STEFFEN WERNER / DER REVISIONISMUS UND DIE WELTPOLITISCHE LAGE ODER WANN KIPPT §130 STGB?
Mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in Paragraph 220a bezeichneten Art billigt, leugnet oder verharmlost, so die am 28. Oktober 1994 vom deutschen Bundestag beschlossene Neufassung des Paragraphen 130 des Strafgesetzbuches. Doch seit dem Herbst 1995 geschehen international merkwürdige Dinge. Mächtige Gruppierungen des Westens wenden sich gegen die Intention dieser Neufassung.
In Dänemark organisierte die Werbeagentur Saatchi & Saatchie 1995 eine Annoncen-Kampagne "Schützt die Meinungsfreiheit" mit dem Bild von Thies Christophersen, der den Begriff Auschwitzlüge erfand. Die Gefangenenhilfsorganisation Amnesty International vergab ihren Preis für die beste Anzeige im Kampf um die Meinungsfreiheit für diese Anzeige mit der Begründung: "Das Foto eines bekannten Nazis ist eine provozierende Wahl, die zeigen soll, wie die Meinungsfreiheit auch Dänemark und die Dänen angeht. Der Gedankengang ist, daß man auch verabscheuungswürdige Meinungen in aller Offenheit bekämpfen muß. Was nur geht, wenn sie frei geäußert werden dürfen."[1]
Am 29. Februar 1996 verfügte ein Pariser Gericht die Einstellung eines Verfahrens gegen Robert Faurisson wegen seiner Meinung zu den Vorgängen in Auschwitz. Dieser Vorgangveranlaßte Faurisson in einem Brief zu dem Satz: "Seit zwanzig Jahren, genau seit 1976, ist dies das erste Mal, daß ich aufatmen kann..."[2]
Am 10. März 1996 erklärte der Minister der Justiz, Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, in einer Fernsehsendung: "Unsere Sicht von Meinungsfreiheit ist in der Tat anders als in den USA, das wissen Sie ja auch und haben vorhin schon darauf hingewiesen. Wir werden - und das finde ich einigermaßen bedrückend - binnen kurzem von den USA wegen unserer Bestrafung der Auschwitzlüge eine förmliche hm, na nicht 'ne Anklage, eine förmliche Rüge über die Vereinten Nationen bekommen, weil wir auf diese Art und Weise Meinungsfreiheit einschränken."[3]
Am 24. April 1996 veröffentlichte die Frankfurter Allgemeine Zeitung[4] Auszüge aus Gesprächen zwischen Ignatz Bubis und Wolfgang Schäuble. Beide äußern sich zu dem ins Gerede gekommenen Gesetz. Beide verteidigen die heutige Existenz, bezweifeln aber seinen Bestand. Bubis: "Dieses Gesetz, das wir heute haben, werden wir eine Generation später nicht mehr brauchen... Selbst wenn es dann noch bestehen sollte, wird das Thema keines mehr sein." Schäuble: "Ich glaube zwar auch nicht, daß das Strafvorschriften für die Ewigkeit sind. Aber für hier und heute ist es richtig, selbst mit Gesetzen, die man unter rein juristischen Gesichtspunkten als problematisch empfinden kann, zu sagen: Hier gibt es Barrieren..." Schäuble räumt dabei ein, daß "es unter juristischen Gesichtspunkten eingentlich Unfug ist, Meinungsäußerungen zu verbieten."
Am 10. Mai 1996 berichtete die jüdische Zeitschrift Jewish Chronicle, daß der britische Europa-Kommissar Sir Leon Brittan gemeinsam mit der britischen Regierung es ablehnt, europaweit die Leugnung des Holocaust unter Strafe zu stellen. Brittan erklärte: "Wenn wir ein Gesetz haben, das den Menschen verbietet, Dinge zu sagen, selbst wenn sie offenkundig unwahr sind, dann helfe uns Gott."[5] Der britische Premierminister Major wurde mit der Ansicht zitiert, daß ein solches Gesetz darauf hinaus laufe, "Meinungen zu unterdrücken".[6] Chaim Bermant, der Chefkommentator von Jewish Chronicle, kommentierte in derselben Ausgabe: "Der ganze Prozeß der Geschichtsschreibung ist eine einzige Revision. Nicht nur deshalb, weil neue Fakten und Dokumente ans Licht gelangen, sondern weil sogar offenkundige (!) Tatsachen neu bewertet und interpretiert werden können...Gesetze zu verlangen, mit denen die erworbene Weisheit um den Holocaust für immer und ewig von diesem Prozeß abgeschirmt werden soll, widerspricht dem Diktat der Vernunft. Solche Gesetze sind vom Prinzip her falsch und sie sind nicht wirksam... Jeder Versuch, die Arbeit der Revisionisten zu ersticken, wird bei jedermann den Verdacht hervorrufen, daß es etwas zu verbergen gibt." [7]
