JOSEF SCHÜSSLBURNER / FREIHEIT STATT BEFREIUNG
Freiheit ist immer die Freiheit des anders Denkenden
(Rosa Luxemburg)
Sigmund Freud hat einmal bemerkt, daß die Menschen häufig gerade die Werte hochhalten, die sie am wenigsten haben, bzw. mit denen sie sich am schwersten tun.
Dieser Grundsatz muß schon deshalb zutreffend sein, da die amtliche Ideologiekontrolle der Bundesrepublik das "Bekenntnis zum Grundgesetz", d. h. das Hochhalten von Werten der freiheitlich-demokratischen Grundordnung bei als "rechtsextrem" ausgemachten Gruppierungen als Beleg für verfassungsfeindliche Einstellung nimmt; denn offensichtlich haben diese politischen Gruppierungen bei derartigen Bekenntnissen etwas zu verbergen, so daß es sich nur um Lippenbekenntnisse handeln könne. In der Tat wäre es überzeugender, wenn diese Gruppierungen, wie seinerzeit die Deutsche Partei, offen zum Ausdruck brächten, was ihnen am durchaus kritikbedürftigen Grundgesetz mißfällt. Weil dies die DP getan hat, konnten Mitglieder dieser Partei trotz ihrer Ablehnung des Grundgesetzes (was durchaus, wie eben diese Partei zeigt, mit dem Eintreten für die freiheitlich-demokratische Grundordnung verbunden sein kann) in der Bundesregierung vertreten sein, während sich die zum Grundgesetz bekennenden REP in Verfassungsschutzberichten wiederfinden.
VEREHRUNG VON WERTEN
Überzeugend kann zumindest nachgewiesen werden, daß Personen und politische Gruppierungen, die den "herrschaftsfreien Dialog" propagieren, in Wirklichkeit für die Gedankenpolizei eintreten. Die Existenz von Ideologieüberwachungsblättern, wie der Blick nach rechts, kann nämlich nicht anders als mit dem Wunsch nach Gedankenkontrolle erklärt werden.
Diese Art von Magazinen zeichnet sich wirklich nicht dadurch aus, daß sie sich menschenwürdekonform mit dem Gedankengut des anders Denkenden auseinandersetzt. Dies wäre aber im Sinne des "herrschaftsfreien Dialogs" begrüßenswert, bei dem man sich im Interesse der Wahrheitsfindung entweder dem anders Denkenden aufgrund seiner besseren Argumente annähert, oder diesem seinen Irrtum klarzumachen sucht. Demgegenüber haben diese Magazine die Absicht, unerwünschte Gedanken auszuschalten, was nach Möglichkeit durch die Ausschaltung des Andersdenkenden selbst geschehen soll.
Beispielhaft sei dies an einer Kritik an Ausführungen des Verfassers durch ein Joumalistenmagazin[1] dargelegt, welche wie folgt lautet: "Was da ein Autor wie Josef Schüßlburner über Hitler und den eigenen Standort zwischen den Zeilen ausdrückt, läßt sich presserechtlich allerdings kaum sanktionieren." Der Leser dieses Überwachungsprotokolls (von "Kritik" kann man eigentlich nicht sprechen), der ja nach der Einstellung des Gedankenüberwachers das Kritisierte[2] gar nicht lesen, sondern dies dem Überwacher überlassen soll, erfährt natürlich nichts vom Inhalt der Ausführungen des Verfassers, nämlich, daß es problematisch, wenn nicht gar falsch sei, Hitler ohne weiteres als "rechtsextrem" im verfassungsschutzideologischen Sinne einzustufen. Diese Bewertung des Verfassers, die der Gedankenkontrolleur erst gar nicht zu referieren wagt, stellt für ihn eine Abmilderung der Geschichte des Dritten Reiches dar. Demnach müßte man wohl das Dritte Reich positiver beurteilen, wenn Hitler als genuiner Sozialist oder extremistischer Mittist eingeordnet werden müßte.[3]
Damit wird klar, daß der Kritiker eine Herrschaftsideologie verteidigt, der es gar nicht um eine angemessene Beurteilung des Nationalsozialismus, sondern um dessen Instrumentalisierung für heutige Machtverhältnisse geht.
Dem Überwachungsprotokoll läßt sich ferner entnehmen, daß der Gedankenüberwacher ("Kritiker") nicht in der Lage, vor allem aber nicht willens ist, das Kritisierte so zu referieren wie es geschrieben ist, sondern es daraufhin protokolliert ("presserechtlich kaum" sanktionierbar), ob "zwischen den Zeilen" irgendwelche "Leugnungen" oder "Verharmlosungen" enthalten sind, die den Verfasser wegen Äußerung falscher Auffassungen ins Gefängnis bringen, oder sonst seine wirtschaftliche Existenz vernichten könnten.
Allein der Hinweis auf Ausführungen, die angeblich "zwischen den Zeilen" stehen sollen, ist erhellend: In einem freien Land braucht man nämlich seine Meinung nicht zwischen den Zeilen zu verstecken, sondern kann seine Auffassungen auf die Zellen bringen. Ist die eingangs genannte Auffassung Sigmund Freuds richtig, wofür in der Tat einiges spricht, dann muß in der Bundesrepublik schon deshalb ein großer Meinungskonformismus bestehen, weil allenthalben von der politischen Klasse "Zivilcourage" gefordert wird, welche sich erkennbar nicht gegen sie selbst, d. h. gegen die Machthabenden richten soll - dann könnte man angesichts der von der politischen Klasse angeordneten Diskriminierung und des strafrechtlichen Sanktionierens unerwünschter Auffassungen ja von "Mut" (Courage) sprechen - sondern die politisch gewünschten Auffassungen durchsetzen soll.
Daß die Meinungsfreiheit als solche in der Bundesrepublik gefährdet ist, erkennt man auch daran, daß die Deutsche Bundespost einst überlegt hatte, eine Gedenkbriefmarke zu Ehren der jüdischstämmigen Edelkommunistin Rosa Luxemburg herauszugeben, mit der deren berühmter Ausspruch von der "Freiheit des Andersdenkenden" in Erinnerung gerufen werden sollte. Da von den Überwachern des politischen Diskurses, wie dargelegt, gerne die Vermutung ausgesprochen wird, daß "zwischen den Zeilen" etwas anderes ausgesagt ist, als auf den Zeilen, darf wohl bei dem kommunistischen Plädoyer für die Meinungsfreiheit, welche bundespostalisch verewigt werden sollte, vermutet werden, daß hier in der Tat etwas zwischen den Zeilen ausgedrückt werden sollte, nämlich daß die tolerierte Meinungsfreiheit auf Ansichten innerhalb des Linksblockes beschränkt wird.
Nimmt man jedoch diese in der Tat zwischen den Zellen stehende Aussage heraus und versteht den Satz so, wie er bei freien Verhältnissen nur verstanden werden kann, dann muß die Richtigkeit dieses Satzes voll unterstrichen werden. Der wesentliche Test dafür, ob in der Bundesrepublik (Meinungs-) Freiheit gegeben ist, besteht heute in der Frage nach der Freiheit der Meinung des (neo-) nazistisch Denkenden. Bei der Frage der Freiheit des neo-nazistisch Denkenden geht es nicht darum, ob die Bundesrepublik irgendwelchen abstrakten Ansprüchen Genüge tut oder nicht, sondern es geht konkret um die grundsätzliche Frage von Freiheit und Demokratie in diesem "freiesten Staat auf deutschem Boden".
WAHLRECHT UND VOLKSSOUVERÄNITÄT
Bekanntlich beansprucht das auf freiem und gleichem Wahlrecht beruhende parlamentarische Staatswesen den Volkswillen zu verwirklichen.
Das wesentliche Problem der parlamentarischen Demokratie besteht bei diesem Anspruch darin, daß sich schon aus quantitativen Gründen notwendigerweise eine politische Klasse bildet, die gegenüber dem, was man als Volkswillen bezeichnen kann, eigene Interessen entfaltet und sich dabei im Laufe der Zeit das Verhältnis von Wähler und Gewählten derart umkehren kann, daß nicht die Gewählten Instrument der Wähler sind, sondern die Wähler zur bloßen Manövriermasse der Gewählten degenerieren.
