Buchglossar

STEFFEN WERNER / DIE GESTAPO-MÜLLER-FÄLSCHUNG

Heinrich Müller, Chef der Gestapo, der "Gestapo-Müller", hat den Krieg überlebt, sich in die Schweiz gerettet und später für die Amerikaner gearbeitet! So behauptet Gregory Douglas in dem Buch "Geheimakte Müller", das der Druffel-Verlag im Herbst 1995 veröffentlicht hat. Das Buch enthält Protokolle aus amerikanischen Archiven von Gesprächen, die Müller mit den Amerikanern 1948 in der Schweiz geführt haben soll. Sie werden ergänzt durch Nachbemerkungen des Herausgebers.

Die Amerikaner wollten durch diese Gespräche herausfinden, ob sie Müller für ihre Ziele verwenden konnten. Die Protokolle enthalten zahllose Details, die außergewöhnliche Aufschlüsse über zeitgeschichtliche Abläufe des Dritten Reiches versprechen. Müller übt freimütige, scharfe Kritik an den Kriegsgegnern Deutschlands. Das liest sich alles sehr hübsch. Um es kurz zu machen: Stutzig wird der Leser durch atmosphärische Sonderlichkeiten - so wollen viele Formulierungen Müllers schlecht zu einem bayerischen Polizisten passen - und durch zahllose sachliche Unstimmigkeiten, mit deren Aufzählung sich Seiten füllen ließen! Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich das Buch als Fälschung!

Von der Grundidee her ist die Fälschung geschickt angelegt. Müller zitiert viel nach seinem als exzellent beschriebenen Gedächtnis. Das schließt Irrtümer naturgemäß nicht aus. Zudem muß er sich bei seinen Kenntnissen auf Berichte Dritter stützen. So lassen sich Fehler schnell erklären. Doch einen Themenkreis der Protokolle kennt Müller aus erster Hand: Seine Flucht aus Berlin - und diese liegt erst drei Jahre zurück. Und hier finden sich haarsträubende Fehler. Geschickt zu fälschen ist offenkundig wohl doch sehr schwer, wenn eine Überprüfung der Texte nicht durch andere Umstände unterbunden wird! Müllers Darstellungen sollen analysiert und die gravierendsten Fehler vorgestellt werden.

Müllers Flucht beginnt mit einer Absurdität. Von Hitler persönlich erhält Müller unmittelbar für seine Flucht am 29. April eine Aktentasche "voller Schweizer Banknoten"[1] als Geschenk. Den Schwager von Eva Braun, Fegelein, langjähriger Verbindungsmann zwischen Hitler und Himmler, läßt Hitler im Gegensatz einige Dutzend Stunden vorher erschießen, weil er sich absetzen wollte[2] - und das, obwohl er Stunden später Eva Braun heiraten wird!

Am Abend des 29. April gegen 23 Uhr startet Müller mit seinem Piloten in einem zweisitzigen Fiseler Storch mitten im Kampfgebiet in einer Straße im Tiergarten. Der Pilot räumt zunächst mit Hilfe von Soldaten die Straße frei![3] Woher und wie die Maschine in den Tiergarten kam, warum Müller nicht mit dem Piloten zusammen vom Standort der Maschine abflog, solche Fragen übergeht Müller geflissentlich.

Die Maschine bleibt nach dem Start vom Feind völlig unbemerkt. Hanna Reitsch[4] beschreibt die Lage gänzlich anders. Als sie mit Generaloberst von Greim am 26. April vom Flughafen Rechlin aus nach Berlin fliegen will, war seit zwei Tagen kein Flugzeug nach Berlin durchgekommen. Der für den Flug reservierte Hubschrauber wurde vor dem Abflug bei einem Bombenangriff zerstört. Mit einer FW190, der schnellsten Maschine, die Rechlin noch besitzt, geht es mit Begleitschutz von dreißig Jägern nach Gatow. Dort wird der Storch, mit dem der Flug nach Berlin geplant war, kurz vor dem Start durch einen Artillerietreffer zerstört. Ein zweiter Storch wird nach dem Start umgehend beschossen, von Greim wird von einem Panzersprenggeschoß verwundet, die Maschine von Einschlägen getroffen, und die Flächentanks verlieren bis zur Landung fast alles Benzin.

