Anthony O. Oluwatoyin Fanatismus im Gewand der Lehre
Deborah Lipstadts Angriff auf akademische Standards
zu Deborah Lipstadt: Leugnen des Holocaust, 320 S., Rio Verlag 44,- DM; Tb, rororo Sachbuch, 60101, 19,90 DM
Deborah Lipstadt bezeichnet ihr Werk als die erste vollständige Darstellung der Holokaust-Leugnung.[1] Die Assistenzprofessorin in modernen jüdischen- und Holokauststudien an der Emory Universität in Atlanta beansprucht in diesem Buch, die Irrationalität des revisionistischen Geschichtsbildes und insbesondere der "Holokaust-Leugnung", wie sie es nennt, aufzudecken. Sie vergleicht ihre Rolle als Historikerin mit der eines Kanarienvogels in einer Kohlenmine, dessen Tod die Bergarbeiter vor tödlichen Gasen in der Grube warnte. Sie verspricht, die verborgenen politischen Pläne, Ziele und Methoden der "Leugner" zu enthüllen, ihren Einfluß auf die gegenwärtige Kultur aufzuzeigen, vor dem Triumph der Ideologie über die Wahrheit zu warnen und so weiter. Nur mit einem solch gründlichen Verständnis, wie sie es in diesem Buch vermittelt, gäbe es noch Hoffnung, "daß die Geschichte nicht aus einer Vielfalt übler Beweggründe heraus verfälscht" würde.
Eine atemberaubende Aufgabe. Wird Frau Lipstadt ihr gerecht? Schon zu Anfang wird deutlich, daß ungeachtet der erklärtermaßen ehrenhaften Motive ernsthafte Probleme lauern. Da ist einmal die Tatsache, daß sie sich weigert, sich mit ihren Gegnern auseinanderzusetzen, obwohl sie behauptet, der Wahrheit dienen zu wollen. Selbstverständlich habe auch sie "ursprünglich die Ansicht vertreten, Leugner seien zu ignorieren". Jetzt aber gehe sie dazu über, diesen entgegenzutreten - ohne mit ihnen zu diskutieren. Sie habe, so prahlt sie, wiederholt Angebote zu Diskussionen abgelehnt (mit dem Revisionisten Robert Faurisson hat sie allerdings ein Interview gemacht).
Man könnte annehmen, daß Frau Lipstadts "Keine-Diskussion"-Haltung eine persönliche Angelegenheit ist. Ist sie doch Tochter eines Holokaust-Überlebenden; ein öffentlicher Auftritt mit einem "Leugner" wäre wohl zu schmerzhaft für sie.
Doch sie besteht darauf, daß auch sonst niemand mit Leugnern reden dürfe. "Es gibt keine Möglichkeit, mit ihnen zu sprechen", meint Lipstadt. Revisionisten bildeten kein Gegenüber in einer legitimen Auseinandersetzung. Sie würden "Wahrheit und Vernunft verachten, die Grundvoraussetzung jeder ehrlichen Auseinandersetzung", ihre Argumente verdienten nicht die geringste Überlegung, nicht die geringste Antwort.
Mit Revisionisten zu diskutieren wäre, als wollte man "versuchen einen Löffel Marmelade an die Wand zu nageln". Doch was soll dieser pennälerhafte Vergleich aussagen? Glaubt sie, daß bei den "Holokaust-Leugnern" nichts zu entkräften sei? Oder glaubt sie, daß bei Leugnern keine falschen Tatsachenbehauptungen vorkommen? Lipstadt, die so sehr besorgt ist um die Wahrheit, um "unwiderlegbare Beweise", sollte jedenfalls dankbar sein für die Möglichkeit, die Öffentlichkeit zu belehren.
Was, meint sie, könnte eine öffentliche Debatte enthüllen? Immerhin gibt sie zu, daß es bereits Revisionen von Seiten der Holokaust-Verteidiger gegeben hat, wie zum Beispiel die einst als bewiesen geltende Geschichte von der Seifenherstellung aus Körpern toter Juden[2] oder bestimmte Zahlen von Mordopfern in Ausschwitz. Ist es die Wahrscheinlichkeit von weiteren Revidierungen "bewiesener historischer Tatsachen", die Frau Lipstadt ängstigt?