Die Mechanismen der arbeitsteiligen Gesellschaft führen dazu, daß anders als im antiken Griechenland nicht jedermann Politiker wird, sondern nur diejenigen, welche sich dazu berufen fühlen. Da diese Berufung - entgegen aller Säkularisierungstheorie - letztlich, wie schon die ideologische Ausrichtung des Parteienwesens andeutet, doch einem religiösen Impuls folgt, ist es notwendig, den an sich begrüßenswerten Ambitionen des politischen Personals Schranken zu setzen, weil sich sonst dessen Motivation in religiösen Fanatismus fortsetzt und zur Errichtung eines Ideologiestaates (Dämonokratie) führt, in dem dann die Herrschaft an Stelle des Volks rein ideologisch legitimiert wird. Die Legitimation der Herrschaft durch das Volk wird dann zur bloßen, wenngleich herrschaftlich sehr wirksamen Fiktion.[4]
Der wesentliche Grund, warum die Tyrannis, die totalitäre Form der Diktatur, gerade aus der Demokratie hervorzugehen pflegt, liegt wohl darin begründet, daß das Volk im Rahmen einer demokratischen Ideologie gegen seine Unterdrücker wehrlos ist, wenn sich diese formal auf den Volkswillen zurückführen lassen. Die demokratische Fiktion der den Volkswillen erzeugenden und sichernden Identität von Regierenden und Regierten (Wählern und Gewählten) führt nämlich dazu, daß sich der überzeugte Demokrat nicht nur selbst besteuert (mit Steuersätzen, die noch in der absoluten Monarchie zu Bauernaufständen geführt hätten)[5] oder sich für sich selbst (und nicht für "König und Vaterland") als Kanonenfutter zur Verfügung stellt, sondern er wird bei einem Aufbegehren gegen die politische Klasse - vornehmlich in der Bundesrepublik - sein eigener Verfassungsfeind und übt schließlich über sich selbst die Diktatur aus.
Ist die Einschätzung von Bewältigungsexperten richtig, daß überwältigende Mehrheiten der Deutschen Hitlers Herrschaft (und vor allem den ihnen nicht bekannten Holocaust) unterstützt hätten, dann würde dies zeigen, wie effektiv die auf das Wahlrecht zurückzuführende und dann parlamentarisch - parteienstaatlich - diktatorisch verfremdete demokratische Fiktion gewirkt hat. Wenn am Hitlerregime überhaupt noch etwas für die Gegenwart relevant ist, dann ist es die Tragödie der parteienstaatlich verfremdeten demokratischen Ideologie, die sich hier zu Lasten der Deutschen entfaltet hatte, eine Erscheinung, die in der Bundesrepublik mangels hinreichender Bewältigung dieses Sachverhalts wohl als Tragikomödie wiederholt werden soll.
Vielleicht wird hier verständlich, warum Aristoteles[6] nicht im Wahlverfahren, das notwendigerweise (was noch gut wäre) zu einer Elite (von elegere = auswählen, griech. aristoi) führt, Demokratie, d. h. politische Gleichheit ausgedrückt sah, sondern im Losverfahren, das jeden Beliebigen aus dem Volk[7] zufallsbedingt für befristete Zeit zur Ausübung von Herrschaft im Rahmen von durch die allgemeine Volksversammlung definierten Kompetenzen berechtigte.
Anders als in einem Wahlsystem, insbesondere bei einem, das zur Wahl von Parteien[8], d. h. von Ideologiebündeln zwingt, wäre damit demokratisch legitimierte Oppression grundsätzlich ausgeschlossen. Parteien waren in der antiken Demokratie nicht gänzlich unbekannt, hatten aber notwendigerweise einen verschwörerischen, da auf die Manipulation der Volksversammlung, d. h. des Volks gerichteten Charakter. Man wußte damals noch, wer und was die politische Freiheit bedroht.
Wahrscheinlich dient das Wahlrecht nur dann bleibend der Verwirklichung des Volkswillens und nicht nur zur bloßen Legitimation einer politischen Klasse, wenn der Parlamentarismus die stillschweigend im vorigen Jahrhundert vorausgesetzten Prämissen beachtet, oder das Verfassungssystem in etwa so wie in den USA konstruiert ist.
Ohne dieses Verfassungssystem zu idealisieren[9], muß es bei einer Diskussion über die Situation in Deutschland schon deshalb herangezogen werden, weil deutsche Politiker so tun, als sei die deutsche Realverfassung die Verwirklichung der von den USA vorgegebenen westlichen Werteordnung. In Wirklichkeit stellt sich die Lage jedoch so verschieden dar, daß es eines erheblichen Abstraktionsvermögens bedarf, die USA und die Bundesrepublik Deutschland unter dem Begriff "Demokratie" auf eine Ebene zu bringen.
Der wesentliche Unterschied, welcher sich mehr oder weniger zwingend aus den unterschiedlichen Grundstrukturen der Verfassungen ergibt, besteht darin, daß die USA kein Parteienstaat im deutschen Verständnis sind. Da in den USA wie zur Zeit der konstitutionellen Monarchie in Deutschland mit ihrem essentiellen Parlamentarismus, die Regierungsbildung nicht direkt von der Parlamentsmehrheit abhängt, bedarf es keiner verfestigten Parteienstruktur, mit der wesentlichen Folge, daß in den USA die persönliche und sachliche Unabhängigkeit des Abgeordneten, d. h. seine "Gewissensfreiheit" zur Vertretung des Volks, gesichert ist, während diese in der Bundesrepublik nur ausnahmsweise besteht.
Die Bundestagspräsidentin hätte sie sonst im Zusammenhang mit der parlamentarischen Entscheidung über die Straffreigabe der vorgeburtlichen Kindstötung nicht so hervorheben müssen.[10] Bekanntlich wurde die freie Parlamentsentscheidung in diesem Fall "zugestanden'" was aber bedeutet, daß sie im Normalfall der Verschwörung der Parteien gegen ihr Volk geopfert ist. Anders als in den USA ist der Abgeordnete in der Bundesrepublik nicht primär seinem Wahlkreis, sondern seiner Partei verpflichtet. Diese Verpflichtung gegenüber der Parteiführung wird im wesentlichen durch das Instrument des Listenwahlsystems herbeigeführt, welches eigenartigerweise nicht als Verstoß gegen das Prinzip der Unmittelbarkeit der Wahl angesehen wird, obwohl es eine stärkere Mediatisierung des Wählers bewirkt, als das System mittelbarer Wahlen über Wahlmännergremien, wie dies im vorigen Jahrhundert in Deutschland gelegentlich praktiziert worden war, und nunmehr in Sozialkundebüchern als besonders "undemokratisch" gelehrt wird.
Das durch das Interesse der parlamentarischen Regierungsbildung motivierte Listenwahlsystem führt in der Regel zu Koalitionsabsprachen zwischen den Parteien, was wiederum darauf hinausläuft, daß sich der Einfluß einer kleinen Partei, welche zur Regierungsbildung benötigt wird, den Grundsätzen des Wahlsystems hohnsprechend erheblich potenziert. Folgerichtig tendiert das Listenwahlsystem daher zur Allparteienregierung (wie sie in der juristisch klug konzipierten, dem Grundgesetz formal ähnlichen DDR-Verfassung von 1949 festgeschrieben war), weil nur dadurch der überproportionale und damit undemokratische Einfluß einer Kleinpartei neutralisiert werden kann.
Allparteienkoalitionen, welche nicht notwendigerweise formalisiert sein müssen, sondern sich nur in der speziellen Subkultur einer politischen Klasse zu sozialisieren brauchen, und die Parteien zur oligarchischen Obrigkeit machen, führen jedoch zur Verminderung, wenn nicht gar zur Ausschaltung des Parteienwettbewerbs. Damit werden die Wähler effektiv um ihr freies Wahlrecht gebracht, weil dieses zu einem bloßen Akklamationsinstrument der politischen Klasse reduziert wird. Im Ergebnis dieser Logik liegt es, das (effektive) Wahlrecht für undemokratisch zu erklären, was dann möglich ist, wenn Demokratie in ein ideologisches Zwangssystem, zu einer säkularen Theokratie (Dämonokratie) mutiert.