Am 29. April früh morgens - am selben Abend flieht Müller - werden sie von einer Arado herausgeholt, die zum Schutz vor feindlichem Feuer in einer Splitterbox steht. (Müllers Fiseler Storch steht im Freien!) Die Arado wird nach dem Start sogleich mit Leuchtspurmunition beschossen, bis es ihr gelingt, in 1700 Meter in einer Wolkenschicht zu verschwinden. Nur der Fiseler Storch von Müller bleibt trotz des wolkenlosen Himmels völlig unbehelligt, nur in der Ferne tauchen drei russische Jäger auf.[5]

Als Fluchtroute wählt Müller Berlin - Beelitz - Chemnitz - Salzburg - Innsbruck - Schweizer Grenze. Müller merkt an: "Unter uns befanden sich schon Russen". Für diese Fluchtroute, die sich auf der Landkarte anbietet, gibt es noch einen sehr einleuchtenden Grund, den Müller unverständlicherweise nicht nennt: Bis auf die kurze Strecke von Berlin bis Torgau war der Fluchtweg noch feindfrei.[6]

Das Flugzeug landet ohne Zwischenstop morgens gegen 4 Uhr, fünf Kilometer vor der Schweizer Ostgrenze. Der Landeplatz ist so schwierig zu erreichen, daß das, so Müller, nur durch einen Hubschrauber oder durch ein Spezialflugzeug wie einem Fiseler Storch möglich ist. Trotz dieser abenteuerlichen Lage waren vorher dort Bäume gerodet, ein Schuppen errichtet und ein Motorrad mit Beiwagen hintransportiert worden. Wer diese Arbeiten organisiert, wer die Arbeiter dorthin einfliegen ließ, wer das Motorrad dahin brachte, erwähnt Müller leider nicht. Dieser Abschnitt steckt noch voller anderer Merkwürdigkeiten.

Müller und Pilot schieben das Flugzeug unter Bäume, und dann geht es mit dem Motorrad weiter. "Es war eine höchst interessante Fahrt über die Grenze und dann den Berg hinab. Es war eine Schmugglerstraße. Man konnte sie aus der Luft nicht sehen und selbst nicht, wenn man daraufstand… Schließlich kamen wir auf eine Kreisstraße, und das Problem war gelöst."[7] Von dort geht es weiter in ein Haus an einem See irgendwo zwischen dem Bodensee und Vaduz.

Müller muß die Grenze zwischen Liechtenstein und dem Bodensee überschritten haben. Der Grenzabschnitt unterhalb von Liechtenstein, zum Kanton Graubünden, scheidet aus vielerlei Gründen aus. Die Schweizer Grenze verläuft hier in den Alpen in einer Höhe von über 2 000 bis 3 000 Meter. Einschlägige Reiseführer verzeichnen nur im äußersten Teil, unmittelbar vor der italienischen Grenze, einen Paß, der das zollfreie Gebiet Samnaun mit Österreich verbindet. Samnaun liegt so abgeschieden, daß es bis 1912 von der Schweiz aus überhaupt nicht zugänglich war.[8] Die Grenzregion von Graubünden bietet Wintersport bis April.[9]

Da Müller seine Flucht 1944 geplant hat und weder den Zeitpunkt der Flucht noch die Wetterlage vorhersehen konnte, scheidet ein Landeplatz in den Hochalpen schon deshalb aus. Konsequenterweise erwähnt Müller auch keinen Schnee, auch gibt es in dieser Höhe in den Nordalpen keine Bäume, der Baumgürtel endet bei 1800 Meter.[10] Aus all diesen Gründen kann ein Übergang hier nicht geschehen sein, abgesehen von den gebirgigen Verhältnissen der Hochalpen, wo ein Motorrad mit Beiwagen keinen Weg finden würde.

So bleibt nur noch der Grenzabschnitt oberhalb Liechtensteins. Wer hier die Grenze überschreitet, muß in jedem Fall den Rhein überqueren. Im April 1945 versuchten alliierte Kriegsgefangene, deutsche Soldaten, Fremdarbeiter oder KZ-Häftlinge in die Schweiz zu gelangen. Am 21. April beschloß der Schweizer Bundesrat die totale Schließung der Grenze, ihre militärische Bewachung wurde verstärkt.[11] Unübersichtliche Stellen an der Grenze zwischen Deutschland und der Schweiz wurden beispielsweise im Hegau von den Schweizern durch Stacheldraht markiert.[12] Von deutscher Seite wurden die Brücken im Vorarlberg zur Sprengung vorbereitet.[13]

Doch Müller und Pilot fahren munter durch die Gegend, ohne den Rhein, eine Rheinbrücke und die die Grenze bewachenden Soldaten, weder Deutsche noch Schweizer, zu bemerken - und ohne von ihnen trotz des sicher nicht leisen Motorrads gehört zu werden. Hübsch ist auch Müllers Abschluß nach Erreichen der Schweiz: "Ich bemerkte, daß sehr wenige Leute unterwegs waren. Als ich das erwähnte, sagte der Pilot: Sicher, Herr General, heute ist ja auch Sonntag!"[14] Doch der 30. April 1945 war ein Montag!