Ein selbst oberflächlicher Blick ins Wörterbuch zeigt, daß ihre bemühte Unterscheidung zwischen "die Holokaustleugnung diskutieren" und "mit den Leugnern debattieren" keinen Sinngehalt birgt. Jede sinnvolle Diskussion ist eine Debatte, ist ein Ringen gegensätzlicher Standpunkte. Der große Vorteil einer strukturierten Debatte ist natürlich der, daß Kontrahenten unmittelbar aufeinander eingehen können.
Von uns wird ganz einfach erwartet, darauf zu vertrauen, daß Frau Lipstadt in ihrem Buch die Wahrheit verkündet. Sie möchte den Leugnern antworten, gesteht diesen jedoch nicht das gleiche Recht zu. Lipstadt, die Anti-Leugnerin, leugnet ohne Hemmungen das Recht des Gegners auf Verteidigung und Gleichberechtigung. Bei ihrem intellektuellen Feme-Gericht darf nur die eigene Seite zum Kreuzverhör bitten.
Und trotzdem behauptet Frau Lipstadt unverdrossen, ihre Gegner seien es, die eine offene und ehrliche Debatte scheuen! Das ist stark! Die Revisionisten mögen sich im Irrtum befinden, unehrlich sind sie, wie jedermann erkennen kann, keinesfalls. Gerade weil die Revisionisten ihre Ansichten so ehrlich und überzeugend präsentieren, haben sie Erfolg, und Frau Lipstadt ist gezwungen, sich mit ihnen zu beschäftigen.
Verrat akademischer Normen
All dies zwingt zu einer grundlegenden Diskussion des Verhältnisses von Zielgerichtetheit und Objektivität im akademischen Sinne sowie der Frage nach dem Charakter der Suche nach der Wahrheit.
Es scheint mir seltsam zu sein, einem akademischen Lehrer vermitteln zu müssen, daß das Gebot der Objektivität nicht nur ein Konstitutiv im Bereich des staatlichen Lebens, sondern auch die Grundlage des gesamten wissenschaftlichen Lebens ist. Das gesamte Gebiet der Wissenschaft dreht sich um die Frage nach der Wahrheit. Hier zählt kein Wenn, kein Aber, kein Oder - die ganze Wahrheit ist gefragt. Während Verleumdungen und Schmähungen die Freiheit der Rede im allgemeinen einschränken, dürfen sie im intellektuellen Bereich nicht zu staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen führen. Es gibt keine Einschränkungen. Denn Wahrheit findet sich an den seltsamsten Orten. Geschichtlich gesehen war die Wahrheit oft in den Händen von Verrückten und Häretikern, siehe Galileo.
"Einst war jede heute akzeptierte Wahrheit Exentrizität", sprach Bertrand Russel. Er mahnte die Akademiker, mehr Vergnügen an intellektuellem Widerspruch zu finden als an passivem Einverständnis, da der Widerspruch mehr Intelligenz und Mut verlange.
Das Problem, das sich für die Gesellschaft stellt, ist doch folgendes: Wenn wir den Holokaust-Kastologen folgen, die "revisionistische Lügen" von den Universitäten verbannen wollen, woher können wir wissen, daß nicht gerade sie es sind, die sich letztendlich blamieren werden? Nein, es muß ein Refugium geben, zu dem jeder kommen, wo sich die Wahrheit durchsetzen kann. Dieser Platz ist die Universität, die aus guten historischen Gründen vom Rest der Gesellschaft sorgfältig getrennt wurde. Dieser Geist ist, wie von den Thomisten gelehrt, das Wesen des Akademischen, das Fundament, auf dem es steht und ohne das es versinken würde.
Lipstadt ficht dies nicht an. Verschiedentlich schilt sie Studenten, die revisionistische Artikel oder Werbung in ihren Zeitungen brachten. Ihr wird übel bei der Vorstellung, daß Studenten tatsächlich willens sind, "jede Idee oder Meinung" zu debattieren. Dieser Wunsch, meint sie, konterkariert alles, wofür Wissenschaft steht. Studenten sollten statt dessen lieber Ideen erforschen, die eine bleibende Qualität aufwiesen.
Ein erbärmlicherer Verrat an den Werten eines Sokrates kann nicht erdacht werden. "Was sich der Überprüfung entzieht, hat keine Existenzberechtigung", war sein Motto.
Gäbe es keinen Revisionismus, müßte er von einem akademischen Leben, das diesen Namen verdient, entwickelt werden. Gerade solche emotional belasteten Gegenstände wie die mit Holokaust bezeichneten Ereignisse bedürfen einer kühlen, verstandgestützten Untersuchung.