PARTITOKRATIE ODER DEMOKRATIE
Im Rahmen einer verfestigten, dem Geist des Parlamentarismus widersprechenden Partitokratie läßt sich Entwicklung zur Etablierung der politischen Klasse als obrigkeitliche Oligarchie mit ideologie-staatlicher Legitimation nur durch Erhöhung des Parteienwettbewerbs aufhalten. Gerade dann, wenn die rechtsstaatliche Demokratie, wie heute unter (linksstaatlichem) Verkennens wesentlicher Verfassungsprinzipien üblich[11], auf den bloßen Parteienpluralismus reduziert wird, ist keines von den Grundprinzipien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung so wichtig, wie das Recht auf ungehinderte Bildung von Opposition.
Die Effektivität dieses Rechts, welche vor allem die möglichst ungehinderte Meinungsfreiheit zur Voraussetzung hat, definiert dann den Unterschied zwischen einer obrigkeitlichen (Allparteien-) Partitokratie einer politischen Klasse einerseits und der Volksherrschaft andererseits, in der die politische Klasse, im Idealfall eine Elite, zumindest weitgehend Instrument des Volkswillens ist.
Bei der Abgrenzung dieser beiden politischen Ordnungen stellt sich die banale Frage: - Wer (kann) wen (erpressen)? Das Volk (die Wähler) die politische Klasse oder die politische Klasse das Volk? Oder distinguierter ausgedrückt: Wer kann wem die politisch entscheidungserheblichen Themen aufdrängen?
Nun, es dürfte ziemlich klar sein, wie sich die Situation in der Bundesrepublik darstellt. Obwohl sich nach eingehenden demoskopischen Untersuchungen die relative Mehrheit des Deutschen Volks als "rechts"[12] einstuft, spiegelt sich dies trotz Verhältniswahlsystem keineswegs parlamentarisch wider; erst recht sind die 13 % des Deutschen Volkes, welche nach Erkenntnissen von Demokratieexperten rechtsextremistische Neigungen zeigen, nicht parlamentarisch repräsentiert.
Es ist immer problematisch (und verfassungsschutzverdächtig), die demokratische Legitimation des politischen Prozesses unter Hinweis auf Demoskopie in Frage stellen zu wollen. Geht man jedoch davon aus, daß die Österreicher entgegen besatzungsideologischer Vorgaben doch von den Deutschen nicht so verschieden sind, dann finden sich die demoskopischen Untersuchungen durch den in der Bundesrepublik im Unterschied zu Österreich fehlenden Wahlerfolg einer Rechtspartei bestätigt.
Im übrigen läßt sich die internationale Hetze gegen die Österreichische Rechtspartei und der Druck auf sie, in Zeiten der europäischen Einigung die regionalnationalistische Abgrenzung von den Deutschen zu betreiben, nur dadurch erklären, daß man von der Ähnlichkeit der Deutschen und Österreicher weiß und deshalb die "Ansteckung" fürchtet. Aufgrund der Kleinheit Österreichs wäre es sonst ziemlich irrelevant, wenn dort ein "Faschismus" die Macht ergreifen würde. Bedeutsam ist dies nur, weil der Erfolg einer Rechtspartei in Österreich anzeigt, was auch in der Bundesrepublik zu erwarten ist, könnte hier die Demokratie so funktionieren, wie dies theoretisch vorausgesetzt und im freien Westen grundsätzlich auch realiter praktiziert wird.
Es ist ziemlich unbestreitbar, daß bei grundlegenden Fragen, wie der Masseneinwanderung, dem Staatsangehörigkeitsrecht, der Abschaffung der Deutschen Mark, der Unterwerfung unter "Europa" mit zahlreichen Ausgleichszahlungen an die "Weltgemeinschaft", der Bereitschaft mourir pour Gdansk (und nicht für Danzig) oder der Einführung einer neuen Staatsreligion mit kostenträchtigen Bewältigungskultstätten überwiegende Mehrheiten des Deutschen Volks parlamentarisch nicht repräsentiert sind.
Auch wenn man akzeptiert, daß nach den Grundsätzen des traditionellen Parlamentarismus (wo unterstellt wird, daß das Volk erst durch das Parlament seine wirkliche Meinung entwickelt) keine vollständige Übereinstimmung zwischen der (sich ändernden) Meinung im Volk und im Parlament bestehen muß, so ist die Situation, wie sie sich in der Bundesrepublik darstellt, insbesondere bei Zugrundelegen der Prämissen des für besonders demokratisch gehaltenen Verhältniswahlrechts demokratietheoretisch völlig untragbar.
Die Erklärung für diese die Legitimität der bundesdeutschen Demokratie in Frage stellende Situation kann nur, sind die hier gemachten Prämissen einer Abgrenzung von Partitokratie und Demokratie richtig, darin liegen, daß in der Bundesrepublik das Prinzip des freien Parteienwettbewerbs erheblich relativiert ist, insbesondere weil der Grundsatz der ungehinderten Bildung von Opposition nicht effektiv gilt.
Entgegen dem wettbewerbsrechtlichen Grundsatz, wonach im Interesse des Konsumenten, d. h. politisch der Wähler, gerade die Eingangsschranken für Newcomer niedrig zu halten sind, werden sie im deutschen Wahlrecht durch die ominösen 5% Klauseln erhöht. Wer will schon seine Stimme an eine Partei verschenken, die diese Hürde dann doch nicht nimmt, wobei diese Erwägung den Effekt zeitigt, daß sogar eine Partei unter dieser Zahl bleibt, welche ohne die gesetzliche Hürde ohne weiteres 5% der Stimmen auf sich vereinigen würde.
Obwohl verfassungsgerichtlich zugestanden wird, daß diese Klauseln "eigentlich" das grundlegende Prinzip der Chancengleichheit verletzen, wurden sie selbst dort bestätigt, wo der Grund ihrer Rechtfertigung, nämlich die Regierungsbildung zu erleichtern, gar nicht gegeben ist, wie etwa bei der Wahl zum sog. Europaparlament (wobei es bei der damaligen Entscheidung noch um die Ausschaltung der Grünen ging). Im übrigen handelt es sich bei der Rechtfertigung dieser Klauseln um einen der zahlreichen Argumentationstopoi, die aufzeigen, wie das Volk unter Berufung auf Demokratie unterdrückt werden kann: Letztlich geht es ja bei dieser Wahlrechtslogik darum, daß das gleiche und damit demokratische Wahlrecht und der freie Parteienwettbewerb deshalb relativiert wird, damit eine demokratisch legitimierte Regierung stabil installiert werden kann.
Der Unterschied zum Blockparteiensystem ist bei dieser Argumentation kein prinzipieller, sondern nur ein gradueller. Der freie Parteienwettbewerb und damit die Wahlfreiheit des Volks ist in der Bundesrepublik durch sonderwegliche Vorschriften beeinträchtigt, welche Parteienverbote erlauben, die lediglich mit falscher Gesinnung begründet sind. Auch wenn dies mit rechtsstaatlichen Sicherungen (Monopolisieren des Verbotsverfahrens beim Bundesverfassungsgericht) einhergeht, so muß auch die Vorsitzende dieses Gerichts zugeben, daß allein die Existenz einer solchen Vorschrift ausreicht, etablierten Parteien ein Druckmittel zur Beschneidung des Parteienwettbewerbs zu geben.[13] ("Wir erklären dich, neue Partei, für verfassungsfeindlich, wenn du nicht unseren Werten zustimmst").
