetzung auslegungsbedürftiger Grundrechte (wie Menschenwürde) in Strafnormen und zur Ausfüllung polizeilicher Generalklauseln zum Zwecke der Diskussionsverhinderung/Tabuisierung politischer Themen (Anlehnung an Art. 6 Abs. 2 DDRV 49)
e) Gebrauch vagabundierender Religiösität (Religionsfreiheit) zum Zwecke der Ideologisierung von Gesetzesbestimmungen, insbs. von Strafrecht und Begründung einer Staatsideologie (Liberalfundamentalismus)
f) Eingriff in die politische Meinungsbildung durch ideologiepolitische "Aufklärung" in VS-Berichten
5. Umfunktionierung von Grundrechten zu Widerstandsparolen
a) behördliche Gesetzesemanzipation auf der Grundlage des Menschenwürdeextremismus
b) Duldung massiven Gesetzesbruches unter Berufung auf Menschenrechte (Kirchenasyl)
c) strafgerichtliche Privilegierung antifaschistischen Widerstandes
d) zivilrechtliche Vertragsverletzungen unter Inanspruchnahme von Grundrechten (Kündigung des Arbeitsvertages wegen Ausländerfeindlichkeit; Kündigung eines Mietvertrages wegen Rechtsradikalismus etc.)
6. Verherrlichung historischer Willkürherrschaften
a) Errichtung von völkerrechts- und verfassungswidrigen Besatzungsherrschaften als "Befreiung"
b) Rechtfertigung der größten Vertreibung der Weltgeschichte unter Hinweis auf(angebliche) "Ursache und Folgen"
c) Glorifizierung des maoistisch/nationalsozialistischen Umerziehungsregimes (68er "Kulturrevolution") d) Verharmlosung des antifaschistischen Mauerbauerregimes
F. KAMPF GEGEN DIE UNABHÄNGIGKEIT DER JUSTIZ
1. Massive und koordinierte Richterschelte
2. Öffentliche Vorverurteilungen, mit dem politischen Ziel, Strafermittlungen in eine ideologisch bestimmte Richtung zu drängen.
3. Politische Ideologisierung von Straftaten zum Zwecke der Erhöhung des Strafmaßes
4. Verweigerung der Amtshilfe für Justizbehörden aufgrund exekutiven Verfassungspatriotismus/Antifaschismus
G. KAMPF GEGEN DAS MEHRPARTEIENSYSTEM
1. Förderung blockparteilicher Tendenzen
a) Wahlabsprachen zwischen "Demokraten" zum Zwecke der Tabuisierung von politischen Themen
b) Koordinierte Meinungssteuerung im parteipolitisch beherrschten Rundfunksystem durch "Sprachregelungen"
2. Kartellisierung etablierter Parteien
a) durch Ausgrenzung von Opposition nach ideologischen Gesichtspunkten ("demokratische" gegen andere Parteien)
b) Personalabsprachen etablierter Parteien auf Gegenseitigkeit
c) finanzielle und wirtschaftliche Verflechtungen angeblich gegnerischer Parteien
H. BEEINTRÄCHTIGUNG DER CHANCENGLEICHHEIT DERPARTEIEN EINSCHLIESSLICH DER FREIEN BILDUNG VON OPPOSITION
1. Beeinträchtigung durch rechtswidriges Behörden handeln
2. Staatliche Fremdsteuerung politischer Opposition
a) Verfassungsschutzinfiltration
b) Provokationsstrategien
c) Nötigung öffentlich bediensteter Mitglieder zur "Opposition" in der Opposition
d) Ideologiepolitische Diskriminierung bei staatlicher Öffentlichkeitsarbeit
3. Praktizierung krimineller "Zivilcourage" gegen Opposition
a) Verhinderung von Versammlungen, Parteitagen, Wahlveranstaltungen durch massive Gegendemonstrationen
b) antifaschistische Straftaten zur Ausschaltung politischer Opposition
c) "Privatisierung" politischer Verfolgung durch (faktische) Entkriminalisierung antifaschistisches Widerstandes - Einschüchterung von Kiosk-Besitzern, welche Oppositionspresse anbieten (Bückdemokratie)
4. Schaffung ideologisch orientierten Strafrechts
a) diskriminierende Zeichen- und Körpersprache (Straffreiheit der Sozialistenfaust und der Stalin- und Mauerbauerfahne)
b) vorbeugendes Vorgehen gegen Versammlungen, Demonstrationen der Opposition aufgrund derartiger Symbolgesetzgebung
