Leserbriefe

Allgemeines

Wie ich Revisionist geworden bin

Dreißig Jahre lang hatte ich eine große Allgemeinpraxis im Ruhrgebiet. Ich bin Jahrgang 1920, habe also die Zeit des Dritten Reichs von 1933 bis 1939 mit vollem Bewußtsein, aber auch mit Kritik miterlebt und kann nachträglich ohne Ressentiments sagen, daß ich von dem Frühlingssturm, der damals Deutschland erschütterte, aber auch aufrichtete, begeistert gewesen bin. Der Beginn des Kriegs von 1939 begeisterte mich nicht, denn ich hatte schon das Medizinstudium begonnen, wurde 1941 in Österreich aus dem Studium herausgerissen und war die ganze Kriegszeit über im Osten und z.T. in Finnland. Habe mit viel Glück diese Zeit überlebt, während viele Mitschüler von mir aus der Volksschule und auch aus dem Gymnasium im Osten ihr Leben lassen mußten und in Rußland verscharrt worden sind.

Nach dem Krieg machte ich unter schwierigsten Verhältnissen mein Staatsexamen, schlug mich in verschiedenen Krankenhäusern mehr schlecht als recht durch und eröffnete im Jahre 1958 meine Praxis in einer Großstadt des Ruhrgebiets. Nach einer kargen Anfangszeit hatte ich nach zwei Jahren eine gutgehende Praxis und hatte dann im Laufe der Jahre auch mit verschiedenen Patienten interessante Erlebnisse, von denen ich eines ausführlich berichten möchte.

Es war um die Zeit der aufsehenerregenden Prozesse um die angeblichen Untaten und Brutalitäten des Wachpersonals im Bereich der Arbeitslager um Auschwitz herum, die fast täglich von den Zeitungen als Gerichtsberichterstattung gebracht wurden. Ich hatte abends Gelegenheit, die Zeitung zu lesen, und ich sagte dann zu meiner Frau: Es ist doch seltsam, daß wir als Soldaten niemals von solchen Brutalitäten und Mißhandlungen, ja sogar Tötungen gehört hatten, denn so etwas spricht sich doch herum. Auch hatte ich zweimal während der Kriegszeit Heimaturlaub bei den Eltern, auch dort wurde niemals ein Wort über diese Dinge gesprochen, weil auch meine Eltern nichts darüber vernommen hatten, obwohl der Bekanntenkreis sehr groß war und auch genügend andere Dinge besprochen wurden, die nicht in den Zeitungen veröffentlicht worden waren.

Um diese Zeit – so um 1962 und 1963 – hatte ich eine Patientin, die schon lange zu mir in die Praxis kam, auch mit den beiden Kindern, die noch zur Schule gingen. Da ich gelegentlich auch in der Familie Hausbesuche machen mußte, war das Verhältnis Arzt zu Patient nicht so förmlich, wie sonst üblich. Es hatte sich eine gewisse persönliche Bekanntschaft entwickelt, und man sprach auch schon mal über andre Dinge, die in der Öffentlichkeit diskutiert wurden. Eines Abends, als Frau Schulze (so will ich sie mal nennen) zufällig die letzte Patientin war, die im Wartezimmer auf die Konsultation wartete, stellte Frau Schulze dann die Frage (nachdem ich das Rezept geschrieben hatte): Herr Doktor, lesen Sie regelmäßig die Zeitung, und ich meine insbesondere die Berichte über die Prozesse, die in Frankfurt gegen das Wachpersonal der KZ-Lager um Auschwitz im Moment geführt werden? Ich bejahte die Frage und sagte auch gleich, daß ich im Kriege lange Jahre Soldat im Osten gewesen sei und deshalb kaum etwas über diese Probleme hätte hören können. Vom Lesen von Zeitungen ganz zu schweigen, denn Zeitungen kamen nur selten zu uns in die Frontregion, und meistens waren sie dann schon uralt und nicht mehr interessant.

Frau Schulze sagte dann: Ich kann Ihnen nur mit gutem Gewissen sagen, daß bei diesen Prozessen von den verschiedenen Zeugen maßlos und in nicht zu verstehender Weise gelogen und betrogen worden ist. Ich war selbstredend erstaunt über diese Feststellung und fragte dann: Wie kommen Sie zu dieser Behauptung? Frau Schulze: Herr Doktor, ich weiß, daß Sie als Arzt zum Schweigen über Patientenaussagen verpflichtet sind und darum muß ich Sie inständig bitten, wenn ich ihnen jetzt ein Geständnis mache. Ich sagte ihr meine Verschwiegenheit zu, und sie erzählte dann: Ich bin fast zwei Jahre lang in einem Arbeitslager in Mitteldeutschland gewesen, ein Lager das auch als KZ bezeichnet worden ist. Es war so, daß ich im Jahre 1942 – war damals 18 Jahre alt – zur Post dienstverpflichtet worden bin. Ich bin als Briefträgerin ausgebildet worden und habe dann immer vormittags einen großen Bereich der Stadt zu versorgen gehabt, nicht nur mit Briefen, sondern auch mit Zeitungen und Päckchen. Unter diesen Päckchen waren immer auch viele Feldpostpäckchen. Mit der Zeit hatte ich dann herausbekommen, daß in diesen Päckchen vieles verschickt worden ist, was bei uns langsam Mangelware wurde, so Kaffee, Schokolade, Konservendosen mit Blutwurst, Leberwurst und Corned beef usw. usw. Ich bekam auch im Laufe der Zeit kleine Geschenke, so daß ich wußte, was in diesen Päckchen verschickt worden ist. Meine Familie hatte keinen Angehörigen als Soldat in den besetzten Gebieten, wir bekamen also solche Sendungen nicht. Ich war jung und unerfahren, und ich sage heute, daß es schändlich ist, wenn man im Dienst solche Sendungen stiehlt. Aber der Neid war groß, und da ich sah, daß manche Familien derartige Sendungen recht häufig und in dichten Abständen erhielten, besaß ich die Dreistigkeit und habe ab und zu ein Päckchen verschwinden lassen und nach Hause gebracht. Den Eltern sagte ich, diese Dinge seien mir geschenkt worden.