Der rechtsstaatliche Ausgleich, den das Grundgesetz für diesen Mangel an Demokratie vorsieht, wird in der Verwaltungspraxis durch die Existenz von Verfassungsschutzämtern zurückgenommen, welche unter Verletzung des Gesetzmäßigkeitsprinzips und des rechtlichen Gehörs unmittelbar auf die Beeinträchtigung des freien Parteienwettbewerbs abzielen. Zu diesem Zwecke muß die Verwaltungspraxis der "Demokratiebehörden" ("democracy agencies" in der Formulierung des Economist über "The German way of democracy")[14] eine in der DDR-Verfassung von 1949 enthaltene Unterscheidung zwischen sog. "demokratischen Parteien" und anderen aufgreifen.
Im Rahmen der westlichen Werteordnung ist es sicherlich einmalig, es als legal anzusehen, daß mehrere interne Geheimdienste im Interesse der demokratischen Verfassung aus rein ideologischen Gründen oppositionelle Gruppierungen aushorchen, unterwandern und sie dadurch um ihre Existenz bringen dürfen. Wie der Watergate-Skandal zeigt, kommt es auch im freien Westen gelegentlich vor, daß eine Parteiführung eine Konkurrenzpartei durch Anbringen sog. Wanzen aushorchen läßt. Derartige Methoden des Parteienwettbewerbs werden dort jedoch als illegal, ja kriminell angesehen, während man, sie in der bundesdeutschen Verfassungsschutzdemokratie zumindest gegenüber den jeweiligen "Nichtdemokraten" als "besonders demokratisch", d. h. als eigentlich bundesverdienstkreuzwürdig ansieht. Der Einsatz sog. V-Männer stellt sich selbst dort als äußerst problematisch dar, wo es um die Bekämpfung wirklicher Kriminalität geht. Erst recht ist dann der Einsatz oft äußerst (extrem) fragwürdigen Personals allein aus ideologischen und letztlich wahkampftaktischen Gründen, hält man die Grundsätze der freiheitlich-demokratischen Grundordnung für richtig, als politischer Extremismus anzusehen.
Zudem werden in der Bundesrepublik gemeinsame zivilreligiös motivierte Interessen der etablierten Parteien, die Breite des demokratischen Dialogs einschränkend, zu (Quasi-) Verfassungswerten erklärt und durch Wahlkampfabsprachen der Parteien der politischen Entscheidung der Wähler entzogen. So hält es der Bundespräsident für eine "Katastrophe", die Währungsunion zum Wahlkampfthema zu machen. Der Hauptberater der in Art. 6 der DDR-Verfassung von 1949 definierten "demokratischen Politiker"[15] in Bewältigungsfragen und "gehätschelter Liebling sowjetischer Offiziere"[16], Ignaz Bubis, hat davor gewarnt, das Thema Ausländer zum Wahlkampf zu machen. Damit stellt sich die Frage, welchen Zweck Wahlen nach Auffassung der Herrschenden eigentlich noch haben sollen.
Die parteiübergreifende, den blockparteilichen Charakter des realen bundesdeutschen Parteiensystems aufzeigende Tabuisierung grundlegender Themen wird dadurch sichergestellt, daß das zentrale Leitmedium - natürlich im Interesse der Verfassungsordnung, d. h. von "Demokratie" - völlig unter der Kontrolle der etablierten Parteien steht.[17] Formale Zensur ist bekanntlich nicht notwendig, wenn die Zensurbehörden, d. h. die Öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten und "öffentlich", d. h. parteilich kontrollierte sog. Privatfernsehgesellschaften als beauftragte Unternehmen, selbst die Berichte machen.
Umgekehrt stellt die heute so verdammte Zensur, wie sie zu Beginn des vorigen Jahrhunderts praktiziert worden war, einen geringeren Eingriff in das Recht der Meinungsfreiheit dar, als wenn die Machthabenden (hier: die Partitokratie) selbst über die Medien verfügen. Diese hier unter Berufung auf die "Verfassung" gestützte Einschränkung des demokratischen Prozesses, - deren ganzes protototalitäres Ausmaß vom Verfasser anderweitig dargestellt[18] wurde - stellt wohl den eigentlichen (wenngleich nicht erkannten) Grund dar, weshalb ein Politologe die Herrschaftsordnung der Bundesrepublik (entgegen der zentralen verfassungsrechtlichen Norm) nicht auf die Volkssouveränität, sondern auf eine "Verfassungssouveränität" zurückführt.[19]
Verfassungssouveränität als Ausdruck einer subjektlosen "Volksherrschaft" führt jedoch Demokratie als Herrschaftssystem über in ein quasi-theologisches Glaubenssystem und Erkenntnisproblem. Die theoretische (im Laufe der Zeit auch praktische) Auflösung des Subjekts der Volksherrschaft erlaubt der sich nur mehr fiktiv vom Volk, realiter aber sich von der von ihr selbst konstituierten (multikulturellen, europäischen etc.) "Gesellschaft" ableitbaren politischen Klasse die volle fanatische Hingabe an ihre religiöse Gefühlswelt, d. h. die Etablierung einer Dämonokratie, welche sich in der Bundesrepublik als Bewältigungsstaat manifestiert.
BEWÄLTIGUNG ALS HERRSCHAFTSSYSTEM
Herrschaftstheoretisch besteht die "Bewältigung" in der Konstituierung der politischen Klasse als einer von ihrem Volk geschiedenen parteiübergreifenden Machtgruppe. Bewältigung hat den Zweck, die Demokratie in Deutschland fest zu verankern. Dabei ist jedoch mit Demokratie nicht notwendigerweise der empirische Volkswille der Deutschen gemeint, sondern in falsch verstandener Anlehnung an Rousseau eher das, was der Volkswille erkenntnistheoretisch sein müßte, wäre er in Deutschland nicht immer durch die Anwandlung eines "deutschen Sonderweges" gefährdet.
Die Gefährdung wird durch die "westliche Werteordnung" verhindert, als deren Vollstrecker sich die politische Klasse gegenüber ihrem Volk sieht. Sie glaubt sich dabei selbst nicht für den "Faschismus" anfällig, was sie ihrem Volk jedoch permanent unterstellt. Deshalb beschränkt sich für sie Demokratie darauf, daß Wahlen im Rahmen eines eingeschränkten Parteienwettbewerbs bei Tabuisierung für den Wähler wesentlicher Themen die politische Klasse legitimieren, die selbst durch einen Wettbewerb um die beste Form und das größte Ausmaß an Bewältigung demokratische Gesinnung zelebriert und sich dabei als (Pseudo-) Elite konstituiert.
Die Gesinnung, das "Bekenntnis" wird dann zur eigentlichen Grundlage der Herrschaftslegitimation, die dabei theoretisch auch auf die formale Legitimation verzichten könnte, wenn nur etwa die Integrität eines Holocaustglaubens gewahrt wird und die Erklärung der Kriegsursachen offiziös, wenn nicht gar offiziell festgeschrieben bleibt, weil davon die Legitimität der Bundesrepublik abhängen soll (und nicht etwa, weil sie den Rahmen für die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts der Deutschen darstellt).
Peter Glotz, selbst eher ein Ideologe der Partitokratie, erkannte als Motiv der politischen Klasse, in Deutschland das Plebiszit zu verhindern, ein "verlängertes Hindenburg-Syndrom": "Wir müssen das alles so organisieren, daß das Volk nicht viel zu sagen hat, im Zweifelsfälle wählen die doch alle Nazis." Dieses Glaubensbekenntnis ist vom Motto des Verfassungsexperten Walter Ulbricht, wonach "alles demokratisch aussehen" müsse, nicht allzu weit entfernt.
Abgesehen aber, daß sich Glotz mit der in bewußter Ignoranz vorgenommenen diffamierenden Gleichsetzung von Hindenburg mit Nazis als Mitglied der politischen Klasse (die auch die kaiserliche Reichskriegsflagge "im Vorfeld" zwar nicht straf- aber polizeirechtlich als "neonazistisch" verbieten läßt) zu erkennen gibt, stellt das Problem des Plebiszits eher eine Ablenkung dar. Denn diese Frage ergibt sich ja vor allem deshalb, weil sich über die Mechanismen der Partitokratie eine immer größere Zahl von Deutschen nicht parlamentarisch vertreten sieht.