Die Entfernung von Berlin bis zur Schweizer Grenze gibt Müller mit 750 km an. Ich habe die Route nachgemessen und komme auf 840 km Luftlinie, der Weg der Maschine muß also länger sein. Der Fiseler Storch, den Müller benutzte, war ein Zweisitzer. Von den bekannten Varianten[15] kommt nur die Aufklärerversion F 156C-2 in Frage. Diese Maschine hat eine Reichweite von 385 km! Müller berichtet von keiner Zwischenlandung, die erste hätte im Protektorat Böhmen-Mähren geschehen müssen! Zwar gibt es eine Spezialausführung mit einem Zusatztank von 200 Litern, doch da kann die Maschine nur noch den Piloten tragen.[16] Nach Müller dauerte der Flug einschließlich Start und Landung fünf Stunden. Der Fiseler Storch hat eine Reisegeschwindigkeit von 130 km/h.[17] Nach fünf Stunden hätte die Maschine gerade 650 km zurückgelegt, Start und Landung, und erst recht eine Zwischenlandung nicht gerechnet.

Die Flucht von Müller, so wie er sie beschrieben hat, kann folglich aus technischen Gründen gar nicht stattgefunden haben. Andere Gründe, die gegen die Echtheit sprechen, sind das Szenario des Abfluges aus Berlin und der Übergang über die Schweizer Grenze. Der Verfasser kennt weder den Grenzverlauf, die Besiedlungsdichte der Region, noch hat er die Zeit Ende April 1945 an der Schweizer Grenze erlebt. Müllers Flucht muß frei erfunden sein! Schon dadurch scheidet das Buch als Quelle aus.

Der Kenner des Buches wird einwenden, daß die Herkunft der Texte doch hervorragend belegt ist. In einem Anhang[23] wird ausführlich geschildert, wie Gitta Sereny bei Recherchen auf Hinweise auf diese Müller-Dokumente gestoßen ist, welches Entsetzen der Fund auslöste, daß Müller offenbar für die USA gearbeitet hat und wie sie über das OSI (Office for Special Investigation), das die Aufgabe hat, ehemalige Nazis ausfindig zu machen, die in die USA eingereist sind, schließlich die Akte Müller erhielt. Es werden sogar Kopien der Originalunterlagen abgebildet und bei den Müller-Protokollen Archiv-Kürzel aufgeführt! Andererseits wird wiederholt betont, daß die "Veröffentlichung der fraglichen Dokumente sowohl für die USA als auch für Großbritannien möglicherweise ernsthafte Probleme mit sich bringen würde".[24] Nun mag es durchaus so sein, daß sich solche Dokumente in den amerikanischen Archiven finden. Wie läßt sich das erklären? Ohne kriminaltechnische Untersuchungen bleiben nur Spekulationen. Fragt man, wem das Buch nutzt, dann erhalten die Vermutungen einen Halt.

Die Gespräche mit Müller sollen 1948 geführt worden sein! Wie ein roter Faden zieht sich durch das Buch: Müller ist Experte im Spionagekampf mit der Sowjetunion. Müller ist der Kenner der sowjetischen Spionagetechniken. Er hat im Kriege viele Spitzenagenten der Sowjetunion umgedreht[18], einige befinden sich noch in der Sowjetunion und könnten für ihn arbeiten.[19] Müller beherrscht die Technik des Fälschens von sowjetischen Ausweispapieren und Dokumenten.[20] Dank seiner Agenten kennt Müller nicht nur das sowjetische Spionagesystem,[21] sondern auch die Organisationsstrukturen der sowjetischen Agentenringe in den USA und Großbritannien.[22] Fünf Seiten später kann er dann die Liste der sowjetischen Spione in den USA und Großbritannien liefern.