Da die Absender dieser Päckchen aber oft an die Angehörigen schrieben, daß sie ein Päckchen weggeschickt hatten, was aber nicht angekommen war, weil dieses Nichtankommmen dann aber als Diebstahl gewertet wurde, und weil Anzeige und Beschwerde bei der Postverwaltung eingelegt worden war, wovon ich nichts wußte, weil also der Postverwaltung auffiel, daß in meinem Bezirk dieses „Nichtankommen" häufig war, dauerte es nicht lange, daß ich überwacht wurde, und es erfolgte eine Hausdurchsuchung, man fand Materialien, die eindeutig verrieten, daß ich für den Diebstahl verantwortlich war.

Ich wurde verhaftet, und schon bald fand eine Gerichtsverhandlung statt. Ich hatte es nur dem guten Ruf meiner Familie und meiner Jugend zu verdanken, daß man von Seiten des Richters gnädig war und mir nur eine Haftstrafe von zwei Jahren aufgebrummt wurde, die ich dann per „Grüne-Minna-Transport" in diesem. Lager in Mitteldeutschland verbringen mußte. (Ich, der Schreibende dieses Berichts, habe heute den Namen dieser Ortschaft und Gegend nach 40 Jahren vergessen).

Ich habe mich dann mit Frau Schulze noch eingehend über viele Dinge unterhalten, die mich interessierten, nicht nur an diesem Abend, sondern auch an anderen Tagen, wenn ich Zeit dazu hatte. Das, was sie mir mitgeteilt hat, will ich zusammenfassend hier berichten. Das Lager umfaßte etwa 10.000 Personen, alles Frauen unter Bewachung von Wärterinnen. In der Verwaltung saßen auch Männer, die Häftlingsfrauen hatten aber kaum Kontakt mit diesen Angestellten. Die Wachfrauen waren älter und hatten fast alle gute Manieren. Sie waren streng und zurückhaltend, es war von oben her verboten, daß es zu sogenannter Fraternisierungen kam. Frau Schulze hatte ein normales Verhältnis zu den Wachfrauen, und weil sie gut gelitten war, wurde sie auch etwas vorzeitig vor Vollendung der Haftzeit nach Hause entlassen. Sie hatte sehr geringen Briefkontakt mit den Eltern.

Das Lager bestand aus Holzbaracken, und die Unterbringung erfolgte in Kammern zu 12 oder 14 Personen; die Betten standen zu zweit übereinander. Die Matratzen waren aus grobem Stoff und z.T. mit Stroh gefüllt, es gab aber auch Matratzen mit Füllung aus Kapok oder Seegras. Die Räume wurden sehr sauber gehalten; die Unterwäsche und Leibwäsche bekamen sie von der Kleiderkammer, sie mußten aber die Wäsche selbst waschen. Die Kleider wurden auch gestellt, sie waren aus groben Stoffen, in verschiedenen Farben. Diese Kleider wurden in bestimmten Abständen gewechselt und chemisch gereinigt. Die Verpflegung war nicht reichlich, aber für Frau Schulze ausreichend. Man mußte bedenken, daß sie in einer großen Fabrik arbeitete und dort auch das Mittagessen bekam. Die Arbeit war nicht sehr anstrengend und mit der Zeit, wie sie sagte, hatte sie auch die nötige Routine. Sie arbeitete immer mit einer größeren Zahl Mithäftlinge in der Fabrik und hatte Gelegenheit, Nachrichten und Informationen auszutauschen. Die Aufsicht durch Vorarbeiter oder Frauen war normal, auch die Meister in der Fabrik waren in keiner Weise vorlaut und aufdringlich, jedenfalls wurden sie auch in der Fabrik nicht schlecht behandelt oder als Menschen dritter Klasse angesehen.

