Frederick E. Peterman · Wissenschaft und Staatsräson · Zum Fall Udo Walendy

Wenn die Ordnung der Gesellschaft und das die Macht legitimierende Wissen der Lebenden durch neue Erkenntnisse in Frage gestellt wird, ist ein langsamer Übergang vom alten zum neuen Paradigma zu suchen. Ein abrupter Paradigmenwechsel läßt sich nicht verkraften. Deshalb muß die Ordnungsmacht dafür sorgen, daß ein abrupter Wechsel unterbleibt. Wo er sich durch Einflüsse entwickelt, die nicht vorhergesehen wurden, muß die Ordnungsmacht im Interesse der Gesellschaft eingreifen und der Entwicklung Einhalt gebieten.

Sie muß dem kontinuitätszerstörenden Ungeheuer den Kopf abschlagen. In früheren Zeiten geschah das in vielen Fällen physisch. Heute wird es u.a. durch Bücherbeschlagnahmung und Einkerkerung vollzogen.

Udo Walendy hat einen wesentlichen Teil der Bilddokumente, die den sogenannten Holocaust belegen, auf Echtheit untersucht. Die Ergebnisse sind verheerend. Das ganze Ausmaß des Desasters kann ermessen, wer sich die Bilder im United States Holocaust Memorial Museum, 100 Raoul Wallenberg Place, SW, Washington, DC 20024-2150 ansieht. Das Museum dokumentiert staatsamtlich die Geschichtssicht der derzeit einzigen und unangefochtenen Weltmacht. Wer solche Sicht infragestellt, ihr gar die dokumentarische Grundlage entzieht, indem er wichtige dort gezeigte Bilder - mit welchen wissenschaftlichen Methoden auch immer - für nichtig erklärt, nimmt den Menschen ihr Vertrauen in die gegenwärtige Ordnung und den Halt in der Gemeinschaft, in der sie leben. Kein Staat kann das dulden, er ließe denn der Auflösung aller Dinge freie Bahn und duldete tatenlos seinen Verfall zur Anarchie. Und hier sei es betont: Die Ordnung hängt nicht davon ab, ob sie sich an etwas im wissenschaftlichen Sinne Wahren orientiert. Wichtig ist allein die Vertrauenswürdigkeit des Orientierungsrahmens, die sich den Gliedern der Gesellschaft offenbart. Wer sich anschickt, diesen Orientierungsrahmen zu zerstören ohne zugleich einen anderen, den Gliedern Halt bietenden Rahmen an seine Stelle zu setzen, fordert den Widerstand jeder verantwortungsbewußten Regierung heraus. Wir Menschen sind nicht schwindelfrei - in des Wortes doppeldeutigem Sinne -, wir brauchen einen Orientierungsrahmen, Bilderstürmer sind Anarchisten.

Doch sollten wir niemand Unrecht tun, auch Udo Walendy nicht. Wer der Wahrheit eine Gasse schlägt, Öffnet die Türen zur Zukunft. Galilei war einst ein Zerstörer des Halts, den die Menschen seiner Zeit im Glauben an den festen Ort Erde fanden. Sechshundert Jahre nachdem er die Erkenntnis gewann, daß die Erde nicht fest ist, hat die katholische Kirche seine Wahrheit akzeptiert, ihn rehabilitiert. Im Zeitalter der elektronischen Medien wird das nicht wieder so lange dauern. Dennoch, zu ihren Lebzeiten werden seriöse Geschichtsforscher und Politologen wie Udo Walendy wohl kaum die Genugtuung erleben, die darin bestehen könnte, daß die geordnete Gesellschaft ihre Erkenntnisse auf breiter Basis akzeptiert. Ihre Arbeit ist wie ein Pfeil, den der Mensch über sich selbst hinauswirft. Gehen wir ihm nach, um unsere zukünftige Ordnung zu finden.

Die Ergebnisse Galileis sind heute als wahr akzeptiert. Auch die Resultate der wissenschaftlichen Arbeit, die derzeit unterdrückt werden müssen, haben seit ihrer Veröffentlichung schon ersten wissenschaftlichen Prüfungen standgehalten. Bei der juristischen Überprüfung sind sie jedoch durchgefallen (Urteil Az.: 2 KLs 46 Js 3 74/95 StA Bielefeld - W 4/96 II -). Ihre weitere Verbreitung wurde von der deutschen Justiz untersagt. Walendy wurde zu einer langdauernden Gefängnisstrafe ohne Bewährung verurteilt. Seine wissenschaftliche Arbeit ist vom Gericht jedoch nicht widerlegt worden. Es hat sich mit ihnen nur aus ordnungspolitischer Sicht befaßt. Die Methoden der Wissenschaft blieben außen vor. Das Gericht hat sich konsequenterweise verhalten wie der Inquisitor Galileis, der sich weigerte, durch das Fernrohr zu schauen, durch das er die Bewegung der Planeten hätte erkennen können. Auch der Inquisitor konnte sich auf die Offenkundigkeit berufen: Konnte doch jedermann sehen, daß die Sonne sich um die Erde dreht und nicht umgekehrt.