Am 27. Juni 1996 erschien die französische Wochenzeitschrift L'Evénement du jeudi mit einem Bild des Abbé Pierre, der Partei für die Revisionisten genommen hatte, und der Schlagzeile: "Holocaust: Der Sieg der Revisionisten."[8] Im Inneren des Heftes äußern sich Simone Veil, P. Vidal-Naquet, der Faurisson mit seinen Anklagen vor Gericht brachte, Alain Finikielkraut, P. A. Taguieff, Jean-Francois Kahn und andere. Simone Veil will das Gesetz Gayssot, das unserer Neuänderung der Paragraphen 130 entspricht, abschaffen. Kahn fragt: "Wozu dient diese Art von wahnwitziger Hexenverfolgung, diese Hetze im Stil von McCarthy, die darin besteht, zweimal wöchentlich einen neuen Revisionisten oder Negationisten zu entlarven, zu jagen oder aufzustöbern?" Vrdal-Naquet bekennt: "Ich bin bereit, Faurisson zu töten, nicht aber ihn gerichtlich zu belangen.[9]
Im Juli und August schlägt Daniel Jonah Goldhagen, der in seinem Buch: "Hitler's Willing Exerutioners. Ordinary Germans and the Holorassist"[10], die Deutschen zu quasi genetisch bedingten Monstern verunstaltete, in einem Gespräch mit Michel Friedman an der Havard University vor, daß die Deutschen den Volksverhetzungsparagraphen abschaffen könnten[11]; und in seinem Spiegel-Gespräch mit Augstein auf Sylt spezifizierte er den Vorschlag: "Für die frühen Jahre der Bundesrepublik könnte man behaupten, daß solche Beschränkungen nötig waren. Aber ob das für immer die richtige Politik ist?... Staaten sind letztlich stärker und Gesellschaften kräftiger, wenn alle Ansichten vertreten werden dürfen..."[12]
In der November-Nummer von Mut findet sich in einem einschlägigen Artikel des Justizministers Schmidt-Jortzig folgende Passage: "...wie mit extremistischer Propaganda... umzugehen ist, wird von Engländern und Deutschen - ganz zu schweigen von den Amerikanern und Deutschen - nun einmal unterschiedlich beurteilt. Deshalb stößt die Strafverfolgung, auch soweit sie nach unseren nationalen Gesetzen möglich ist, an ihre Grenzen, denn in anderen Staaten, auf deren Kooperation wir angewiesen sind, haben das Recht auf Meinungsfreiheit und auf freie Rede einen viel absoluteren Stellenwert."[13] In der Konsequenz, so der Justizminister, muß sich der Rechtsstaat auf jene Felder zurückziehen, die für ihn beherrschbar sind!
Die sich hier abzeichnende Zäsur verstärkt Goldhagen, indem er sich von der Kollektivschuldthese wieder absetzt. Goldhagen: "Lassen Sie mich noch etwas sagen: Gestern saß ich draußen an der Fußgängerzone von Harnburg und aß etwas. Ich schaute um mich: junge Deutsche, Freunde und Freundinnen. Leute beim Einkaufen und Spazierengehen. Ich dachte: Was haben die mit der Vergangenheit zu tun, was haben sie mit ihr gemeinsam? Nichts. Säße ich in Boston, könnte ich ganz ähnliche Leute beobachten. Solche jungen Leute sollten sich nicht von der Vergangenheit gequält fühlen müssen.[14] Erinnert sei, welche Entrüstung einst Kohls Wort von der "Gnade der späten Geburt" ausgelöst hat.
Das Ungewöhnliche ist, daß diese Zäsur, zumindest in Deutschland, genau von denselben Personen getragen, oder zumindest unterstützend begleitet wird, die die Lage in den letzten Jahren verschärft haben. Das von Rudolf Augstein als "deutsches Unicum" bezeichnete Gesetz wurde erst vor knapp zwei Jahren beschlossen. Bis zu diesem Zeitpunkt galt in Deutschland, daß eine Meinung, die von der offiziellen Ansicht zu Auschwitz abwich, nicht strafbar war. Stralbar war die Beleidigung. In frühen Veröffentlichungen wurden die Analysen über die Vorkommnisse in Auschwitz oft von massiven antijüdischen Ausfällen begleitet. Das änderte sich in den letzten Jahren. Die alte Gesetzeslage griff zunehmend nicht mehr, als andere, nicht antisemitisch vorgeprägte Autoren sich mit dem Thema befaßten und sich die sachliche Argumentation mehr und mehr durchsetzte.
Als der Bundesgerichtshof feststellte, daß Äußerungen von Günter Deckert straffrei seien, da die Beleidigung fehle, wurde massiv interveniert: Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat das Urteil des Bundesgerichtshofs zur Leugnung der Ermordung von Millionen Juden mit allergrößtem Nachdruck kritisiert und eine Gesetzesänderung gefordert. "Die bis jetzt bekanntgewordene mündliche Begründung erweckt den Eindruck einer Gebrauchsanweisung, wie man der Bestrafung wegen der Verbreitung der Auschwitz-Lüge entgehen kann", erklärte die Organisation.[15] Daraufhin wurde der Gesetzgeber blitzartig aktiv. Nach einer ungewöhnlich kurzen Beratungszeit von nicht einmal sieben Monaten[16] änderte Ende Oktober unmittelbar nach der Bundestagswahl der Bundestag das Gesetz.