Was die Nationalität der Frauen anbelangte, so war es ein großes Gemisch aus verschiedenen Völkern. Die deutschen Frauen waren selbstredend in der weiten Mehrzahl, aber es gab auch Französinnen und Holländerinnen, auch viele Frauen aus Osteuropa. Warum diese Frauen eine Haftzeit im Lager verbringen mußten, wurde von den wenigsten den anderen Frauen bekannt gegeben, viele behaupteten, sie wären unschuldig in diese Haft gekommen. Ganz ohne Zweifel war es für Frau Schulze, daß eine Masse der Frauen kriminelle Veranlagung hatte, sie waren Prostituierte mit Verhältnissen zu Verbrechern, oder sie hatten Verbrechen unterstützt. Unter den Frauen waren auch Jüdinnen, aber Frau Schulze konnte nicht sagen, wie hoch der Prozentsatz der jüdischen Häftlinge war. Diese Jüdinnen hielten sich im allgemeinen zurück und hatten keine große Kameradschaft mit den anderen Frauen. Sie hatte mehrere Monate lang engeren Kontakt mit einer Jüdin, weil sie zusammen an einem Projekt in der Fabrik arbeiteten. Diese Frau sprach nur über alltägliche Dinge, und es war eine Ausnahme, als sie sich einmal äußerte, daß sie aus einer gutbürgerlichen Familie stammen würde und daß sie es bis heute nicht verstehen könnte, warum man ihre Familie so grausam und brutal behandelt, alle aus der Wohnung entfernt und in Lager transportiert hätte. Die Familie sei immer treu-deutsch gewesen und sie hätten sich nie mit irgendwelchen Oppositionsgruppen abgegeben. Aus ihrer Verwandtschaft waren mehrere Männer Teilnehmer am Krieg von 1914-18 gewesen. Sie betonte, daß in diesem Krieg an die 10.000 Juden gefallen seien. Diese Ungerechtigkeiten und Brutalitäten würden sich eines Tagen an den Machthabern rächen. Die Faschisten und Judenhasser führten Krieg gegen die ganze Welt, und sie sollten doch nicht glauben, daß sie diesen Krieg auch gegen Amerika gewinnen könnten.

Frau Schulze hatte auf diese Feststellungen keine Anwort geben können, sie war damals viel zu jung, um diese Argumentation zu verstehen. Im Winter 1943/44 kamen viele Häftlinge aus anderen Lagern aus dem Osten in das Lager von Frau Schulze; sie hörten gerüchteweise, daß diese Lager im Osten teilweise geleert werden sollen, weil die Front mit den Russen immer näher nach Westen rückte. Es war klar, daß mit den neuen Häftlingen viel über die anderen Lager gesprochen wurde. Viele der Neuen beklagten sich über die Zustände in diesen Lagern, die Verpflegung war nicht so reichhaltig, und auch die Sauberkeit in den Lagern ließ zu wünschen übrig. Aber Frau Schulze hatte nie gehört, daß es in den anderen Lagern irgendwelche groben Mißhandlungen oder Brutalitäten gegeben hätte, gar nicht zu reden von Erschießungen oder Massentötungen durch Giftgase. Frau Schulze sagte, diese heute behaupteten Grausamkeiten wären nie ein Thema unter den Frauen gewesen, von diesen Giftgasmorden hätte sie erst nach dem Kriege gehört, und sie hätte sofort große Zweifel an diesen Nachrichten gehabt. Sie hätten auch im Lager gewußt, daß die Feindseite mit allen möglichen Lügen und Hetzereien gegen Deutschland arbeiten würde, das ist ihr alles nach dem Kriege so richtig zum Bewußtsein gekommen.

Als ich dann zum Abschluß unserer Unterhaltungen fragte, was Frau Schulze denn nun nach Jahren über diesen Zwangsaufenthalt denken würde, sagte sie:

»Herr Doktor, die meisten Frauen hatten sich wie ich irgendeine Straftat zuzuschreiben und waren durch ein Gericht zu einer Haftstrafe verurteilt worden, die sie dann in dem Arbeitslager verbringen mußten, weil die Arbeitskräfte für die Industrie gebraucht wurden; man konnte sie nicht im Gefängnis Tüten kleben lassen. Wir mußten also die Konsequenzen tragen und die Haftzeit absitzen. Aber das kann ich sehr deutlich und klar sagen: Es hat niemals Brutalitäten oder unberechtigte Mißhandlungen gegeben; man darf nicht vergessen, daß viele Personen aus dem Slum stammten und daß es Streit und Zank gab, die mit Schlägen durch die Wachfrauen bestraft werden mußten.

Die Aussagen, die heute vor den Gerichten von angeblich „zuverlässigen" Zeugen gemacht werden, sind meistens maßlos übertrieben, aber noch öfter falsch und verlogen und von kranken Hirnen erfunden. Wie kann ein Zeuge sagen, er habe aus den Giftkammern die toten Häftlinge herausgeholt, wenn er keine Gasmaske vor dem Gesicht hatte und keine Schutzkleidung angezogen hatte? Ich kann mir vorstellen, daß heute viele ehemalige Häftlinge voller Haß sind, weil sie nur wegen ihrer Rasse oder wegen ihrer politischen Haltung in die Arbeitslager verbannt wurden. Aber man muß vor Gericht bei der Wahrheit bleiben und wenn man vereidigt wird, dann kann man keinen Falscheid schwören, das weiß doch jeder Mensch, daß ein Meineid eine Gotteslästerung ist, und sie müssen damit dann leben.«

Dr. med. Heinz Fr. Schumann


Zu: T. O'Keefe, »Viktor Frankl über Auschwitz«, VffG 2/2002, S. 137-139

Lieber Herr Rudolf!