Dies interessiert die politische Klasse selbstverständlich nicht, da man bei Faschismusanfälligen Demokratie ohnehin nur unter Aufsicht nach gemeinderechtlichen Prinzipien praktizieren kann, etwa indem man Deutschland zur Weltprovinzverwaltung erklärt und sich als Statthalter der "Menschheit" sieht. Dies erlaubt dann der politischen Klasse gegenüber ihrem Volk die Attitüde der mit demokratischem Auftrag herrschenden Besatzungmacht einzunehmen, was zwischenzeitlich europapolitisch verfeinert wurde; denn schließlich wird nunmehr im Interesse von "Europa" regiert und der genuin demokratische Nationalstaat (wohl mit der stillschweigenden bewältigungspolitischen Ausnahme des israelischen) verfassungsfeindlich für überholt erklärt.
Um die notwendigerweise mit interner Entdemokratisierung einhergehende Internationalisierung voranzutreiben, schüchtert man das eigene Volk, das zunehmend ideologisch dämonisiert wird, mit Bewältigungskultstätten, Bewältigungsgedenktagen, Bewältigungsausstellungen, Bewältigungsbriefmarken und dergleichen ein. Daß "Bewältigung" primär ein partitokratisches Herrschaftsinstrument darstellt, und nicht etwa einem humanitären Anliegen dient, ist daran zu erkennen, daß deutscher Opfer eben nicht gedacht wird, oder diese gar - "unfreiwillige Wanderschaft" - lächerlich gemacht werden.
Würde man sich nämlich für deutsche Opfer interessieren, müßten deutsche Politiker vielleicht doch Öfters an ihr Volk denken, womit allerdings der herrschaftliche Aspekt der Bewältigung weitgehend unterminiert wäre. Damit sich die Partitokratie generationenlang die Macht sichert, wird - wie es in einem Leserbrief hieß[21] - eine Gewissensbelastung von Kindern praktiziert, welche anderswo unüblich ist.
REAKTION DER BEHERRSCHTEN
Die Hilflosigkeit der Deutschen, sich gegen die Dreistigkeit ihrer politischen Klasse zur Wehr zu setzen, kommt in dem Leserbrief einer Allgemeinärztin zum Ausdruck, die sich gegen die "ständigen dumpfen Selbstbezichtigungen"[22] wie folgt wendet: "Ich werde nie rechts wählen, aber ich fürchte, daß fehlendes Selbstvertrauen und die fehlende Liebe zum eigenen Volk… wieder Schlimmes hervorbringen könnte."
Mit der Ankündigung, "nie rechts" zu wählen, zeigt die Dame ihre Harmlosigkeit und politische Naivität an, über welche die Bewältigungsklasse nur lachen kann. Diese wäre allenfalls mit folgender wirklich zivilcouragierter Aussage zu beeindrucken (welche allerdings nicht in der FAZ veröffentlicht werden würde): "Ich werde bald rechtsextrem wählen, weil mir bei dieser Dauerhetze gegen das Deutsche Volk, d. h. gegen mich selbst, wegen der bewältigungsideologischen Unbelehrbarkeit der politischen Klasse, von der ich mich aber nicht einschüchtern lasse, wohl nichts mehr anderes übrig bleibt."
Mit der Selbstbeschränkung der Wahloptionen spielt die Leserbriefschreiberin das Spiel der politischen Klasse und macht deutlich, daß sie das reale Machtsystem der Bundesrepublik wirklich nicht begriffen hat. Die Dame würde gegen diesen Vorschlag eines Leserbriefes sicherlich einwenden, ob es denn unbedingt "reditsextrem" sein müsse. Nun, sie selbst setzt ja implizit "rechts" mit "rechtsextrem" gleich, denn anders kann ihre freiwillige Beschränkung der Wahloptionen nicht verstanden werden.
Diese üblich gewordene Gleichstellung: "rechts" = "rechtsradikal" = "rechtsextrem" ist jedoch nur möglich, weil in der Bundesrepublik der politisch-weltanschauliche Pluralismus nur eingeschränkt gilt, wobei diese Beschränkung, die einst auch gelegentlich nach links gerichtet war, nach (Wieder-) Aufnahme des Kommunismus in den demokratischen Block nur noch gegen rechts wirkt. Damit wird automatisch "rechts" gleich "rechtsextrem", wobei der Begriff des "Rechtsextremismus" so umfassend verstanden wird[24], daß ganz Unterschiedliches dem zugeordnet werden kann; so etwa das Eintreten für eine marktwirtschaftliche Ordnung, weil die dann Ausdruck des Hitlerschen Sozialdarwinismus sei, aber auch umgekehrt das Eintreten für einen verstärkten Sozialstaat, weil dies dann den ebenfalls Hitler zurechenbaren "völkischen Kollektivismus" zum Ausdruck bringe. Das Eintreten für eine weitgehende wirtschaftspolltische Autarkie durch den Nationalmarxisten Oberlercher wird vom Oberwachungsblatt blick nach rechts (vom 16.4.1997, S. 15) nicht etwa als Aufgreifen der Vorstellung des Aristoteles angesehen, wonach die möglichst weitgehende Autarkie der einer demokratischen Polis angemessenen Form der Wirtschaft sei, sondern selbstverständlich - nachdem der entsprechende Verfasser nun einmal in amtlichen Verrufserklärungen ohne sich dagegen wehren zu können als "rechtsextrem" eingestuft ist - auf die (nationalmarxistische?) "Wirtschaftspolltik der Nazis" zurückgeführt. Diesem Blatt, das als beauftragtes Unternehmen einer vom Staat mit besoldeten Partei die Vorfeldüberwachung vor der Verfassungsschutzüberwachung, welche wiederum das Vorfeld der Verbotsverfahren darstellen soll, übernimmt, kommt dabei nicht in den Sinn, daß sich auch die internationalsozialistische Weltbewegung, der dieses Blatt doch einmal sehr verbunden war, vom kapitalistischen Weltmarkt autark machen wollte und demnach auch als "rechtsextrem" eingestuft werden könnte.
Entscheidend ist daher lediglich, daß eine (von New York?) nicht gewünschte politische Richtung das rechtlich irrelevante Etikett "rechtsextrem" erhält; die Begründung hierfür läßt sich dann angesichts der ideologischen Heterogenität der Hitlerbewegung beliebig nachschieben. Bei der einseitig gegen "rechts" wirkenden Beschränkung des politischen Pluralismus wird wiederum die sog. "Mitte" logischerweise zur blockparteilichen Variante des leftism.[25] Soll nämlich der Begriff der "Mitte" überhaupt einen inhaltlichen Sinn haben, kann von ihr logischerweise nur die Rede sein, wenn es neben einer legitimen Linksposition eine ebenso legitime Rechtsposition gibt, von der die "Mitte" gleich weit entfernt sein will (sonst wäre sie ja keine "Mitte").
Diese legitime Rechte ist jedoch nur möglich, wenn neben ihr auch eine rechtsextreme Position zugelassen ist. Da der Nationalsozialismus als "rechtsextrem" gilt und sog. neo- nazistische Richtungen möglicherweise auch plausibel als solche verstanden werden können (oder sich vielleicht, entgegen der Selbstverortung Hitlers, selbst so einschätzen), ist der politische Pluralismus und damit die (Wahl-) Freiheit des Volks nur dann vollständig gewährleistet, wenn auch eine nationalsozialistische Position vertreten werden kann. Die politische Rechte tut daher im Eigeninteresse gut daran, für die Freiheit des andersdenkenden Neo-Nazis einzutreten. Die wirklich demokratische Linke würde dies in diesem Falle mehr im Interesse des genuin verstandenen Luxemburgischen Prinzips[26] und auf das Risiko hin tun, daß gerade Teile ihrer Wähler sich wohl am ehesten einer neuen NS-Partei anschließen würden.