Eingedenk, daß der Komplex zu dem gehört, was wir "l.Q" (Inflammatory Questions - Aufwühlende Fragen) nennen, können wir an ihm unsere grundlegende Geisteshaltung üben.
Die Leidenschaft, speziell eine solche, wie sie sich an gefühlsschwangeren Gegenständen entzündet, ist die alte Feindin der Vernunft. Leidenschaft schwächt die geistigen Fähigkeiten, das Verlangen nach Klarheit und Wissen und bringt die Diskussion durch Ausweichen und Verzerren zum Erliegen.
Lipstadts intellektueller Bankrott zeigt sich in ihrem häufigen Gebrauch der Gossensprache. Im Dezember 1991 wurde in der Studentenzeitung Harvard Crimson eine revisionistische Anzeige von ihr als "größte Scheiße" bezeichnet. Lipstadt ist der Ansicht, daß damit die Anzeige trefflich charakterisiert wird.
Für das Recht hat Lipstadt genausowenig Respekt wie für die Wahrheit. Sie verlangt den Staatsmaulkorb für die Revisionisten und beklagt sich, daß die Behinderungen und Belästigungen nicht weit genug gingen. Sie äußert die Befürchtung, daß Revisionisten durch Verfolgungen zu Märtyrern auf dem Altar der Meinungsfreiheit werden könnten. Wie ihre Parteigänger ergeht sie sich lediglich in Lippenbekenntnissen zu Verfassungsrechten.
Lipstadt bietet das anschaulich-abschreckende Beispiel all dessen, was ein Akademiker nicht sein sollte, was ein Universitätslehrer nicht sein darf: ein blind glaubender Frömmler.
Logische Fehler
Lipstadts trügerische Unterscheidungen, ihre fragwürdigen Definitionen und ihre jämmerliche Unfähigkeit, das Wesentliche zu erfassen, sind nicht ihre schlimmsten Fehler. Einmal behauptet sie, daß Dr. Butz sich widerspräche, weil er eine jüdische Dominanz in den Massenmedien behaupte. "Wie", fragt sie, "haben die Juden totale Beherrschung der Medien erlangen können, wenn sie während des Krieges keinen Einfluß hatten?" Nun, eine naheliegend Antwort könnte sein, daß die Juden diese Dominanz erst nach dem Kriege gewonnen haben, ähnlich wie die Japaner nach dem Kriege beeindruckende Fortschritte gemacht haben. Die Zeiten ändern sich. Warum fragt sie nicht: Wieso bin ich heute reich, wenn ich gestern arm war?
Lipstadt geißelt den Revisionismus als "Apotheose des Irrationalismus" und als "eine Bedrohung aller, die an die entscheidende Kraft der Vernunft glauben". Sie appelliert, "wach zu bleiben, auf daß die heiligsten Güter unserer Tradition und Gesellschaft, Vernunft und Wahrheit, überleben können". Gleichzeitig verzweifelt sie jedoch an der "Kraft der Vernunft", das Holokaustleugnern zu besiegen. Verschiedentlich spricht sie von der "Zerbrechlichkeit der Vernunft" und hält es für "naiv zu glauben, daß das Tageslicht Lügen zerstreuen kann". Bejahend zitiert sie Autoren, die bezweifeln, die "Vernunft könne mit der mythischen Kraft der Lüge fertigwerden"; gleichzeitig geißelt sie diejenigen, deren relativierende Wahrheitssicht "eine Atmosphäre der Toleranz gegenüber denjenigen geschaffen habe, die die Bedeutung von historischen Tatsachen infragestellen." Wie relativistisch klingt sie hingegen mit ihrer "Zerbrechlichkeit der Vernunft', wie wunderbar romantisiert sie die "mythische Kraft" des Falschen!
Die logische Unvereinbarkeit dieser Positionen hat Lipstadt nicht wahrgenommen. Wenn die Vernunft stark genug ist, "unwiderlegbare Beweise" zu schaffen und sie gegen gleißnerische Angriffe zu verteidigen, kann sie nicht sehr "zerbrechlich" sein. Worin also liegt die Gefahr des Relativismus?