5. Verhinderung von Strafverfahren gegen politisch motivierte Straftäter, die gegen Oppositionelle kriminell vor gingen.
Anmerkungen
Anlage 1
Spiegelung des westdeutschen Verfassungspatriotismus im Verfassungsrecht der DDR (Hervorhebungen hinzugefügt)
1) DDR-Verfiassung vom 6.4.1968 in nationalstaatsbezogener Version Getragen von der Verantwortung, der ganzen deutschen Nation den Weg in eine Zukunft des Friedens und der Sozialismus zu weisen, in Ansehung, der geschichtlichen Tatsache, daß der Imperialismus unter Führung der USA im Einvernehmen mit Kreisen des westdeutschen Monopolkapitals Deutschland gespalten hat, um Westdeutschland zu einer Basis des Imperialismus und Kampfes gegen den Sozialismus aufzubauen, was den Lebensinteressen der Nation widerspricht, hat sich das Volk der Deutschen Demokratischen Republik, fest gegründet auf den Errungenschaften der antifaschistisch-demokratischen und der sozialistischen Umwälzung der gesellschaftlichen Ordnung, einig in seinen werktätigen Klassen und Schichten das Werk der Verfassung vom 7. Oktober 1949 in ihrem Geiste weiterführend, und von dem Willen erfüllt den Weg des Friedens, der sozialen Gerech6gkeit, der Demokratie, des Sozialismus und der Völkerfreundschaft in freier Entscheidung unbeirrt weiterzugeben, diese sozialistische Verfassung gegeben.
Art. 1 (Sozialistischer Staat deutscher Nation) Die Deutsche Demokratische Republik ist ein sozialistischer Staat deutscher Nation. Sie ist die politische Organisation der Werktätigen in Stadt und Land, die gemeinsam unter Führung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistschen Partei den Sozialismus verwirklichen.
Art. 3 (Nationale Front)(1) Das Bündnis aller Kräfte des Volkes findet in der Nationalen Front des demokratischen Deutschland seinen organisierten Ausruck.
(2) In der Nationalen Front des demokratischen Deutschland vereinigen die Parteien und Massenorganisationen alle Kräfte des Volkes zum gemeinsamen Handeln für die Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft...
Art. 6 (Sozialistischer Internationalismus) (1) Die Deutsche Demokratische Republik hat getreu den Interessen des deutschen Volkes und der internationalen Verpflichtung aller Deutschen auf ihrem Gebiet den deutschen Militarismus und Nazismus ausgerottet und betreibt eine dem Frieden und dem Sozialismus, der Völkerverständigung und der Sicherheit diesende Außenpolitik.
(2) Die Deutsche Demokratische Republik pflegt und entwickelt entsprechend den Prinzipien des sozialistischen Internationalismus die allseitige Zusammenarbeit und Freundschaft mit der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und den anderen sozialistischen Staaten.
2)DDR-Verfassung von 1968 in der verfassungspatriotischen (=internationalistischen und separabstischen) Version vom 710.1974 In Fortsetzung der rovolutionären Traditionen der deutschen Arbeiterklasse und gestützt auf die Befreiung vom Faschismus hat das Volk der Deutschen Demokratischen Republik in Übereinstimmung mit den Prozessen der geschichtlichen Entwicklung unserer Epoche sein Recht auf sozial-ökonomische, staatliche und na60nale Selbstbestimmung verwirklicht und gestaltet die entwickelte sozialis6sche Gesellschaft. Erfüllt von dem Willen, seine Geschichte frei zu bes6mmen, unbeirrt auch weiter den Weg des Sozialismus und Kommunismus, des Friedens, der Demokratie und Völkerfreundschaft zu gehen, hat sich das Volk der Deutschen Demokratischen Republik diese sozialistischen Verfassung gegeben.
Art. 1 (Sozialistischer Staat, Hauptstadt, Flagge, Wappen) Die Deutsche Demokratische Republik ist ein sozialistischer Staat der Arbeiter und Bauern. Sie ist die politische Organisation der Werktätigen in Stadt und Land unter Führung der Arbeiterklasse und ihrer marzistisch-leninistischen Partei.
Art. 3 (Nationale Front) (1) Das Bündnis der Kräfte des Volkes findet in der Nationalen Front der Deutschen Demokratischen Republik seinen organisierten Ausruck.
(2) In der Nationalen Front der Deutschen Demokratischen Republik vereinigen die Parteien und Massenorganisa60nen alle Kräfte des Volkes zum gemeinsamen Handeln für die Entwicklung der sozialis6schen Gesellschaft. Dadurch verwirklichen sie das Zusammenleben aller Bürger in der sozialis6schen Gemeinschaft nach dem Grundsatz, daß jeder Verantwortung für das Ganze trägt.