Sicherlich ist für einen Rechtsstehenden das Eintreten für das Legalitätsprinzip in diesem Falle ein schwieriges Unterfangen, da man einem Rechten, der für "Nazis" eintritt, nazistische Sympathien unterstellen wird, während einer linken Verfassungsgerichtspräsidentin keine kommunistischen Sympathien unterstellt werden, wenn sie erklärt, die KPD auch im nachhinein nicht mehr verbieten zu wollen.[27] Allerdings gilt es zu bedenken, daß es der politischen Klasse ohnehin gelungen ist, "rechts" mit "rechtsextrem", d. h. mit "nazistisch" gleichsetzen zu lassen, so daß es wahltaktisch, d. h. zur Abwehr offiziöser Diffamierungen eher vorteilhaft wäre, gäbe es tatsächlich eine als legal anerkannte (neo-)nazistische Partei, von der sich die legitime Rechte für den Wähler dann sichtbar abheben könnte. Auch dies zeigt, wie sich die rechtliche Diskriminierung des Nationalsozialismus gegen die legitime politische Rechte richtet und damit der freie Parteienwettbewerb und somit die Freiheit des Volks beeinträchtigt wird. Gerade weil die Deutschen explizit oder zumindest stillschweigend als "Nazis" eingestuft werden, kann es Freiheit für die Deutschen nur dann geben, wenn es Freiheit auch für die "Nazis" gibt.
Die ungarischen Kommunisten sprachen einst von Salami-Taktik, die darin bestand, zunächst mit der Rechten gegen rechtsextrem, dann mit der Mitte gegen die Rechte vorzugehen und danach gegen die Mitte, die sich durch ihre vorherige blockparteiliche Kooperation schon von selbst diskreditiert hatte. Das Ergebnis dieses Aufschneidens der Salami, d. h. des politischen Pluralismus war schließlich die Errichtung der kommunistisch geführten Parteidiktatur. Gegen diese Art von Salami-Taktik gibt es nur die Möglichkeit, unter Bezugnahme auf den Grundsatz von Rosa Luxemburg, die Freiheit des jeweils "rechts von mir" Stehenden zu verteidigen aus rechtlichen Gründen.
Es sollte wirklich nicht so schwierig sein, im Interesse des Legalitätsprinzips und der Menschenwürde etwa der Praxis des Verfassungsschutzes, d. h. der Innenminister entgegenzutreten, namentlich genannte Personen, deren Ansichten einem nicht unbedingt behagen, in einer bestimmten Weise zu charakterisieren, ohne diesen vorher, wie dies im Rechtsstaat ansonsten üblich ist, ein Anhörungsrecht eingeräumt zu haben. Das Anhörungsrecht im Verwaltungsverfahren, als das sich wohl auch die Tätigkeit des Verfassungsschutzes darstellt (sonst lägen hier ja extralegale Maßnahmen vor), ist im übrigen von der Verpflichtung des Staates auf die Menschenwürde ableitbar, wonach der einzelne nicht zum bloßen Objekt staatlicher Maßnahmen gemacht werden darf. Entgegen aller Abgrenzungsmanie, die jedoch nicht am Eintreten für das Recht des anders Denkenden hindern sollte, steht nämlich fest, daß die bundesverdienstkreuzwürdigen Prozeßerfolge von Dr. Frey die legalen Rechte der REP (Abhaltung von Wahlveranstaltungen etc.) sichern, und die drohende Überwindung der 5% Klausel durch diese die politische Klasse zu "Asylrechtskompromissen" mit sich selbst zwingt.
Dies zeigt wiederum an, daß sich der Volkswille doch noch durchsetzen kann, wenn dem Volk eine wirklich alternative Option zur Verfügung steht. Es hängt ja von der politischen Klasse ab, ob das Volk von dieser Option Gebrauch macht. Steht umgekehrt jedoch die Option aus rechtlichen Gründen nicht zur Verfügung, kann sich die politische Klasse, ihren politisch-weltanschaulichen Fanatismus auslebend, vollständig über wesentliche Anliegen des Volks hinwegsetzen. Politische Freiheit ist eben kein quantitatives Problem, sondern eine qualitative Frage der Optionen. Hierbei und nicht bei der überproportionalen Regierungsbeteiligung hat auch eine Kleinstpartei ihre legitime Funktion zur Wahrung der Freiheit des gesamten Volks.
LEGALITÄT UND LEGITIMITÄT EINER NS-POSITION
Nun ist anzunehmen, daß viele Leser, die sich von der theoretischen Richtigkeit der bisherigen Darlegungen haben überzeugen lassen, doch diese letzte Konsequenz, nämlich für die Legalität und die Anerkennung der Legitimität einer nationalsozialistischen Position einzutreten, zurückschrecken, da es sich hier um eine völlig falsche Ideologie handele, die den Deutschen großes Unglück gebracht habe.
Dieser Bewertung des historischen deutschen Nationalsozialismus kann der Verfasser durchaus zustimmen. Auch er hofft, daß eine nationalsozialistische Partei nie mehr in nennenswertem Ausmaß gewählt werden wird, ist aber der zuversichtlichen Hoffnung, daß das Deutsche Volk dies auch nicht tun wird, falls die politische Klasse ihm keinen schwerwiegenden Anlaß bietet. Letzteres kann jedoch wiederum nur dadurch verhindert werden, daß die Wahl-Option doch besteht, weil nur dadurch die politische Klasse zur Wahrung der Interessen ihres Volks veranlaßt werden kann.
Historisch ist der deutsche Nationalsozialismus in eine Reihe mit dem sozialistischen Befreiungsnationalismus der sog. Dritten Welt zu verorten und hatte in Deutschland (anders als etwa die britischen aus der Labour-Partei hervorgegangenen Faschisten) vor allem deshalb eine Chance, weil Deutschland durch das von der westlichen Werteordnung auferlegte Versailler Vertragswerk in eine ähnliche Position manövriert worden war, welche der von den westlichen Imperialmächten (auch "westliche Demokratien" genannt) beherrschten Kolonien nach Verkündung des nationalen Selbstbestimmungsrechts der Völker als Propagandawaffe des 1. Weltkrieges bei Nichtvollzug dieses Rechts glich.[28]
Bei dieser Konstellation konnte die antikapitalistisch-sozialistische Revolution als Kehrseite der nationalen Befreiung erscheinen, bzw. die sozialistische Revolution als Voraussetzung der nationalen Unabhängigkeit verstanden werden. Nur wenn die politische Klasse Deutschlands wieder zur Einwilligung in ein Versailler Vertragswerk (als solches wurde allerdings der Maastrichter Vertrag bereits französischerseits bezeichnet) bereit sein sollte und diese Bereitschaft mit (quasi-) rassistischen Argumenten[29] abgestützt werden sollte, wie etwa, daß es sich bei den Deutschen abstammungsbedingt um ein gefährliches demokratiefeindliches und daher unter internationaler Kontrolle zu stellendes Volk[30] handelt, hätte eine nationalsozialistische Option eine Chance. Es muß als demokratisch legitim angesehen werden, diese Voraussetzungen für Entstehen und Erfolg eines Nationalsozialismus durch den vollständigen Parteienpluralismus zu verhindern. Im übrigen stellen sich neo- und nazistische Strömungen als Produkt der Herrschaftsmethode der Bewältigung dar, weil ohne diese der Nationalsozialismus längst dem Vergessen anheimgefallen wäre. Auch desorientierte Jugendliche, Produkte der 68er Erziehungsmethoden, fänden dann keinen Anlaß, zu roten Fahnen mit indischen Zeichen zu greifen, sondern würden sich dann wohl, wie eigentlich gewollt, mit roten Fahnen, die altmodische Werkzeuge (Hammer und Sichel) aufweisen, begnügen. Gerade weil der Verfasser im Interesse seines Volks wirklich kein Interesse am Wiederauftreten eines Nationalsozialismus hat, sieht er sich veranlaßt, gegen die Bewältigung als Herrschaftsmethode Stellung zu nehmen. Da aber die Unbelehrbarkeit der Bewältiger das Interesse am NS wiederbelebt, muß zum Bedauern des Verfassers demokratienotwendig das Problem der Legalität eines NS-Position gestellt werden.