Im Mai 1991 erhielt ich von dem deutschen Rechtsanwalt Hajo Herrmann den Auftrag, »Untersuchungen praktischer und fachwissenschaftlicher Art über angebliche Vergasungen von Menschen im Konzentrationslager Auschwitz« durchzuführen.

Im Zuge der stoffsammelnden Vorarbeiten habe ich auch Die Vernichtung der europäischen Juden von Raul Hilberg (3 Bände, ca. 2000 Seiten, Fischer Taschenbuch Verlag) eingehend studiert. Auf Seite 1035 stand zu lesen:

»Eine Hand wies auf den Kamin, doch der neue Häftling begriff diese Geste nicht, bis ihm die Wahrheit „geradeheraus" erklärt wurde.«

Dieser Häftling war Viktor Frankl und die Fußnote 409 verwies auf dessen Schriften. Ich besorgte mir Der Mensch vor der Frage nach dem Sinn von Viktor Frankl, dort steht auf Seite 166:

»Eine Hand zeigt zu einem wenige hundert Meter entfernten Schlot, aus dem eine viele Meter hohe Art Stichflamme emporzüngelt... dort schwebt dein Freund in den Himmel...«

Ich richtete am 1.7.1991 folgendes Schreiben an Viktor Frankl:

»Wenn Sie nämlich behaupten, tatsächlich eine viele Meter hohe Art Stichflamme emporzüngeln gesehen zu haben, so ist Ihnen vorzuhalten, bewußt die Unwahrheit zu sagen.

Der von Ihnen geschilderte Vorgang ist technisch unmöglich. Ich möchte, da ich Sie sehr schätze, nicht gezwungen sein, ein Gutachten zu verfassen, das Sie, sehr geehrter Herr Professor, als Unwahrheiten Verbreitenden bezeichnen muß. Haben Sie ein stichhaltiges Argument, daß in Ihrem Falle dennoch Meter lange Stichflammen aus hohen Schornsteinen bei der Kremierung geschlagen haben können? Ich will gerne alle Argumente gewissenhaft berücksichtigen.«

Viktor Frankl rief mich am 3.7.1991 an und konzedierte mir, daß er wohl einer Sinnestäuschung unterlegen sein müsse, es sei ihm nach meiner Anfrage als naturwissenschaftlich ausreichend Kundigem klar geworden, daß aus Krematoriumsschornsteinen keine Meter langen Stichflammen schlagen könnten. Ich bestätigte ihm mit Schreiben vom 5.7.1991 den Inhalt unseres sehr langen Gespräches. Er rief mich am 12.7.1991 abermals an und bat mich, nicht die »Sinnestäuschung« in meiner Ausarbeitung aufzunehmen (»Sonst sagen die Leute, der Frankl ist schon ein alter Depp!«), sondern die Version, »einen möglichen Widerschein (etwa von Abfackelungsanlagen in Monowitz oder der untergehenden Sonne, wir haben lange über verschiedene Möglichkeiten gesprochen) gesehen zu haben«.

Mit Schreiben vom 12.7.1991 hielt ich dies fest und bedankte mich obendrein für das mir mit einer freundlichen Widmung von Viktor Frankl übersandte Buch ...trotzdem ja zum Leben sagen. Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager (dtv).

Ich habe also Viktor Frankl als einen die Wahrheit liebenden Menschen kennen gelernt.

Auch seine Erzählungen über die Kristallnacht, in der er von zwei SA-Männern beschützt wurde – sie ließen ihn in ihrer Wohnung übernachten, um ihm den gefährlichen Heimweg zu ersparen –, über die häßlichen Reaktionen seiner Glaubensgenossen anläßlich seines öffentlichen Aufrufes 1988 zur Versöhnung (»Mir machte das ja nichts aus, ich kenne ja meine Leute, aber meine Frau, eine Christin, wurde wüst beschimpft und bedroht«) und über seinen Kampf als Entlastungszeuge mit einem kommunistischen Staatsanwalt in einem Volksgerichtshofprozeß (»wie kann man für solche Verbrecher nur günstig aussagen!«) 1946 gegen eine Ärztin, die angeblich Juden getötet haben sollte (»Sie war so freundlich, auch zu alten Ostjüdinnen!«) – aufgrund der Aussagen von Frankl endete das Verfahren mit einem Freispruch –, vergrößerten meine Hochachtung für Viktor Frankl.

Die von Theodor O’Keefe aufgezeigten Ungereimtheiten muß man wohl unter „schriftstellerischer Freiheit" eines Autors subsumieren. Sie sollten dem Andenken an Viktor Frankl keinen Abbruch tun.

Baurat h.c. Dipl.-Ing. Walter Lüftl


zu G. Rudolf, »Das Jüngste Gericht«, VffG 2/2002, S. 122-125

Bibel-Wahrheit ja – Judeo-Christentum nein

Sehr geehrter Herr Rudolf!