In den Wochen nach der Gesetzesänderung wurden dann Bücher beschlagnahmt, die schon seit Jahren auf dem Markt waren und die man, so der Anschein, nicht auf Grund der alten Gesetzeslage verbieten konnte.[17] Zumindest eine der Anzeigen, die die Staatsanwaltschaft veranlaßte, tätig zu werden, kam, so ist zu hören, von dem Rechtsanwaltbüro Friedman in Frankfurt. Goldhagen konfrontierte dann pikanterweise Friedman mit seinem Vorschlag, man solle den Volksverhetzungsparagraphen wieder abschaffen.[18]
Als in einer Kampagne, terminiert auf den 8. Mai 1995, alle Deutschen für alle Zeiten schuldig und nochmals schuldig gesprochen wurden, da fanden sich hier auch die Namen Bubis und Friedmann [19] von Michel Friedman kursiert das böse Wort: "Versöhnung ist ein absolut sinnloser Begriff. Den Erben des judenmordenden Staates kommt gar nichts anderes zu, als die schwere historische Verantwortung auf sich zu nehmen, generationenlang, für immer.[20]
Auffällig ist, daß bestimmte Formulierungen und Argumente von Daniel Goldhagen in dem oben genannten Spiegelgespräch schon vorher angespielt wurden. So beginnt ein Artikel über Friedmans Reise zu Goldhagen mit den Worten: "Im Auftrag der gekränkten deutschen Seele fliegt Michel Friedman nach Amerika. Die Deutschen sind betroffen und wollen es genau wissen: Hat Daniel Goldhagen wirklich alles so gemeint, wie er es niedergeschrieben hat? Mit der Kollektivschuld und dem genetischen Fehler in der deutschen Geschichte? Steht in seinem Buch auch alles, was er wirklich sagen will?[21] Und fast zu prompt reagiert Goldhagen im Gespräch mit Augstein so, als wollte er diese Fragen beantworten. Ganz am Anfang rückt er von der zentralen These, das deutsche Volk habe schon lange, schon vor Hitler vorgehabt, die Juden auszurotten, mit den Worten ab: "Mit dieser Interpretation bin ich nicht einverstanden. Aber wenn das so klingt, dann verzichte ich lieber auf die Formulierung...[22] Seine Ansicht zu dem Volksverhetzungsparagraphen - früher war er nötig - und seine Zweifel, ob er heute und vor allem auch in Zukunft noch nötig ist, ist quasi deckungsgleich mit der oben erwähnten Formulierung von Bubis, nur mit dem einen Unterschied. Was Bubis erst für die Zukunft erwägt, steht für Goldhagen jetzt schon zur Debatte.
Wägt man diese Äußerungen ab, bedenkt man, wer sich so äußert, dann reibt man sich verdutzt die Augen. Dreht sich die Welt? Wieso entdeckt der Westen plötzlich die Meinungsfreiheit? Prozesse gegen Revisionisten gibt es schon seit Jahrzehnten - und nicht nur in Deutschland! Das erste mir bekannte revisionistische Buch "Was ist Wahrheit?" stammt von Paul Rassinier, einem ehemaligen Buchenwaldhäftling, und ist über 30 Jahre alt. Woher plötzlich diese allseits zu beobachtenden Skrupel? Plötzlich ist es nicht mehr ausgeschlossen, daß die Vorgänge um Auschwitz, so Chaim Bermant, "neu bewertet und interpretiert werden" können. Plötzlich ist es für Schäuble und Bubis nicht mehr undenkbar, daß dieses nicht einmal zwei Jahre alte Gesetz - denn es ist ja nicht wahr, daß es aus der Frühzeit der Bundesrepublik stammt - in der Zukunft nicht mehr nötig sein wird!
Es muß also Gründe geben, warum hier alte Strickmuster unter einem sich abzeichnenden neuen Konsens zwischen den USA, Großbritannien, Dänemark, Frankreich und mit Bubis und Schäuble auch Deutschland an Gültigkeit verlieren. Was sind die Ursachen für diesen Wechsel?
Die angegebenen Gründe kann man als vorgeschoben abtun. Einen Schlüssel zu diesem Trendwechsel scheint mir das Gespräch zwischen Bubis und Schäuble zu liefern. Wichtiger als der Passus über das Gesetz zur Auschwitz-Lüge sind andere Passagen, die einen Paradigmawechsel der deutschen Politik anzukündigen scheinen. Schon daß das Gespräch zwischen den beiden geführt wurde, ist ungewöhnlich, aber noch mehr der Inhalt. Für unsere Untersuchung sind zwei Gesprächsfelder von Bedeutung, da sie eine generelle Änderung der bundesrepublikanischen Politik signalisieren - und daraus ergeben sich Aufschlüsse über die Ursachen jener sonderbaren Vorgänge, die oben skizziert wurden.