Es gibt nicht einen Fehlschluß, den Lipstadt bei den Revisionisten entdeckt, den sie nicht selbst übertrifft. Sie beschuldigt die Revisionisten, daß sie, statt Tatsachen festzustellen, sich gegenseitig als Autorität anrufen. Doch die Worte, die sie benutzt, entlehnt sie wörtlich ihren Kampfgenossen gegen den Revisionismus. Nicht nur einmal zitiert sie antirevisionistische Autoren als Quelle von Tatsachen. Den Ex-Kukluxklan-Mann David Duke beobachtet sie beim Wechseln seiner Strategie, Zugang zu den Massenmedien zu gewinnen. Diese Taktik nennt sie "heimtückische Verstellung". Doch in ihrem eigenen Buch wechselt sie selbst ihre Strategie. Zuerst will sie die "Leugner" ignorieren, dann beginnt sie, deren Ideen zu diskutieren. Ist es in Ordnung, Lipstadts Defekte auf solch niedriger intellektueller Ebene zu enthüllen? Vielleicht wird sie eines Tages ihre Haltung wiederum ändern und von Angesicht zu Angesicht mit Revisionisten diskutieren.
Der Terminus "Leugner" wird von Lipstadt ganz gezielt eingesetzt, um den Revisionismus zu diskreditieren, wie sie selbst zugibt. Dies ist allerdings heimtückisch. Heißt Zweifeln "Leugnen"? Heißt Infragestellen "Leugnen"?
Beständig benutzt sie die Methode der Verallgemeinerung, die es ihr erspart, ihre Aufmerksamkeit auf Einzelheiten zu lenken. Germanophile beispielsweise wirft sie in einen Topf mit "Extremisten" und "Rassisten". Dem deutsch-amerikanischen Erbe, der Deutschfreundlichkeit und allem Deutschen gegenüber hegt sie einen tiefen Verdacht. Ganz anders ihre Judeophilie. Oder sind Philosemitismus und Deutschenhaß nur zwei Seiten einer Medaille?
Georg Wills Polemik
Lipstadts Arbeiten beeinflussen andere. Im August 1993 erschien landesweit in zahllosen Tageszeitungen ein Kommentar des "legitim rechten" Kolumnisten George Will, der auf Lipstadts Buch basiert und eine Attacke auf Mark Weber und seinen Holokaust-Revisionismus darstellt. ("Mein Lunch mit George - wie ein einflußreicher Journalist sich mit der Wahrheit verhedderte", Journal 1 1/12 1993.)
Lipstadt schamlos nachahmend, klagt Will die "Leugnet" an, sie hätten den Begriff Revisionismus in den Dienst des Antisemitismus gestellt. Er fragt sich, wie jemand ein Ereignis, den jüdischen Holokaust, bestreiten kann, das "von Opfern, Beobachtern und Tätern" bezeugt wurde. Dieses Zitat ist wörtlich von Lipstadt übernommen. Will wiederholt auch Lipstadts Auslassung, die Revisionisten sähen überall eine große jüdische Verschwörung. Mit Lipstadt porträtiert er jedoch selbst die Holokaust-Revisionisten als Teil einer internationalen Verschwörung, die Haß auf Israel und die Juden säen will.
Will meint, Webers Argumente als "Mischmasch von wirren Nicht-Argumenten" abqualifizieren zu können ohne sich mit ihnen befaßt zu haben. Doch damit beschreibt er genau die Mängel von Lipstadts Vorgehensweise. Wirre Nicht-Argumente, Behauptungen, die nicht stimmen, haltlose, leichtfertige Folgerungen ohne jede Grundlage.
Der Sechs-Millionen-Fetisch
Was ist dran am Sechs-Millionen-Fetisch? Lipstadt gab zu, daß Stalin mehr Leute tötete als die Nazis und bestreitet jeden Wunsch, in einen Wettbewerb der Tränen eintreten zu wollen oder eine Opferzahlung durchzuführen. Sie macht lediglich die Unterscheidung, daß Stalins Terror unterschiedlos wütete, während Hitler es auf eine bestimmte Gruppe abgesehen habe. Doch das ist nicht wahr. Auch Stalin versuchte, ganze Gruppen und Völker zu vernichten, wie die polnischen Offiziere zum Beispiel in Katyn.
Übertroffen werden Stalins Morde durch Chinas Mao Tse Tung. Und Mao zielte mit Sicherheit auf vollständige Gruppen, z. B. Chinas vorkommunistische Elite. Doch Mao wird in Lipstadts Buch nicht einmal erwähnt. Welche Motive sie auch haben mag, die Leidenschaft für Humanität und Wahrheit sind es nicht.
Quelle: The Journal of Historical Review, Sept./Okt. 1995, S. 40-42; RO. Box 2739, Newport Bench, USA-CA 92659; [email protected]; http://www.ihr.org