Vergegenwärtigt man sich die Lage 1948: Die Amerikaner standen vor den Trümmern ihrer Sowjetpolitik. Die Furcht vor sowjetischen Agenten breitete sich zunehmend aus, bis sie in einer Hexenjagd. kulminierte. Wären Müllers Aussagen 1948 den Sowjets als "echte Unterlagen" zugespielt worden und hätten die Russen den Texten geglaubt, so wären ihre Agentennetze in Großbritannien und den USA für sie wertlos gewesen, denn sie mußten dann damit rechnen, daß der Westen ihre Agenten in beiden Ländern kennt und für sich arbeiten läßt!

Ein Verdacht bietet sich an: Ein bestimmter amerikanischer Dienst hat von ihm gefälschte Dokumente in Archive praktiziert, um sie so den Sowjet zuzuspielen, um sie über den Wert ihrer angelsächsischen Agenten zu irritieren. Fünfzig Jahre nach Kriegsende, das sowjetische Imperium ist untergegangen, findet Gitta Sereny die alten Texte. Sie setzt ihre Beziehungen ein, um an die Akte zu kommen.

Die amerikanischen Dienste haben inzwischen ein neues Ziel: Die Unterstützung der heimischen Wirtschaft gegen ausländische Konkurrenten.[25] Irgend jemand in der Kette Archiv - Weitergabe - OSI - Gitta Sereny kommt auf die Idee, diese Texte für das neue Ziel aufzuputzen und sie über einen deutschen Außenseiterverlag, diesmal als Spielmaterial gegen Deutschland, in Umlauf zu setzen. Dafür spricht eine Tatsache.

Als Gitta Sereny den Hinweis auf die Akte findet, da umfaßt sie 40 Seiten. Als das OSI die Akte zur Verfügung stellt, sind daraus über 130 Seiten geworden![26] Die Bedenken gegen die Publikation sind plötzlich geschwunden. Durch die Veröffentlichung in einem rechten deutschen Verlag ist das Buch für die USA keine Nachricht mehr. Auch das spricht gegen die Echtheit. Denn ein Buch mit Gesprächen zwischen offiziellen amerikanischen Dienststellen und Gestapo-Müller wäre 50 Jahre nach dem Krieg eine einmalige Sensation und, in einem renommierten amerikanischen Verlag veröffentlicht, ein riesiges Geschäft geworden. Freilich wären die Texte und ihre Entstehung dann öffentlich untersucht worden. Auch der Verzicht auf das große Geld ist ein gewichtiges Argument gegen das Buch.

Drei von den Themenbereichen, die wohl nach 1990 produziert wurden, seien hier präsentiert.

So äußert sich Müller sehr entschieden zum Holocaust. Er bestreitet im übrigen keinesfalls den Massenmord an den Juden und auch nicht den Umfang. Das erscheint zunächst nur so! Nach Müller fanden die Massenmorde nicht oder nur in geringem Umfang in Auschwitz, sondern in den Lagern, die Globocnik unterstanden, statt. In Auschwitz selbst, so Müller, starben ca. 100 000 Juden. Getötet wurde in den Lagern bei Lublin[27] durch Globocnik. Das geschah, so eine Stelle, weil Globocnik sich bereichern wollte,[28] oder an anderem Ort, weil Globocnik nicht wußte, wo er mit all den Menschen hin sollte. Der Erfinder der Gaskammern war Gerstein,[29] ein Verrückter, den Müller in ein Heim einweisen ließ.[30]

Das Buch verlagert Verantwortung und Tatort des Holocaust. Müller nennt zwar keine Zahlen über die von Globocnik und Gerstein Ermordeten. Er liefert aber eine Aufstellung über Globocniks Beute, und da findet sich eine Position 8 228 kg Eheringe.[31] Setzt man das Gewicht eines Eherings mit 2,5 Gramm an, so käme man auf über 3 Millionen Tote - zuzüglich jene, die keinen Ehering trugen!

Werden nicht durch die Verlagerung der Massenmorde von Auschwitz an andere Stellen alle revisionistischen Einwände gegen die Gaskammern in Auschwitz entkräftet? Verlieren so nicht der Leuchter-Report und das Rudolf-Gutachten jegliche Basis? Erklärt die Verrücktheit nicht Gersteins absurde Aussagen des Gerstein-Berichtes?

Manchmal gibt es Zufälle! Es mag anderthalb Jahre her sein, da wurden dem Verfasser die Grundzüge dieser Theorie per Telefon von einem anonymen Anrufer mit einer Variation präsentiert. Gerstein war zuckerkrank und das die Ursache seiner Verrücktheit.