In der BRD steht der "Antifa-Block" von CDU/CSU, SPD, FDP, Grünen und PDS in einer einhelligen Front gegenüber den Republikanem und deren Wählem, die Bubis als "Leute die Häuser anzünden" schmähte.[23] Plötzlich entdeckt Bubis, "wie viele Parteileute der Republikaner das Gespräch mit mir suchen und deutlich machen wollen, daß ihr
ganzes Denken mit Antisemitismus überhaupt nichts zu tun habe."[24] Selbst Schönhuber, so Bubis, habe mit ihm sprechen wollen, bevor er "ausfallend" wurde. Die Tatsache, daß
Schönhuber solche Aktivitäten in einem Leserbrief bestreitet[25], erhöht die Bedeutung des Vorganges eher noch. Bei dem Einfluß, den Bubis gerade bei der Abgrenzung gegen
Rechts besitzt, und der zentralen Machtposition Schäubles ist ein solcher Vorgang kaum zu überschätzen. Beide werden sich jedes Wort, welches sie hier veröffentlichen lassen, genau überlegt haben.
Im zweiten Gesprächsfeld machen Bubis und Schäuble Front gegen die PDS und den marxistischen Flügel der Grünen.[26] Beide sollen aus der Politik verschwinden. Bubis nimmt Partei für die "Realpolitikef Fischer, Vollmer und Schoppe. Er wendet sich gegen die "allzu platte und dumpfe Anti-Militarismus-Masche" des linken Flügels. Schäuble kritisiert den linken Flügel mit seiner "linksideologischen Betrachtungsweise", die dazu führe, daß die Grünen die Wirklichkeit mit zweierlei Maß messen. Im Gespräch offenbaren sich auch das Ziel und die Taktik der beiden. Ziel ist es, den linken Flügel mit seiner Sympathie für die PDS auszuschalten. Die Taktik besteht darin, massiv auf die doppelte Moral der Grünen hinzuweisen und den linken Flügel als Ursache anzuschwärzen. Der linke Flügel der Grünen soll von den Mitgliedern und den Wählern isoliert werden.
In einem subtilen Zusammenspiel von Schäuble, Bubis und dem Gesprächsleiter Frank Schirrmacher wird eine generelle Ausgrenzung der extremen Linken angepeilt. So lenkt Schirrmacher das Gespräch auf eine Äußerung von Richard von Weizsäcker, daß es falsch sei, die PDS als Menetekel an die Wand zu malen. Das erst treibe der PDS die Wähler zu. Schäuble zeigt sich über diese Äußerung "verwirrt". Leise lassen Bubis und Schäuble die Warnung anklingen, von Weizsäcker möge sein Ansehen nicht verspielen. Ein "Schmusekurs gegenüber der PDS" sei falsch, die Taktik der Ausgrenzung gegenüber den Republikanern sei auch gegen die PDS anzuwenden. Bubis sieht im Kampf gegen die PDS alle Parteien gefordert. Und das Gespräch abschließend, malt Bubis die linke Gefahr: "Es ist sogar im Interesse Deutschlands, die PDS zum Verschwinden zu bringen...Da geht es nicht um das Interesse dieser oder jener Partei. Denn: Ein Zipfelchen der Macht, und sie werden ihre Krallen zeigen."
Ignatz Bubis sieht die Wiederkehr der Nation. Nach 1945 seien Begriffe wie Nation verpönt gewesen. Man könne jedoch nicht "den Bedarf, der sich mit ihnen inhaltlich verbindet, ebenfalls unterdrücken, schon gar nicht fünfzig Jahre lang." Die offizielle Politik scheint ihr Gewicht nach rechts zu verlagern - unter Kontrolle und Assistenz von Schäuble.
Auch hier wiederholt sich das Muster. Altbekannte Tatsachen werden plötzlich neu "entdeckt" und bewertet. Alles das, was Bubis hier von den Republikanern anführt, ist keineswegs neu. Auch daß die Grünen einen marxistischen Flügel haben, ist seit der Gründung dieser Partei bekannt. Und die PDS? Wer hat denn diese Partei groß gemacht? Wesentlich haben jene dazu beigetragen, die ihr die riesigen Beträge aus dem Parteivermögen der SED zugeschoben haben! Ohne die Hilfe der CDU/CSU und dem Stillschweigen von Bubis wäre das nicht möglich gewesen.
Diese gesprächsweise entworfene, neue Politik verschiebt den Schwerpunkt einer künftigen Politik. Das Bündnis der Antifa warnte einst: Die Gefahr für dieses Land kommt von rechts. Jetzt, so Bubis Warnungen vor der PDS, droht die Gefahr von links. Doch repräsentieren sowohl die PDS als auch der linke Flügel der Grünen zusammen allenfalls 10 % der Wähler! Daß dieses Land für linke Ideen nicht anfällig ist, belegt die deutsche Geschichte! Woher plötzlich diese Angst?