Was die Legalität einer NS-Partei anbelangt, ist darauf hinzuweisen, daß dieser das geltende politische Strafrecht (welches selbstverständlich äußert überholungsbedürftig ist) nur bedingt entgegensteht, da es sich hier um keine vom Bundesverfassungsgericht, sondern lediglich von Besatzungsmächten verbotene Partei handelt und somit die §§ 84, 85 StGB (Fortführung einer für verfassungswidrig erklärten Partei, Verstoß gegen das Vereinigungsverbot) nicht erfüllt sein können. Zwar verbietet § 86 StGB (Verbreiten von Propagagandamittel verfassungswidriger Organisationen)[31] das Verwenden von "Propagandamittel, die nach ihrem Inhalt dazu bestimmt sind, Bestrebungen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation fortzusetzen"; als "Propagandamittel" werden jedoch nur solche Schriften angesehen, die sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung richten.
Damit ergibt sich die logische Schlußfolgerung, daß selbst nach dem von Gesinnungsstrafen wirklich nicht freien Strafgesetzbuch der Bundesrepublik eine NS-Partei denkbar wäre, die nicht "verfassungsfeindlich" ist. Insofern ist den Ausführungen eines wissenschaftlichen Mitarbeiters des Bundesverfassungsgerichts zuzustimmen, wenn er meint[32], daß es "zwar politisch völlig zutreffend (sei), wenn der VGH Kassel in einem Leitsatz formuliert, daß nationalsozialistische Bestrebungen verfassungswidrig sind". Es muß sich hier schon deshalb um ein politisches und kein rechtliches Argument handeln, da ja bekanntlich nicht vom VGH (der Recht und nicht Politik anwenden sollte), sondern nur vom Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit festgestellt werden könnte; und vielleicht wird sich ja die Präsidentin dieses Gerichts dafür stark machen, nicht nur die KPD nicht mehr zu verbieten, sondern in überzeugender Anwendung des Grundsatzes von Rosa Luxemburg auch nicht mehr die Sozialistische Reichspartei.
Die Möglichkeit einer mit den grundlegenden Verfassungsprinzipien vereinbaren NS-Partei muß schon deshalb angenommen werden, weil man sonst auch alle anderen Sozialismen als von vornherein verfassungsfeindlich ansehen muß. Im Grundsatz erscheint ein nationaler oder (was, je nach der historischen Konstellation nicht dasselbe sein muß) ein Nationalsozialismus wirtschaftlich, durch seine gebietliche Beschränkung der staatlichen Umverteilungspolitik, und damit im Zweifel auch (verfassungs-) rechtlich vernünftiger als ein Internationalsozialismus. Als man zu Zeiten der Entspannung hoffte, daß sich so etwas wie ein demokratischer Kommunismus ("Eurokommunismus") entwickeln könnte, hat man diesen immer von nationalen Entwicklungen des Kommunismus/Sozialismus erwartet; denn der Nationalismus mag zwar nicht immer demokratisch sein, wenn aber der Sozialismus demokratisch (dhmokratikos, altgriechisch für volksherrschaftlich) sein will, wird er notwendigerweise national (lateinisch für: (etwa) volksbezogen) sein müssen; denn irgendwie hat ja wohl die Volksherrschaft doch mit Volk zu tun. Immerhin gibt es, wie das Beispiel des zionistischen Israel, aber auch des demokratischen Sozialismus von Sri Lanka und Indien (dort ist demokratisch in der Tat das Synonym für national(istisch)) zeigt, Nationalsozialismen, die mit Demokratie (zumindest - was insbesondere Israel anbelangt[33] - in Abstrichen) vereinbar sind.
Sogar beim konkreten historischen deutschen Nationalsozialismus läßt sich aufzeigen, daß Vieles, was heute als "typisch nationalsozialistisch" gilt, wie etwa der Rassismus (im Sinne der Höherwertigkeit bestimmter Rassen) nicht notwendiger Bestandteil des NS hätten sein müssen.[34] Niemand denkt heute an "SPD", wenn der Begriff der "Rassenhygien"[35] fällt, obwohl der entsprechende Sozialdarwinismus den Kern der SPD-Ideologie bis zum 2. Weltkrieg dargestellt hatte, womit in diesem zentralen Punkt keine andere Partei der NSDAP so nahestand wie eben die SPD.
Diese ideologischen Wandlungen und vielleicht Erkenntnisse müßte man nicht nur bei der SPD (die damit zeigt, daß die beste Art der "Bewältigung" das Vergessen ist), sondern zumindest rechtlich von der Menschenwürde her anzunehmenden Erkenntnisfähigkeit des Menschen auch bei einem neuen NS für möglich halten. Im übrigen hängt es sehr von speziellen von einer ideologischen Richtung nicht allein bestimmbaren, sondern von politischen Gegnern und Feinden mehr oder weniger entscheidend mitbestimmten Umständen, aber auch vom jeweiligen Personal und nicht von der bloßen Ideologie ab, ob und wie sich das totalitäre Potential einer politisch-ideologischen Richtung entfaltet.
So hätte es sicherlich ohne den 2. Weltkrieg mit seinen Massenvernichtungsszenarien (etwa Atombomben) keinen Holocaust gegeben, was ihn vom GULag-System, wo ohne Krieg Massenvernichtung betrieben wurde, wesentlich unterscheidet. Die historische Erfahrung dieses Jahrhunderts zeigt sicherlich, daß der Sozialismus das größte Potential zum Totalitarismus aufweist, wie nicht nur der Kommunismus, sondern eben auch der Nationalsozialismus zeigt. In der einen oder anderen Weise haben sich aber fast alle politisch-Ideologischen Strömungen in diesem Jahrhundert diskreditiert, wie etwa auch die Christdemokratie durch ihre Blockparteirolle in der totalitären DDR-Diktatur. Man wäre daher gezwungen, den politischen Pluralismus der Bundesrepublik erheblich einzuschränken oder eigentlich abzuschaffen, müßte man unter bloßem Hinweis auf "Vergangenheit" die Verfassungsfeindlichkeit der ideologischen Strömungen annehmen, die irgendwie "verfassungsfeindlich" in Erscheinung getreten waren.
Die Bewertung der politischen Relevanz eines historischen Phänomens muß der politisch-ideologischen Auseinandersetzung der gegnerischen Parteien überlassen bleiben und selbstverständlich müßte sich eine neue NS-Partei den historischen Nationalsozialismus als Argument gegen sich vorhalten lassen, was wohl deren Wahlchancen auch ohne staatliche Diskriminierung erheblich vermindern würde.
Mit dem Hinweis auf den historischen Kontext soll keine "Relativierung" des historischen deutschen NS vorgenommen werden - obwohl auch dies in einem freien Land möglich sein müßte -, sondern in analoger Anwendung der Kriterien für die strafrechtliche Bewertung von Schuld darauf hingewiesen werden, daß ohne Einbeziehung sämtlicher Umstände bei gleichzeitiger Vermeidung einer durch Reduktionismus herbeigeführten Dämonisierung (z. B. Betrachtung von "Wehrmachtverbrechen" ohne Berücksichtigung des verbrecherischen im Bundestag gelobten sowjetjüdischen Partisaneneinsatzes) im demokratischen Rechtsstaat keine staatlichen Sanktionen, wie "Bewältigung" oder Partei- und Vereinsverbote, vorgenommen werden sollten. Im übrigen muß man vor den üblichen historistischen Kurzschlüssen einer Herrschaftsideologie warnen, welche dazu führt, daß jemand wegen einer historisch falschen Bewertung oder "Leugnung" zum "Nicht-Demokraten" erklärt wird. Auch wer "Auschwitz leugnet", kann trotzdem die Grundsätze der freiheitlich demokratischen Grundordnung richtig finden; denn Demokratie bedeutet Verwirklichung von politischer Freiheit und nicht Einsicht in die verfassungspolitische Notwendigkeit bestimmter Geschichtsauffassungen.
LEGITIMITÄT VON PARTEIVERBOTEN
Nun wird man gegen die vorgenannten Argumente für die Wahrung des Legalitätsprinzips auch zugunsten einer NS-Partei einwenden können, daß aller Wahrscheinlichkeit nach eine derartige Partei nicht gegründet werden würde, um sich programmatisch unbedingt innerhalb der Verfassungsordnung der Bundesrepublik zu halten. Dies wirft die Frage nach der Zulässigkeit von Parteiverboten auf.