Mit großem Interesse habe ich Ihren Leitartikel gelesen. Daß ihre Ex-Verlobte Sie aufgrund Ihres Unglaubens nicht heiraten mochte, ist von ihr konsequent und richtig. Ich bin selbst Baptist und teile in allen beschriebenen wesentlichen Punkten den Glauben Ihrer Ex-Verlobten. Aus diesem Grund möchte ich gerne als „Insider" einige der Ihnen so sauer aufstoßenden Sachverhalte des biblischen Glaubens aus meiner Sicht kommentieren.

1) „Alles was in der Bibel steht, ist wahr."

Würde ein Christ dies nicht glauben, wäre er keiner. Wie könnte man an Gott glauben und die Schöpfung ablehnen? Wie könnte man an Jesus Christus als Erretter vor der ewigen Verdammnis glauben und die Sündenvergebung durch seinen Stellvertretertod am Kreuz ablehnen? Wie könnte man an einen allmächtigen Gott glauben und gleichzeitig die Möglichkeit ablehnen, dieser Gott könne übernatürliche Wunder wie das Überleben Jonahs im Wal, die jungfräuliche Geburt Jesu, die Auferstehung Jesu, die Entrückung („Rapture") usw. nicht stattfinden lassen?

Sie sehen, es ist eine Sache des Glaubens an einen allmächtigen, übernatürlichen Gott. Wissenschaftlich-materialistisch beweisen oder widerlegen kann man Gott nicht. Aber seine Schöpfung spricht eine deutliche Sprache für Ihn (Römer 1:18-20).

2) „Laut Bibel wurde die Erde und alles Leben vor 5000 Jahren geschaffen... [daher ist die] Evolutionstheorie a priori falsch."

Dazu kann ich nur sagen: Bibelleser waren schon immer besser informiert, denn an die Evolutionstheorie glaubt längst kein ernstzunehmender Wissenschaftler mehr. Mit der Evolutionstheorie verhält es sich ähnlich wie mit dem Holocaust: Sie ist eine Religion, ein Aberglaube. Denn auch dort gibt es keine schlüssigen Beweise (Stichwort „missing links"), aber dafür viele Dogmen, Denkverbote und systematisch unterdrückte Gegenbeweise (weiterführend siehe:

http://ww.zillmer.com).

3) „Konsequentes Christentum müßte auf dem Standpunkt stehen, daß mit der Frohen Botschaft an alle Menschen vor 2000 Jahren der Auserwähltheitsstatus der Juden eben gerade endete, so daß es für die Juden auch keine Verheißung auf irgend etwas mehr gibt."

Hier kann ich Ihnen vollstens zustimmen. Die Bibel sagt: Auch die Juden müssen Jesus Christus als ihren Herrn und Erlöser anerkennen, um errettet zu werden. Es gibt da keine Sonderregelung für Juden. Allerdings prophezeit die Bibel, daß trotz der Zerstreuung im Exil das Volk Israel als identifizierbares Volk erhalten bleiben wird und sich in den letzten Tagen wieder im Heiligen Land versammeln wird. Erstes ist Historie und Zweites ist unzweifelhaft seit 1948 im Gange. Daneben wird in der Bibel aber auch mehrfach vor falschen Juden gewarnt, die in Wahrheit Anhänger Satans sind. (Offb 2:9, 3:9). Wie war das noch mit den Khazaren?

4) „Tatsächlich sind die meisten der fundamentalistischen amerikanischen Christen zugleich auch mehr oder weniger fanatische Zionisten."

Diese Haltung fundiert auf der Lehre des sog. „Dispensationalismus" (siehe www.mediamonitors.net/williamson3.html), die zwar erst relativ neu ist (entstanden im späten 19. Jhd., also zeitgleich mit dem Zionismus), aber heute die christliche Theologie zu dominieren scheint. Diese Theologie ist zentriert um die biblische Prophetie, daß die Juden in der Endzeit wieder als Nation im Heiligen Land leben und den Tempel wiedererrichten werden. Das Eintreten dieser Ereignisse ist also von immenser Wichtigkeit für den Wahrheitsbeweis dieser Lehre. Deshalb m. E. diese nahezu uneingeschränkte Unterstützung für Israel und den Zionismus, der so weit geht, daß andere zentrale biblische Lehren in diesem Zusammenhang völlig aus dem Blickfeld verdrängt werden.

Es wäre sicher interessant zu untersuchen, was dieses theologische System so populär gemacht hat, ob da nicht vielleicht irgendwelche Juden ihre Finger im Spiel gehabt haben. Die Vermutung läge nahe. Unzweifelhaft ist, daß nicht nur der Zionismus, sondern sogar der Judaismus allgemein, oftmals volle Unterstützung durch die christlichen Anhänger dieser Theologie erfahren, obwohl der Judaismus ansonsten dem christlichen Glauben extrem feindselig gegenübersteht. Und genau hierin besteht m.E. die eigentliche Inkonsequenz der Extrem-Dispensionalisten.