Die Müllerschen Aussagen, gesetzt den Fall sie wären tatsächlich echt, werfen neue Fragen auf. Wieso wurde von den Historikern die Ansicht vertreten, daß in Auschwitz viele Millionen Menschen getötet wurden, wenn die Massenmorde tatsächlich an anderer Stelle stattgefunden haben? Und wären sie möglich gewesen allein unter Ermächtigung Globocniks, wo KZ-Kommandanten schon wegen geringerer Vergehen zur Verantwortung gezogen und erschossen wurden? Übrigens nannte Dr. Reinecke, Amtschef im Hauptamt SS-Gericht, das mit diesen Vorgängen befaßt war, bei seiner Vernehmung in Nürnberg Gestapo-Müller als einen der Hauptverantwortlichen für Vernichtungsaktionen.

Andere Aussagen dürften, so befürchte ich, mehr Resonanz finden. Für die momentanen massiven Angriffe auf die deutsche Wehrmacht liefert das Buch ausreichend Munition.

Die Wehrmacht, und nicht die SS, war der eigentliche Träger der Verbrechen des nationalsozialistischen Deutschlands! Der Kommissarbefehl war eine Forderung der Wehrmacht. Als Drahtzieher wird der General der Artillerie Warlimont, "eine Schlange"[32], der sich hinter anderen versteckte, präsentiert. Warlimont formulierte seine Befehle zur Tötung der Kommissare so, "daß seine Befehle so klingen wie eine Art NSDAP-Propaganda, damit er, im Bedarfsfall, uns (d. h. die SS, d. V) damit belasten könnte."[33] Die Wehrmacht brachte die Kommissare zu den von der SS geleiteten Lagern, damit sie dort erschossen wurden.[34] Die Wehrmacht hatte aber auch "eigene Konzentrationslager, in denen Juden und Kommunisten kurz und bündig liquidiert wurden."[35] Müller mußte Kommissare, meist Juden, "richtiggehend vor den Hinrichtungskommandos der Wehrmacht schützen."[36] Müller zu seinem Gesprächspartner: "Sie wissen, daß die SS für die Verbrechen der Wehrmacht geradestehen mußte…"[37]

Der deutsche Widerstand im Dritten Reich erhöht das Ansehen Deutschlands im Ausland immer noch beträchtlich. Das wird neuerdings in den USA nicht mehr gern gesehen. 1995 wurde eine Ausstellung über den deutschen Widerstand in der amerikanischen Kongreßbibliothek als "schönfärberisch"[38] attackiert. Müller bietet da saftige Abhilfe. Die Männer des 20. Juli, voran Stauffenberg, waren erbärmliche Schufte. Stauffenberg war homosexuell[39], ein Opfer Georges, der Stauffenberg "zu seinem perversen Leben bekehrt hatte".[40] "Viele normale, ältere Offiziere fanden ihn laut und widerlich, sehr schmutzig, was seine persönliche Hygiene anbelangte. Sie hatten etwas gegen seinen männlichen Harem, mit dem er in den Offiziersmessen herumzog."[41] Stauffenbergs "Geheimes Deutschland" war in "Wirklichkeit nur eine Gruppe Homosexueller mit Interesse an jungen Männem".[42]

Als Müller nach dem Attentat Stauffenbergs Privatwohnung durchsuchte, fand er nicht nur mehrere Alben mit Bildern nackter junger Italiener, das Haus war "vollgestopft mit ungesetzlichen Schwarzmarktwaren: Wein, Lebensmittel, Kleidung und weitere Luxusartikel."[43] Stauffenberg hat auch Rommels Selbstmord verschuldet: "Letztendlich war er (Rommel d. V) ein Opfer Stauffenbergs wie es Hitler hätte sein sollen."[44] Stalin war der Drahtzieher des Hitler-Attentats und der SS-General Gottlob Berger sein Partner.[45] Stauffenberg und Beck wollten Stalin den Weg ins Ruhrgebiet und nach Schlesien öffnen, und zum Lohn sollten sie als "Totengräber-Regierung" die Macht übernehmen.[46] Als die Verschwörer gefaßt wurden, voran die Kirchenleute, gaben "die uns die Namen ihrer Freunde und sonst jeden, an den sie denken konnten…"[47] Die Offiziere "plapperten… gegenüber der Gestapo alles aus, was sie wußten."[48] Keiner mußte geschlagen werden, da die meisten "von ihnen ganz von sich aus gestehen und so viele Leute belasteten, wie sie konnten. Und viele der von ihnen Belasteten wußten kaum etwas. Ich glaube wir ließen mehr frei, als wir weiterhin eingesperrt ließen."[49]

Offenbar soll all das, was im Ausland das Ansehen Deutschlands erhöht, zerstört werden. Wer die aggressive Empfindlichkeit des Dritten Reiches gegen die Homosexuellen kennt, für den ist es undenkbar, daß die Führung der Wehrmacht ein solches oben behauptetes Auftreten Stauffenbergs hätte hinnehmen können. Der Scha den, den die SA durch Röhm hatte, war jedem gegenwärtig. Himmler hätte solche Zustände sofort ausgenutzt.