Die Ursache muß man wohl außerhalb Deutschlands suchen! Wenn sich in Deutschland eine Politik durchsetzen würde, die den Interessen der USA widerspräche, dann würde notfalls interveniert. Wie rüde die Amerikaner mit unbotmäßigen Ländern umspringen können, belegt das Beispiel Irak. Solange Krieg gegen den Iran geführt wurde, war Saddam Hussein ein wohlgelittener Mann. Als er eigene Interessen vertrat, Zugang zum Meer und zum Öl anstrebte, da wurde das rigoros unterbunden. Es muß ein Ereignis drohen, das sich dem Einfluß des Westens entzieht und das von der PDS und dem linken Flügel der Grünen begrüßt würde, ein Ereignis, das auch Deutschland verändern könnte! Das gesteigerte Interesse an der PDS weist auf Rußland, Bubis Wiederentdeckung der deutschen Nation auf uns Deutsche. Betrachten wir also die weltpolitische Lage.
Nach dem Ende des 2. Weltkrieges und der Niederlage Deutschlands begann der massive Siegeszug des Kommunismus. Die Rote Armee überrollte halb Europa. In Asien wurden China und Nordkorea kommunistisch. Der Kommunismus bedrohte alle Staaten. Als Gegenwehr erwuchs ein Ring aus NATO und SEATO um die kommunistische Welt, selbst die arabischen Staaten wurden durch ihre Interessenlage zumindest verdeckt mit eingebunden. Die gemeinsame Bedrohung ließ die Interessengegensätze als zweitrangig zurücktreten. Die Welt erstarrte im Status quo. Stellvertreterkriege erhöhten eher die Spannungen zwischen den zusammengezwungenen Völkern als sie zu vermindern. 1989 verschwand schlagartig die Bedrohung. Die hinten an gestellten Probleme treten seitdem umso schärfer hervor. Der antikommunistische Block zerfällt, neue Blöcke bilden sich, darunter zwei mit einem nichtwestlichen Lebenshintergrund.
Südostasien befreit von der kommunistischen Gefahr, gewinnt durch seine erfolgreiche Wirtschaftspolitik stetig wirtschaftliche Macht, löst sich von den westlichen Vorbildern und zieht sich auf uralte Traditionen zurück, indem es den Schlüssel für den eigenen wirtschaftlichen Erfolg in der Lehre des Konfuzius sieht.[27] Der Gigant China wird zunehmend weniger als Gefahr, sondern als Geistesverwandter begriffen, der diesem Raum weltpolitisches Gewicht verleiht. China scheint sich behutsam in dieses Puzzle einfügen zu wollen. Das belegt zumindest die Warnung des ehemaligen Ministerpräsidenten von Singapur, Lee Kuan Yew, daß China nicht in der Taiwan- und Hongkong-Frage versagen dürfe, die ökonomischen Kosten seien dann sehr hoch. Chinas Innenpolitik werde kaum zu globalen Reaktionen führen. Trotz oder gerade wegen dieser offenen Worte wurde Lee Kuan Yew in China überschwenglich empfangen. In der Hongkong-Frage hat China inzwischen seinen harten Kurs geändert.[28] John Nasbitt prophezeit in seinem Buch "Megatrends Asien" die Entstehung einer neuen asiatischen Mittelschicht von über einer Milliarde Menschen, deren Wirtschaftskraft sich durch chinesische Familiennetzwerke ins Gigantische bündele. Schon sei das Netzwerk der 57 Millionen Auslandschinesen, davon 54 Millionen allein in Asien, mit einem Bruttosozialprodukt von 2 bis 3 Billionen Dollar die drittgrößte Wirtschaftsmacht der Erde.[29]
Der zweite Block entsteht in der arabischen Welt. Durch das Öl zu Geld und wirtschaftlichem Einfluß gekommen, droht der Fundamentalismus die in sich Jahrhundertelang zerstrittene arabische Welt zu einen antiwestlichen Block zusammenzuschweißen. Die arabische Welt, die stolz auf über tausend Jahre eigen-ständischer Kultur zurückblickt, fühlt sich durch die imperialistischen Einfälle des Westens gedemütigt. Der Fundamentalismus erschließt ein neues arabisches Selbstbewußtsein, das sich ganz gezielt gegen den Westen stellt und in den USA das Reich des Satans sieht. Torheiten, wie die amerikanische Intervention im Irak, fördern nur die Ausbreitung des Fundamentalismus. Die Dynastie der Saudis, der sicherste Stützpunkt der USA, droht zu verschwinden, wenn sie sich nicht mit dem Fundamentalismus arrangiert. Dieser bietet den Monarchien, langfristig sogar, eine bessere Überlebensgarantie als der republikanisch-demokratische Westen. Denn wer in Saudi-Arabien die Menschenrechte einfordert, beispielsweise auch das Wahlrecht, muß sich gegen die arabischen Königshäuser stellen.