Art. 6 (Sozialistischer Internationalismus, unwiderrufliche Bindung an die UdSSR) (1) Die Deutsche Demokratische Republik hat getreu den Interessen des Volkes und den internationalen Verpflichtungen auf ihrem Gebiet den deutschen Militarismus und Nazismus ausgerottet. Sie betreibt eine dem Sozialismus und dem Frieden, der Völkerverständigung und der Sicherheit dienende Außenpolitik.
(2) Die Deutsche Demokratische Republik ist für immer und unwiderruflich mit der Union der Sozialistischen Sowjetrepublik verbündet. Das enge und brüderliche Bündnis mit ihr garantiert dem Volk der Deutschen Demokratischen Republik das weitere Voranschreiten auf dem Wege des Sozialismus und des Friedens.
Die Deutsche Demokratische Republik ist untrennbarer Bestandteil der sozialistischen Staatengemeinschaft. Sie trägt getreu den Prinzipien des sozialistischen Internationalismus zu ihrer Stärkung bei pflegt und entwickelt die Freundschaft, die allseitige Zusammenarbeit und den gegenseitigen Bestand mit allen Staaten der sozialistischen Gemeinschaft.
Anlage 2
Notstandsbestimmungen der deutschen Verfassungsgeschichte - Regelungen des rechtsstaatlichen Typus
1)Verfassung des Deutschen Reichs vom 16. 4.1871 (Art. 68) nebst Verfassungsurkunde für den Preußischen Staat vom 31.1.1850
Art. 68 (Erklärung des Kriegszustandes) Der Kaiser kann, wenn die öffentliche Sicherheit in dem Bundesgebiet bedroht ist, einen jeden Teil desselben in Kriegszustand erklären. Bis zum Erlaß eines die Voraussetzungen, die Form der Verkündigung und die Wirkungen einer solchen Erklärung regelnden Reichsgesetzes gelten dafür die Vorschriften des Preußischen Gesetzes vom 4.Juni 1851 (Gesetz-Samml. für 1851 S. 451 ff.)
Art. 30. Alle Preußen haben das Recht, sich zu solchen Zwecken, welche den Strafgesetzen nicht zuwiderlaufen, in Gesellschaften zu vereinigen.
Das Gesetz regelt, insbesondere zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit, die Ausübung des in diesem und in dem vorstehenden Artikel (29.) gewährleisteten Rechts.
Politische Vereine können Beschränkungen und vorübergehenden Verboten im Wege der Gesetzgebung unterworfen werden.
Art. 111. Für den Fall eines Krieges oder Aufruhrs können bei dringender Gefahr für die öffentliche Sicherheit die Artikel 5, 6, 7, 27,28,29, 309 und 36 der Verfassungs-Urkunde* zeit- und distriktsweise außer Kraft gesetzt werden. Das Nähere bestimmt das Gesetz.
*(persön. Freiheit, Unverletzlichkeit der Wohnung, Ausnahmegerichte, Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit und Unterdrückung von Unruhen)
2)Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. 8.1919 Art. 48 (Maßnahmen bei Störung von Sicherheit und Ordnung)
Der Reichspräsident kann, wenn im Deutschen Reich die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich gestört oder gefährdet wird, die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nötigen Maßnahmen treffen, erforderlichenfalls mit Hilfe der bewaffneten Macht einschreiten. Zu diesem Zwecke darf er vorübergehend die in den Artikeln 114,115,117,118,123,124 und 153 festgesetzten Grundrechte* ganz oder zum Teil außer Kraft setzen.
Von allen gemäß Abs. 1 oder Abs. 2 dieses Artikels getroffenen Maßnahmen hat der Reichspräsident unverzüglich dem Reichstag Kenntnis zu geben. Die Maßnahmen sind auf Verlangen des Reichstages außer Kraft zu setzen
Bei Gefahr im Verzuge kann die Landesregierung für ihr Gebiet einstweilige Maßnahmen der in Abs. 2 bezeichneten Art treffen. Die Maßnahmen sind auf Verlangen des Reichspräsidenten oder des Reichstags außer Kraft zu setzen.
Das Nähere bestimmt ein Reichsgesetz.
*(Freiheit der Person, Unverletzlichkeit der Wohnung, Briefgeheimnis, Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Vereinigungsfreiheit und Eigentum)
Anlage 3
Deutsche Notstandsbestimmungen - Regelungen des (mehr) ideologischen Typus
1)Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. 5.1949 Art. 9 (Vereinigungen)
(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.