Diese sog. „Rejudaisierung des Christentums" geht soweit, daß verschiedene „christliche" Kirchen seit jüngerer Zeit sogar die Judenmission offiziell ablehnen und damit das wichtigste Anliegen Christi mit Füßen treten. Dies wohl vor allem als Folge der Holocaust-Religion, die mehr und mehr das jüdische Volk an die Stelle des leidenden Messias zu setzen versucht – und auch Erfolg damit hat. Machtpolitisch ist es heutzutage doch so: Das Judentum beherrscht die (westliche) Welt und diktiert die Religion, die die Goyim haben sollen. Die Verbannung des christlichen Glaubens aus der amerikanischen Öffentlichkeit (Verbot des Schulgebets usw.) zum Beispiel ist ein jüdisches Projekt. David Duke hat das in seinem Buch My Awakening sehr gut dargelegt.

Die von Ihnen beschriebenen „Southern Baptists" sind wahrscheinlich nicht so weit degeneriert, daß sie die Judenmission ablehnen würden, aber sie sollten sicherlich u.a. mehr das Christuswort beherzigen: »An Ihren Früchten sollt ihr sie erkennen!« (Matth. 7:15-21). Dann würde sich der extreme christliche Zionismus – der in der Regel die israelischen Greueltaten verharmlost, bzw. die tatsächlichen Machtverhältnisse in der Region negiert – von alleine erledigen.

Mit freundlichem Gruß, M. Relstner


Augenöffner

Lieber Germar Rudolf!

Ihr Aufsatz ist derart gut, daß ich nicht umhin kann, Ihnen ein paar Zeilen zu schreiben, entgegen meines Prinzips, Leuten die so stark beschäftigt sind wie Sie, ihre kostbare Zeit nicht zu rauben.

»Das Jüngste Gericht« hat mir die Augen geöffnet: der religiöse Wahn ist es, der den irrsinnigen Konflikt im Nahen Osten verursacht und die „Schurkenstaaten" erfindet (im vorigen Jahrhundert war es Deutschland allein)! Ich habe mich bisher immer wieder gefragt, wie es möglich ist, daß eine Handvoll Menschen, würden sie auch noch so reich sein, und noch so einflußreich in den Medien wirken, das stärkste Land der Erde total beherrschen können!? Gold und Hollywood allein konnten es nicht sein, aber was dann?

Sie haben mir mit Ihrem Aufsatz die Antwort gegeben! Ich bin zwar ein paar Mal in den Staaten gewesen (auch einmal auf einem IHR-Kongreß), und war mir schon immer im klaren, daß die Amis allgemein recht einfältig sind (so mancher GI glaubte im Ernst, daß wir Waffen-SS-ler Hörner auf der Stirn hätten! Wirklich, ich lüge nicht!), aber daß sie derart borniert wären, die Welt womöglich in Brand zu stecken, nur weil es vielleicht im Willen des „Herrn" liegt, das ist mir doch nie in den Sinn gekommen. Und Sie drücken das alles so schön aus...

Daß Ihr Stil, der, nebenbei gesagt, köstlich amüsant ist, mir die „Erleuchtung" doppelt so hell und klar vor Augen brachte, möchte ich hier noch ausdrücklich erwähnen. Hoffentlich haben Sie wenigstens in Sachen „Liebe" irgendwann mehr Glück, so daß diese Nation Ihnen nicht zur „geistig-intellektuellen Folter" wird. Kennen Sie Joachim Fernau? Am Schluß seines Buches Halleluja, die Geschichte der USA, schreibt er »sie haben uns unsere Seele zerstört«, und »Darum verliert kein Mitleid! Ich sage: Haßt! Haßt, was da über uns kommt! Wenn ich das sage, mache ich nicht in Wahrheit Platz für die Liebe?«

Ich grüße Sie herzlich, und bedaure, daß ich so pleite bin wie mein Geburtsland Argentinien, von dem ich finanziell leider stark abhängig bin! Würde ja gern mit etwas mehr als mit guten Wünschen über die Brücke kommen...

Ihr W. Klöckner


Zum Säue Austreiben

Lieber Germar,

bitte nimm mit Humor, was ich dir hier unten schreibe. Du hast scheinbar Probleme mit der Bibel (alt und neu), und kannst nur mit Mühe das Wunder von Jonas im Wal verdauen. Das verstehe ich nicht, und mir scheint, daß Deine Ex-Braut mit ihrer stupiden, typisch weiblichen Logik logischer ist als Du.

Wenn man ein Christ ist, und dazu, zumindest meine ich es, bekennst Du Dich, muß man natürlich alle Wunder von Gott (Vater + Sohn) annehmen oder keines. Wenn Du z.B. an ein einziges Wunder von Jesus nicht glaubst (und der hat eine Fülle gemacht), dann heißt es, daß Du meinst, daß die ganze Jesus-Geschichte gefälscht oder gelogen oder irrtümlich erzählt sein könnte. Wer aber so damit anfängt, die heilige Bibel zu bezweifeln, kann sich nicht als Christ bezeichnen.