Der ganze Raum ist in einem tiefgreifenden Umbruch begriffen, der nach außen nur selten sichtbar wird. So orientieren sich die antiwestlichen, vormals kommunistischen Intellektuellen plötzlich am Fundamentalismus, "und die Erklärung ist einfach: Sie wollen die Macht"[30], so der ägyptische, christliche Filmregisseur Youssef Chahine. In der sich als laizistisch verstehenden Türkei haben die Fundamentalisten inzwischen die Regierung übernommen und knüpften als erstes Kontakt zum antiamerikanischen Iran.[31] Der Einfluß des Fundamentalismus reicht über die rein arabische Welt hinaus, sie könnte auch die asiatisch-islamischen Republiken der ehemaligen Sowjetunion, ebenso auch Pakistan, Afghanistan und Indonesien in einen Machtblock einbinden.
Die USA besinnen sich auf ihr demokratisches Sendungsbewußtsein und präsentieren ihre "Neue Weltordnung", die ja nur eine neue Chiffre für den "american way of life" ist. Das dürfte sich einst als der Haupthohler der USA erweisen, anderen Kulturen ihren Lebensstil aufzwingen zu wollen. Die Weltmacht Rom akzeptierte die lokalen Eigenheiten, wenn die Unterworfenen die Oberhoheit des Kaisers anerkannten. Die USA wählen den umgekehrten Weg. Jedes Land darf politisch unabhängig bleiben, wenn es sich der amerikanischen Kultur unterwirft. Dadurch treiben die USA selbst ihnen wohlgesinnte Völker in eine Frontstellung und fördern die Bildung kultureller Machtblöcke, die ihre eigene Art zu leben verteidigen.
Zwar umfassen beide, der ostasiatische und der arabische Großraum, eine Vielzahl von Völkern mit sich widerstrebenden Interessen, doch so wie der Kommunismus den Rest der Welt zur Solidarität gezwungen hat, so könnte dieses auch den USA gelingen. Hier scheint die Lage schon bereitet. Die Todfeinde Taiwan und China entdecken bei dem Konflikt zwischen China und Japan um die Diaoyu-Inseln ihr gemeinsames chinesisches Nationalgefühl [32], und der israelische Premier Netanjahu scheint durch einen törichten Tunnelbau die arabischen Herrscher zusammenzubringen.[33]
Das Konfliktpotential zwischen diesen Blöcken und den USA vergrößert sich durch die wirtschaftliche Macht dieser Räume, sei es, daß sie Ölquellen kontrollieren, sei es, daß sie erfolgreich mit amerikanischen Konzernen konkurrieren. Sogar Europa klagt inzwischen über den amerikanischen Wirtschaftsimperialismus. Die "Neue Weltordnung" hat einen massiven wirtschaftlichen Hintergrund. Im Gefolge des "american way of life" kommen die großen amerikanischen Fastfood-Konzeme, wie Mac Donald und Coca Cola, die Traumfabrik Hollywood und die amerikanische Musikindustrie, Hotelketten wie Holiday Inn oder Software-Giganten wie Microsoft und das Internet, mit dessen Hilfe das amerikanische sich zur Universalsprache entwickeln soll. Alle diese amerikanischen Produkte verdanken ihren Erfolg allein der Vorbildrolle der USA.
Das Vehikel für die Durchsetzung der kulturellen Hegemonie sind die Menschenrechte. Da gilt es schon als Verstoß gegen die Meinungsfreiheit, wenn sich im Internet die Päderasten nicht ausbreiten dürfen.[34] Frei im Sinne der USA ist nur ein Staat, der die amerikanischen Lebensgewohnheiten toleriert. So ist folgerichtig und durchaus von geopolitischem Interesse, wenn die amerikanische Menschenrechtsorganisation "Freedom House" in einer Jahresbilanz die Staaten in freie, teilweise freie und nicht freie klassifiziert.[35]
Aus dieser Karte der freien Staaten ergeben sich interessante geopolitische Aufschlüsse, wenn man den Begriff der Gegenküste im Sinne von Jordis von Lohausen [36] heranzieht. Von Lohausen definiert die amerikanische Weltmacht als Seemacht, sie beruhe auf der unbestrittenen Vorherrschaft über das eigene (nordamerikanische) Festland, der uneingeschränkten Verfügung über dessen Rohstoffe und der unverlierbaren Lage an den beiden großen Ozeanen. Als Seemacht kann Amerika die Kontrolle über das Meer jedoch nur behaupten, wenn sie ihre Gegenufer kontrolliert und dort zumindest Brückenköpfe hält!
Betrachtet man die oben erwähnte Karte, dann zeigt sich, daß der Einfluß der USA automatisch schwinden muß. Diese dort vorgenommene Einteilung der Welt in freie, halbfreie und nicht freie Staaten wirkt wie eine Einteilung der Welt in Freunde, Noch nicht Feinde und Feinde. Zwar umfaßt die Liste der Namen, die als "frei" im Sinne der USA gelten, immerhin 76 Länder. Sie stellen damit den größten Block, doch der überwiegende Teil dieser Staaten ist macht- oder wirtschaftspolitisch wenig gewichtig, viele dieser Staaten, wie Nauru, Tuvalu, Kiribati, Palau kennt selbst der Zeitungsleser oft nicht mal den Namen nach.