Art. 18 (Verwirkung von Grundrechten) Wer die Freiheit der Meinungsäußerung, insbesondere die Pressefreiheit (Artikel 5 Absatz 1), die Lehrfreiheit (Artikel 5 Absatz 3), die Versammlungsfreiheit (Artikel 8), die Vereinigungsfreiheit (Artikel 9), das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Artikel 10), das Eigentum (Artikel 14) oder das Asylrecht (Artikel 16 a) zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung mißbraucht, verwirkt diese Grundrechte. Die Verwirkung und ihr Ausmaß werden durch das Bundesverfassungsgericht ausgesprochen. Art. 20 (Demokratischer Bundesstaat)
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist. Art. 21 (Parteien) (2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig. Über die Frage der Verfassungswidrigkeit entscheidet das Bundesverfassungsgericht.
Art. 26 (Kein Angriffskrieg) (1) Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.
Art. 73 (Gegenstände der ausschließlichen Gesetzgebung) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über:
10. die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder b) zum Schutze der freiheitlich demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes (Verfassungsschutz)
Art. 79 (Änderung des Grundgesetzes)
(3) Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze* berührt werden, ist unzulässig.
* Menschenwürde, Menschenrechtsbekenntnis, Demokratieprinzip/Volkssouveränität, Gewaltenteilungsprinzip, (Widerstandsrecht?))
Art. 87 (Gegenstände der bundeseigenen Verwaltung)
Durch Bundesgesetz können...Zentralstellen...zur Sammlung von Unterlagen für Zwecke des Verfassungsschutzes ... eingerichtet werden. Art. 139 (Entnazifizierungsgesetz) Die zur "Befreiung des deutschen Volkes von Nationalsozialismus und Militarismus" erlassenen Rechtsvorschriften werden von den Bestimmungen dieses Grundgesetzes nicht berührt.
Art. 143 (Abweichungen vom Grundgesetz)
(3) Unabhängig von Absatz 1 und 2 haben Artikel 41 des Einigungsvertrages und Regelungen zu seiner Durchführung auch insoweit Bestand als sie vorsehen, daß Eingriffe in das Eigentum auf dem in Artikel 3 dieses Vertrages genannten Gebiet nicht mehr rückgängig gemacht werden.
2)Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik vom 710.1949 Art. 4 (Verfassungsmäßigkeit staatlicher Maßnahmen) (1)...
Gegen Maßnahmen, die den Beschlüssen der Volksvertretung widersprechen, hat jedermann das Recht und die Pflicht zum Widerstand. (2) Jeder Bürger ist verpflichtet, im Sinne der Verfassung zu handeln und sie gegen ihre Feinde zu verteidigen.
Art. 6 (Gleichheitsgrundsatz, Boykotthetze)
(2) Boykotthetze gegen demokratische Einrichtungen und Organisationen, Mordhetze gegen demokratische Politiker, Bekundung von Glaubens-, Rassen-, Völkerhaß, militaristische Propaganda sowie Kriegshetze und alle sonstigen Handlungen, die sich gegen die Gleichberechtigung richten, sind Verbrechen im Sinne des Stafgesetzbuches. Ausübung demokratischer Rechte im Sinne der Verfassung ist keine Boykotthetze.
(3) Wer wegen Begehung dieser Verbrechen bestraft ist, kann weder im öffentlichen Dienst noch in leitenden Stellen im wirtschaftlichen und kulturellen Leben tätig sein. Er verliert das Recht, zu wählen und gewählt zu werden.
Art. 13 (Wahlvorschläge von Vereinigungen)
(2) Wahlvorschläge für die Volkskammer dürfen nur die Vereinigungen aufstellen, die nach ihrer Satzung die demokratische Gestaltung des staatlichen und gesellschaftlichen Lebens der gesamten Republik erstreben und deren Organisation das ganze Staatsgebiet umfaßt.
Art. 24 (Entschädigungslose Enteignung, Bodenreform)
(3) Die Betriebe der Kriegsverbrecher und aktiven Nationalsozialisten sind enteignet und gehen in Volkseigentum über. Das gleiche gilt für private Unternehmungen, die sich in den Dienst einer Kriegspolitik stellen.
Art. 53 (Wahlvorschläge) (l)Wahlvorschläge zur Volkskammer können nur von solchen Vereinigungen eingerichtet werden, die den Voraussetzungen des Artikels 13 Abs. 2 entsprechen.
(2) Näheres wird durch ein Gesetz der Republik bestimmt. Art. 135 (nulla poena sine lege)
(3) Ausgenommen* sind Maßnahmen und die Anwendung von Bestimmungen, die zur Überwindung des Nazismus, des Faschismus und des Militarismus getroffen werden oder die zur Ahndung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit notwendig sind.
* (vom strafrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz und vom Verbot rückwirkender Strafgesetze)