Dem Druffel-Verlag ist zu danken, daß er diese Texte publiziert hat! So wird sichtbar, mit welchen Methoden unsere "Freunde" arbeiten! Woher diese Texte kommen, das zu klären, wäre Aufgabe der Bundesregierung. Sie wäre das den deutschen Soldaten und dem Widerstand schuldig. Aber es ist abzusehen, daß nichts geschehen wird. Denn die Verunglimpften, Wehrmacht und Widerstand, sind Deutsche! Da beschränkt sich Bonn am 20. Juli aufs rituelle Gedenken. Selbst der deutsche Widerstand ist vogelfrei!

Anmerkungen

  1. Gregory Douglas: Geheimakte GestapoMüller. Berg am Stamberger See o.J.; S. 291. Zitiert als Müller.
  2. Hanna Reitsch: Fliegen, mein Leben. Stuttgart 1951. S. 302
  3. Müller S. 286 f
  4. Hanna Reitsch a.a.0. s. 293 - 305
  5. Müller S. 288
  6. Chemnitz wurde am 10. Mai 1945 besetzt. Vgl. Anderson, Meyer, Porsche: Die Sächsischen Schwärzungen. Teil I Reichspostdirektion Chemnitz. 1991, S. 65. Pilsen wurde am 5. Mai 1945 und Innsbruck und Salzburg am 3. Mai 1945 besetzt. Vgl. Fritz G. Buro: Daten alliierter Besetzung deutscher Orte am Ende des Zweiten Weltkrieges. Sonderschrift 14 der Arge Loknot e. V. 1991.
  7. Müller S. 290
  8. Polyglott Reiseführer Graubünden. München, komplett aktualisierte Auflage 1993/94 Rückseite und S. 61
  9. Offizieller DSV-Atlas Ski-Winter 1991. Ostfildern o.J. S. 281, 366, 375, 395
  10. Reinhold Messner: Die Alpen. Würzburg o.J. S. 68
  11. Otto Raggenbass: Trotz Stacheldraht. 1939 -1945. Grenzland am Bodensee und Hochrhein in schwerer Zeit. Konstanz 1964. S. 82
  12. ebenda S. 81
  13. ebenda S. 182
  14. Müller S. 290
  15. Vgl. Flugzeuge von A bis Z. Band 2. Koblenz 1988. S. 232
  16. Karlheiz Kens, Heinz J. Nowarra: Die deutschen Flugzeuge 1933-1945. München 1972. S. 181
  17. ebenda S. 517
  18. Müller S. 63, S. 73, S. 76
  19. ebenda S. 63
  20. ebenda S. 39
  21. ebenda S. 75
  22. ebenda S. 49
  23. ebenda S. 356ff
  24. ebenda S. 372
  25. "Wirtschaftsspionage - eine Aufgabe für staatliche Geheimdienste?" In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 24. August 1992 S . 13
  26. Müller S. 372
  27. ebenda S. 155
  28. ebenda S. 152
  29. ebenda S. 196
  30. ebenda S. 198
  31. ebenda S. 328
  32. ebenda S. 68
  33. ebenda S. 73
  34. ebenda S. 156
  35. ebenda S. 72
  36. ebenda S. 73
  37. ebenda S. 264
  38. Leo Wieland: "Unbehagen in der Kultur". In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11. Januar 1996
  39. ebenda S. 221
  40. ebenda S. 222
  41. ebenda
  42. ebenda
  43. ebenda S. 233
  44. ebenda S. 272
  45. ebenda S. 254
  46. ebenda S. 228. Hier ist im Buch ein offenkundiger Druckfehler. Es ist die Kennzeichnung des Textes als zu Müller gehörig vergessen worden.
  47. ebenda S. 236
  48. ebenda S. 237
  49. ebenda S. 237f.

Quelle: Staatsbriefe 7(5-6) (1996), S. 68-71


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