Geopolitisch stechen drei kompakte Blöcke heraus: Nordamerika, Europa (ohne Osteuropa) und Australien. In Afrika findet sich als freier Block Südafrika mit Namibia und Bootswana, in Südamerika bilden lediglich Argentinien und Chile eine solche Einheit, während in Asien nur ein Brückenkopf aus Südkorea und Japan verzeichnet wird.
Von den USA aus gesehen verfügen die USA an ihrem westlichen Ufer nur noch über Australien und in Asien über die Brückenköpfe Japan und Südkorea. Am östlichen Ufer liegen als befreundete Staaten nur die Südafrikanische Republik nebst Anhang und die NATO-Staaten. Auf dem eigenen Südkontinent sind als freie Staaten lediglich Chile und Argentinien von Bedeutung, während der große Nachbar Mexiko zu den teilweise freien Staaten gezählt wird. Zu den sicheren Verbündeten in dieser Welt der westlichen Werte darf man den Kriegsgegner Japan mit seinem Hiroshima-Trauma, die lateinamerikanischen und die südafrikanischen Staaten gewiß nicht zählen. Hinzu kommt, daß Japan als Brückenkopf seinerseits leicht isolierbar und Südkorea militärisch kaum gegen den asiatischen Raum zu halten ist.
Allein das Gegenufer Europa verfügt überein eigenes Hinterland. Eine Schlüsselrolle auf diesem Machtglobus kommt, und so sehen das auch die Verfasser der Jahresbilanz, Rußland zu. "Die größte Besorgnis konzentriert sich auf Rußland, seine wirre Innenpolitik, den nachwirkenden Krieg in Tschetschenien, das Comeback ehemaliger Kommunisten...[37] Wenn sich Rußland, in der Karte als halbfrei eingetragen, zu einem antiwestlichen Land wenden sollte, dann nimmt das geopolitische Bild bedrohliche Formen an. Rußland kann vom Land her West- und Mitteleuropa ernsthaft bedrohen!
Zieht man die unsicheren Kantonisten ab,- so meine ich kürzlich gelesen zu haben, daß sich Pinochet weigert, in Chile eine sozialdemokratische Regierung zu akzeptieren, könnten die USA sehr rasch von feindlichen Gegenufern umgeben sein, außer Australien, West- und Mitteleuropa bliebe nichts übrig. Australien mit seiner geringen Besiedelung und seiner geographischen Anbindung an den asiatischen Raum kann ebenfalls sehr schnell verloren gehen. Eine Welt voller feindlicher Gegenufer würde nicht nur die Weltmachtambitionen und den Welthandel der USA beenden, ein so geschwächtes Amerika könnte sogar durch die mexikanische Grenze der USA, dem Einfalltor für spanische Zuwanderer, direkt gefährdet werden.
In dieser neuen weltpolitischen Konstellation kommt den beiden Landmächten Rußland und Deutschland eine Schlüsselrolle zu! Doch wie ist die Lage in diesen Ländern?
Für uns Deutsche war das Jahr 1995 fürchterlich. Als 1966 in Israel der Premierminister Eschkol in einer Tischrede erklärte: "Wir können nicht vergessen, wir wollen nicht vergessen warnte Konrad Adenauer: "Wenn guter Wille nicht anerkannt wird, kann daraus nichts Gutes entstehen.[38] Doch nicht nur Israel, der ganze Westen hat diese Mahnung in den Wind geschlagen. Statt Versöhnung wurde fünfzig Jahre nach dem großen Krieg eine noch nie dagewesene Kampagne losgetreten [39], die "die Deutschen", egal wie alt, egal welcher politischen Coleur, als Tätervolk brandmarkte und sie wie Vieh zum moralischen Abschlachten freigab. Ein Orkan von Haß fegte alles weg, was Deutschland an gutem Willen vorzuweisen hatte! Wer da gemeint hatte, es habe ein Ende, weiter könne es doch nicht mehr gehen, der wurde plötzlich über Nacht mit dem Buch des jungen amerikanischen Juden Daniel Jonah Goldhagen konfrontiert, das schon vor seinem Erscheinen generalstabsmäßig in den Medien als "das Werk" über das Deutsche Volk und seine Verbrechen vorgestellt wurde und in dem, so die Kritik, die Stigmatisierung der Deutschen wissenschaftlich begründet werde. Goldhagen präsentierte die Deutschen als Inkarnation des Bösen, als tollwütiges Vieh, das es, so die unausgesprochene Konsequenz, auch physisch abzuschlachten gelte, wie es schon Lech Walesa vorgeschlagen hatte und 95 Jahre vor ihm schon die britische Wochenzeitung "Saturday Review"[40]
In Rußland zeichnete sich Ende 1995 ab, daß die Präsidentenwahl für Boris Jelzin keineswegs gewonnen war. Die Umfragen rechneten mit 40 % der Stimmen im zweiten Wahlgang für den kommunistischen Kandidaten Gennadij Sjuganow, sechs Prozent mehr als für Boris Jelzin.[41] Die PDS und die Linken bei den Grünen würden in diesem Präsidenten einen Partner für ihre Politik sehen und ein Zusammengehen beider Länder anstreben!