Die Wunder von Jesus sind um so wichtiger, als der Christ sie für den Beweis par excellence seiner Göttlichkeit hält. Jesus war entsetzt, als er feststellen mußte, daß einige Intellektuellen seiner Zeit nicht davon überzeugt waren und Einwände erhoben.

Für mich ist das schönste Wunder von Jesus das folgende: Er wollte Dämonen (2000 waren sie, sagt uns Markus 5-13) aus dem Körper eines Besessenen vertreiben, was seine große Spezialität war. Aber die armen unreinen Geister wollten nicht so einfach weggejagt werden. So was versteht sich von selbst, denn (Zitat Matthaus 12-43):

»Wenn der unreine Geist von einem Menschen ausgefahren ist, so durchstreift er dürre Stätten, sucht Ruhe und findet sie nicht.«

Aber zum Glück für die rund 2000 Geister gab es in der Nähe eine große Herde Säue: »Laß uns in die Säue fahren«, flehten die armen Geister Jesus an, der Verständnis zeigte und es erlaubte. Und die Evangelien erzählen uns weiter:

»Da fuhren die Geister in die Säue und die ganze Sauerherde stürmte den Abhang hinunter in den See.«

Ein Christ muß diese Geschichte um so mehr für ganz sicher halten, als sie uns von Markus, Matthäus und Lukas mit denselben Details erzählt wird.

Ich verstehe daher nicht, was Dich bei der Geschichte von Jonas mit seinem Wal störrisch macht, da die Jonasgeschichte mir im Vergleich mit den 2000 Schweinen von Jesus vollkommen harmlos erscheint.

Das gleiche gilt für die gefalteten Kleider der Toten während der Entrückung, die Dich scheinbar auch schockierten. Kein Grund dafür: Als Jesus auferstanden ist, erzählt uns Johannes (20-5, 6 und 7) mit vielen Details, wie die übrig gebliebenen »Leinentüchern und das Schweißtuch, das Jesus um das Haupt gebunden war« im Grabe lagen und zu sehen waren. Und hier bitte aufpassen: Die Auferstehung von Jesus ist das Fundament des christlichen Glaubens! Wer also daran zweifelt, ist nicht nur kein echter Christ mehr, sondern wahrhaftig ein Häretiker.

Also, lieber Germar, zum Schluß: Da Deine Ex-Braut eine Christin ist, tut es mir leid, Dir zu sagen, daß ich ihr vollkommen Recht gebe, als sie Dir das Ultimatum gab, an Jonas und den Wal zu glauben, denn bei keiner Religion darf man einfach auswählen, was einem an der entsprechenden Doktrin gefällt und was nicht.

Mit freundlichem Gruß, Dein Marc


Die Wahrheiten der Bibel

Werter Redaktion,

Dr. Laura Schlessinger ist in den USA eine Radio-Persönlichkeit, die Leuten, die sie während ihrer Radiosendungen anrufen, Ratschläge gibt. Neulich meinte sie während ihrer Sendung, als praktizierende orthodoxe Jüdin sei Homosexualität für sie ein inakzeptables Greuel, Levitikus (3. Buch Moses) 18:22 folgend. Nachfolgend wiedergegeben ist der Offene Brief eines ihrer Zuhörer, der sowohl humorvoll als auch informativ ist:

Fredrick Töben, Adelaide

Verehrte Dr. Laura:

Danke, daß sie die Leute über Gottes Gesetze aufklären. Ich habe durch Ihre Sendungen viel gelernt und versuche, dieses Wissen mit so vielen Menschen wie möglich zu teilen. So verweise ich zum Beispiel alle, die den homosexuellen Lebensstil verteidigen, einfach auf Levitikus 18:22, wo klar steht, daß dies ein Greuel ist… Ende der Diskussion. Ich bräuchte von Ihnen aber Hilfe bezüglich anderer bestimmter Gesetze und wie ich ihnen folgen soll.

1. Wenn ich einen Bullen auf dem Altar als Opfer darbringe, so weiß ich, daß dies dem Herrn angenehme Gerüche bereitet – Lev. 1:9. Das Problem sind meine Nachbarn. Die behaupten, ihnen sei der Geruch unangenehm. Soll ich sie erschlagen?

2. Ich würde gerne meine Tochter in die Sklaverei verkaufen, wie es im Buch Exodus 21:7 erlaubt ist. Was denken Sie wäre heutzutage ein angemessener Preis für sie?

3. Ich weiß, daß mir jeder Kontakt mit einer Frau während ihrer Periode verboten ist – Lev. 15:19-24. Das Problem ist, wie bringe ich es ihr bei? Ich habe schon einige Frauen gefragt, aber die fühlen sich beleidigt.

4. Lev. 25:44 führt aus, ich dürfte in der Tat Sklaven besitzen, sowohl weibliche wie auch männliche, vorausgesetzt, daß ich sie von benachbarten Völkern kaufe. Einer meiner Freunde behauptet, dies ließe sich auf Mexikaner anwenden, nicht aber auf Kanadier. Können Sie mir aushelfen? Warum darf ich keine Kanadier besitzen?