Darf die Verfassungsordnung denn nicht durch Parteiverbote (wobei es hier nur um weltanschaulich-ideologisch motivierte und nicht um Unterdrückung bewaffneten Aufstandes geht) geschützt werden? Klare Antwort: Eine Verfassungsordnung vielleicht, eine Demokratie nicht. Demokratie setzt nämlich als Volkssouveränität die Verfügung des Volkes über seine Verfassung voraus, was parteienstaatlich zur Folge haben muß, daß eben auch sog. verfassungsfeindliche Parteien[37] als legal angesehen werden müssen.
Vielleicht liegt der Unterschied zwischen einer Demokratie und einem System einer "Verfassungssouveränität" genau in diesem Punkt begründet. Parteienverbote und deren rechtliche Möglichkeit wirken immer gegen die Demokratie, d. h. gegen das Volk, weil diesem unterstellt wird, es sei nicht in der Lage, trotz Aufklärung durch gegnerische Parteien[38] die richtigen Parteien zu wählen und deshalb besonderer obrigkeitlicher Fürsorge[39] bedürftig sei. Wahrscheinlich ist der mit dem Grundgesetz unternommene Versuch, die Verfassungssouveränität mit der Volkssouveränität über ein besonderes gerichtliches Verbotsverfahren zu verbinden, der deutschen Tradition durchaus angemessen, in der häufig versucht wurde, politische Fragen gerichtlich zu klären.[40]
Allerdings hätte der Erfolg dieses Experiments die strikte Einhaltung des Rechtsstaatsprinzips erfordert, von der durch die Verfassungsschutzpraxis und damit in Zusammenhang stehender Diskriminierungsmaßnahmen keine Rede mehr sein kann. Die Aufgaben des Verfassungsschutzes, dieser ohnehin sehr sonderweglichen bundesdeutschen Einrichtung, sind nämlich gesetzlich genau definiert. Eine geistig-politische Bekämpfung des sog. Extremismus etwa ist von der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage nicht gedeckt. Damit muß die gesamte Öffentlichkeitsarbeit dieser Behörden als verfassungswidrig angesehen werden, da hierbei behördlich in den Prozeß der freien Meinungsbildung des Volks eingegriffen wird. Meinungsbildung erfolgt dann von oben nach unten, womit in der Logik der Entwicklung Grundrechtsausübung nur noch staatsaffirmativ möglich ist (staatliche Demonstrationen gegen das Volk wegen dessen "Ausländerfeindlichkeit") und Wahlen zum Akklamationsinstrument werden. Damit ist durch die im Interesse des Wettbewerbsvorteils der etablierten Parteien vorgenommenen Manipulationen der Verfassungsvorschriften unter demokratietheoretischen Gesichtspunkten das Experiment der sog. wehrhaften Demokratie als gescheitert anzusehen. Dieses Konstrukt stellt sich nunmehr als Gefahr für die Demokratie, wenn nicht gar als Beeinträchtigung derselben dar.
Die Entstehungsbedingungen des Grundgesetzes geben vielleicht einen Maßstab dafür ab, unter welchen Voraussetzungen ausnahmsweise auch ein lediglich verfassungsideologisch begründetes Parteiverbot zulässig erscheint. Nämlich dann, wenn es eine Partei abzulösen gilt, die eine Parteidiktatur errichtet hatte, weil hierbei ein klarer Schnitt notwendig ist und dem etablierten Personal nicht die Gelegenheit gegeben werden soll, aus einer früheren Machtstellung heraus, den von ihr wohl nicht gewollten Demokratisierungsprozeß zu torpedieren. Insofern wäre es gerechtfertigt gewesen, wenn ein deutscher Reichspräsident, gestützt auf Art. 48 WRV die NSDAP verboten hätte, falls sich diese nach Wegfall ihrer Führung, wofür vieles spricht[41], wegen ihrer Heterogenität, nicht ohnehin von selbst aufgelöst hätte. Aus dem gleichen Grunde wäre es gerechtfertigt, wenn nicht gar geboten gewesen, mit der Wiedervereinigung die SED, welche sich immer an dem GULag-System orientiert hatte ("Von der Sowjetunion lernen, heißt siegen lernen"), unter Einschluß ihres christdemokratischen und liberaldemokratischen Verfassungsblockes zu verbieten. In diesem Falle hätte man gar kein formales Verbot aussprechen, sondern diese Parteien nur als Institutionen eines funktionslos gewordenen Staatsparteiensystems unter Einziehung des ohnehin dem Staat zustehenden Vermögens auflösen müssen. Im übrigen hätte man die SED/PDS schon allein aus Gründen des Legalitätsprinzips, nämlich aufgrund der Geltungserstreckung des KPD-Urteils auf das Beitrittsgebiet auflösen müssen und die weiterhin im Sinne der Partei aktiven SED-Anhänger gemäß §§ 84,85 StGB verfolgen müssen. Aller Wahrscheinlichkeit nach befände sich dann ein Gysi als Verfolgter der wehrhaften Demokratie in einer Justizvollzugsanstalt und nicht als Verfassungsexperte im Bundestag.
Die Tatsache, daß bei der KPD-Nachfolgepartei SED/ PDS[42] das Legalitätsprinzip mit den entsprechenden Konsequenzen, die allerdings den problematischen Charakter des bundesdeutschen Sonderweges deutlich gemacht hätten, nicht beachtet worden ist[43], und sich statt dessen die Diktaturparteien, wie einst von den Besatzungsmächten gewollt, bei gleichzeitiger Diffamierung und verfassungsfeindlicher Diskriminierung der Rechtsopposition auf dem besten Weg zur Aufnahme in das "demokratische Lager" befinden, macht das Scheitern des Konzepts der wehrhaften Demokratie überdeutlich.
Nachdem in Teilen des Beitrittsgebietes das Kürzel "PDS" für "Partei Der Staatsbediensteten" steht, erscheint es wirklich lächerlich, ein beamtetes Mitglied der REP, welche in keiner Kontinuität mit einer Diktatur steht, dem von "Europa" zwischenzeitlich für menschenrechtsfeindlich erklärten "Radikalenerlaß" zu unterwerfen. Wahrscheinlich war der Prozeß der Ablösung des Konzepts der "wehrhaften", d. h. beschränkten Demokratie aber ohnehin unumgänglich, da dies zumindest aufzeigt, daß die sonderweglichen Vorschriften des Grundgesetzes allenfalls als Übergangslösung eines von den Befreiungsmächten erklärten ideologischen Notstandes[44] hinzunehmen waren.
Es wird langsam aber sicher Zeit, die "Befreiung" durch demokratische Freiheit abzulösen, weil sonst aufgrund der nunmehr bewirkten Linkslastigkeit des politischen Spektrums nicht nur der Rückfall in finsterste Befreiungszeiten sondern auch noch die Wiederholung der antifaschistischen Neuordnung unter nunmehr international-liberalen Vorzeichen droht, wo das Volk unter Berufung auf "Demokratie" totalitär unterdrückt wird. Dagegen hilft nur der volle politische Pluralismus, wozu fünfzig Jahre nach Ende der NS-Diktatur, d. h. nach Abtritt der letzten an diesem System aktiv Beteiligten auch die Möglichkeit gehört, eine legale NS-Partei zu gründen, zumal unverzüglich mit Ende der DDR-Diktatur die kommunistische Partei fortgeführt und deren Blockvarianten in den (sonstigen) "demokratischen Parteien" ihr Auskommen fanden. Zusammengefaßt:
Die Bundesrepublik Deutschland kann erst dann als wirklich demokratisches Staatswesen (im westlichen und nicht in einem utopischen Sinne) angesehen werden, wenn hier, wie etwa auch in den USA ohne legalisierte Diskriminierung eine nationalsozialistische Partei gegründet werden kann. Deshalb ist es so bedeutsam und demokratisch geboten, für die Freiheit des neo-nazistisch Denkenden einzutreten.
Anmerkungen
Quelle: Staatsbriefe 8(5) (1997), S. 4-14