Zwar gewann dann Boris Jelzin die Wahl mit General Lebeds Hilfe, aber Jelzin ist ein sehr kranker Mann. Wer nach ihm kommt, ist offen. Die beiden mächtigsten Konkurrenten, Lebed und Sjuganow, stehen dem westlichen Liberalismus feindlich gegenüber. Daß die amerikanische Regierung Rußland nicht traut, zeigt eine Untersuchung von führenden Mitarbeitern der ehemaligen Präsidenten Reagan und Bush, sie fürchten für Rußland für die Zeit nach Jelzin. Mit Billigung von Bill Clinton lehnen sie ab, die G-7 Gruppe um Rußland zu erweitem.[42] Wendet sich Rußland gegen den Westen, dann käme Deutschland in dieser neuen weltpolitischen Lage eine geopolitische Schlüsselposition zu.
Doch Deutschland sieht sich als Partner der USA und nicht als Partner Rußlands. Das könnte sich gleichwohl ändern! Hans-Dietrich Sander hat schon vor Jahren in einem Disput mit Wolfgang Strauss darauf verwiesen, daß ein entschlossenes Rußland mindestens eine deutsche Karte in den Händen hält, die sticht. Moskau brauche nur bestimmte Akten auf den Tisch zu legen und die ganze stabile Westbindung zerfalle wie ein Kartenhaus.[43]
Die Russen wissen auch genauestens, wie der 2.Weltkrieg entstanden ist. Stalin hat sogar seine Urheberschaft am deutsch-sowjetischen Krieg eingestanden, als er Djilas ankündigte: "Der Krieg wird bald vorbei sein. In fünfzehn oder zwanzig Jahren werden wir uns erholt haben, und dann werden wir es noch einmal versuchen.[44] Und sicher würde sich in den Akten auch die Erklärung für den Ausruf der Frau des russischen Großfürsten Nikolaj Nikolajewitsch gegenüber Poincare am Vorabend des l.Weltkrieges finden: "Der Krieg wird ausbrechen. Von Österreich wird nichts mehr übrig bleiben... Deutschland wird vernichtet werden![45]
Würden diesem gedemütigten, gequälten, von Schuld überladenen Deutschland von russischer Seite auf eine überzeugende Weise Dokumente präsentiert, die das bundesrepublikanische Geschichtsbild auch nur in einem Punkt auf den Kopfstellen, dann wäre für den Westen zu fürchten, daß der Furor teutonicus aus der Tiefe dieser geschundenen deutschen Seele emporbricht und alles Westliche hinwegfegt.
Der Vorgang wüchse ins Fürchterliche, würde sich erweisen, daß Bonner Politiker gleichsam als des Westens willige Vollstrecker mitgeholfen haben, entlastende Argumente zu kriminalisieren und gefälschte Dokumente gegen unser Land zu verbreiten! Welche Zuspitzung die geistige Lage durch das Goldhagen-Buch erfahren hat, zeigt sich in den verstörten Reaktionen der gutwilligsten Bannenträger des Westens, wie Peter Glotz oder Gräfin Dönhoff, und der Flucht nach von, die Peter Gauweiler antrat.[46] Die Wiederentdeckung der Meinungsfreiheit durch den Westen, die Ausgrenzung der PDS und die Präsentation des Wolfgang Schäuble als nationalen Politiker, der die Rechte integriert, das könnte Teil einer Strategie des Westens sein, die die Zeit nutzen will, die verbleibt, bis der Mann des Westens in Rußland, Boris Jelzin, so oder so abtritt und eine andere, für den Westen unberechenbare Politik droht, welche vielleicht die deutsche Karte spielt. Das würde erklären, weswegen plötzlich Ignatz Bubis die deutsche Nation entdeckt, weswegen plötzlich Goldhagens Buch Unfug, er unwissend [47] und ein Versager [48] ist. Das würde
erklären, weshalb Michel Friedman im "Auftrag der gekränkten deutschen Seele" zu Daniel
Goldhagen fliegt, weshalb Goldhagen plötzlich von Unsinn der Kollektivschuld spricht und die deutsche Jugend - und inzwischen Hans Mommsen sogar die Deutschen als Volk - von den Verbrechen des Nationalsozialismus dispensiert.[49] Eine akrobatische Kehrtwende aus dem Stand. Das Leninwort: "Wer Deutschland hat, der hat Europa", scheint nach dem Untergang des Kommunismus als neues Gespenst umzugehen.
Anmerkungen