5. Ich habe einen Nachbarn, der darauf besteht, am Samstag zu arbeiten. Exodus 35:2 führt deutlich aus, daß er getötet werden sollte. Bin ich moralisch verpflichtet, ihn selbst umzubringen?

6. Obwohl das Verspeisen von Muschelfleisch ebenfalls ein Greuel ist – Lev. 11:10 –, meint einer meiner Freunde, dies sei ein geringeres Greuel als Homosexualität. Ich bin da anderer Ansicht. Können Sie vermitteln?

7. Lev. 21:20 stellt fest, ich dürfe mich keinem Gottesaltar nähern, wenn ich einen Sehdefekt habe. Ich gebe zu, daß ich eine Lesebrille trage. Muß meine Sehqualität 20/20 sein, oder gibt es da eine gewisse Spielbreite?

8. Die meisten meiner Freunde lassen sich ihre Haare schneiden, einschließlich der Koteletten, was nach Lev. 19:27 ausdrücklich verboten ist. Wie sollten sie sterben?

9. Ich weiß dank Lev. 11:6-8, daß mich die Berührung der Haut eines toten Schweines unrein macht, aber darf ich weiter American Football spielen, wenn ich Handschuhe trage?

10. mein Onkel hat einen Bauernhof. Er verletzt 19:19, indem er zwei verschiedene Nutzpflanzen in ein und demselben Feld anpflanzt, und so vergeht sich auch seine Frau, indem sie Kleider trägt, die aus zwei verschiedenen Stoffen gewoben sind (ein Baumwolle-Polyester-Gemisch). Er neigt auch dann und wann zum Fluchen und zur Gotteslästerung. Ist es wirklich nötig, daß wir uns dem Umstand aussetzen und die ganze Stadt zusammentrommeln, um ihn zu steinigen, wie es Lev. 24:10-16 vorschreibt? Könnten wir ihn nicht einfach bei einer privaten Familienzusammenkunft zu Tode verbrennen?

Ich weiß, daß Sie diese Dinge ausführlich studiert haben, weshalb ich mir sicher bin, daß sie mir helfen können. Herzlichen Dank auch dafür, daß Sie uns daran erinnert haben, daß Gottes Wort ewig und unveränderlich ist. Ihr ergebener Schüler und bewundernder Fan…


zu Ch. Bailey, »Entfesselte Deutschenangst«, VffG 1/2002, S. 12-23; hier: Leserbrief T. Pedersen, VffG 2/2002, S. 232f.

Werte Redaktion,

Thora Pedersens kritische Antwort auf Charles Baileys Artikel ist wohldurchdacht, erfordert aber eine Erwiderung, da sie auf Dr. Christian Lindtners Theorie vom »Neuen Testament als verballhorntes Plagiat des Buddhismus« zu viel Gewicht legt. Im September 2002 wird an der Universität von Notre Dame (South Bend, Indiana) eine Konferenz über Religionsgeschichte stattfinden, wo Dr. Lindtner und zwei weitere Vortragende über die Theorie debattieren werden, daß Matthäus seine Frohe Botschaft aus buddhistischen Quellen plagiiert hat. Ich wurde ebenfalls eingeladen, um nach diesen Vorträgen kritische Anmerkungen zu machen, und ich werde versuchen aufzuzeigen, daß es der Christian Lindtner Theorie (CLT) an dokumentarischer Substanz mangelt, die für eine verifizierbare Theorie nötig wäre. Die CLT basiert primär auf Dr. Lindtners Ausgangsthese, daß die christliche Geschichte der Frohen Botschaft unwahr ist.

Zudem habe ich bei meiner Untersuchung der mir von Dr. Lindtner bisher zur Verfügung gestellten CLT-Daten festgestellt, daß er sich einer enormen Freiheit bei der „Entdeckung" buddhistischer Quellen bedient. Dr. Lindtner, ein guter Freund von mir, „entdeckt" buddhistische Wörter, Sätze und Ideen mittels einzelner Wörter, Silben und Konsonanten bzw. Vokale, die er auf eine derart freimütige Weise „entdeckt", daß dies jeder auf fast jedes Dokument anwenden könnte, um die behaupteten Zusammenhänge zu „entdecken".

Laut der CLT muß Matthäus ein wunderbar kreativer Plagiator gewesen sein, aufs höchste Maß meisterhaft in der Beherrschung des Sanskrit, aber andererseits muß Matthäus auch ein enorm geschickter Betrüger seiner Leser und Zuhörer gewesen sein. Schließlich müßte man davon ausgehen, Matthäus hätte mit dem Alten Testament keine solide Quelle für die Namen von Propheten, Orten und Ideen zur Verfügung gehabt, was hieße, daß er bezüglich seiner eigenen religiösen Kultur und Geographie dermaßen bankrott war, daß es sich genötigt sah, auf die Quellen des 5.000 km entfernten indischen Buddhismus zurückzugreifen.

Die ganze CLT ist in der Tat faszinierend! Aber zur Zeit überzeugt sie mich absolut nicht. Man könnte auch sagen, daß die CLT zuviel beweist.

Robert H. Countess, Ph.D.


Quelle: Vierteljahreshefte für freie Geschichtsforschung 6(3) (2002), S. 362-367.


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