Warum sollte sich das Bielefelder Gericht, mit einer ihm naturgemäß nicht zukommenden Aufgabe betraut, anders verhalten als der Inquisitor? Es steht vor der gleichen Überforderung, es kann diese Aufgabe nicht lösen.

Die politische Lage hat aber noch einen wichtigen Aspekt, der ebenfalls geeignet ist, das Vorgehen der Justiz zu rechtfertigen. Hier kündigt sich eine neue Periode eines geschichtlichen Geschehens an, das seit langem andauert. Peter Gauweiler berichtete darüber in der Welt am Sonntag vom 24. Januar 1993 unter der Überschrift "Gnade für die politische Klasse der DDR? - Recht ist nicht alles". Er schreibt: "Im tugendhaften, noch im Morgenschein der Geschichte liegenden Heldenzeitalter Roms, in dem richtig und falsch, gut und böse noch nicht durch dickleibige Gesetzbücher und Beschwerdeverordnungen festgelegt waren, hat ein junger Feldherr nach siegreicher Unterwerfung und Gefangennahme zu seinem Vater geschickt: Was soll ich tun? Der alte Mann hat seinem Sohn geantwortet: Richte den Gefangenen ein Festmahl aus, vereinbare nur kleine Tributzahlungen und entlasse die Geschlagenen ohne weitere Schande in die Heimat. Der junge Feldherr war mit solcher Milde unzufrieden und schickte seine Boten wieder los. Sie kamen mit einem neuen Rat des Vaters zurück, nun allen Gefangenen die Köpfe abzuschlagen. Diesen grausamen Rat des Vaters verstand der Sohn erst recht nicht. Um die Feinde Roms, welche den Krieg begonnen hatten, nicht ungeschoren davonkommen zu lassen, wählte er einen Mittelweg: er ließ jeden Zehnten von ihnen köpfen, die anderen unters Joch gehen und verkaufte einige ihrer Frauen in die Sklaverei. 'Du bist ein Narr', hielt ihm, zurückgekehrt nach Rom, der Vater vor: 'Im ersten Fall hätten Dir die Besiegten Deiner Milde wegen ein Denkmal gesetzt, ihre uns feindlichen Heerführer selbst beseitigt und die andauernde Freundschaft Roms gesucht; im zweiten Fall wären sie auf Generationen keine Gefahr mehr für uns gewesen. Nun aber haben wir sie weder als Freunde gewonnen, noch hast Du sie endgültig vernichtet; in wenigen Jahren werden sie wieder vor Roms Toren stehen."

Keinen der beiden Ratschläge des weisen Alten haben die Alliierten nach dem zweiten Weltkrieg beherzigt. Im Morgenthauplan (Deutschland zum Agrarstaat zu machen, keine Industrie mehr) und im Kaufmanplan (alle deutschen Männer zu sterilisieren) gab es zwar Ansätze zu der Konsequenz gemäß Ratschlag zwei, aber beide wurden nicht verwirklicht. Statt dessen ist die Umerziehung nach einem Konzept von Nizer (Nizer, Louis, What to do with Germany, New York: Readers Book Service, 1944, Overseas edition for Armed Forces) durchgeführt worden. Einige Deutsche haben nun im Vertrauen auf die Menschenrechte der informellen Selbstbestimmung und der Freiheit der Wissenschaft Ungerechtigkeiten der Sieger des Zweiten Weltkrieges aufgedeckt. Zu solchen Ungerechtigkeiten ist es in der Menschheitsgeschichte nach praktisch jedem Kriege gekommen und dem sind schon unerträglich oft Rachefeldzüge gefolgt. Die Frage, die sich uns angesichts der Atomwaffen stellt, ist nun die: können wir uns eine Fortsetzung des Hin und Her leisten, das schon der weise Vater eines siegreichen Feldherrn im alten Rom durchschaute? Immerhin sind infolge wachsender Vernichtungskraft der Waffen die Kriege seit Beginn des Jahrhunderts immer grausamer geworden. Der nächste führt vielleicht zu einem den Menschen vernichtenden Atomkrieg. Ein Bündnis, das durch die gegenwärtig nur empfundenen oder auch real verübten Ungerechtigkeiten entstehen könnte, könnte schließlich so einen Krieg auslösen. Sollten wir uns da nicht anstrengen, trotz des Unrechts einen Ausbruch aus dem Hin und Her zwischen Niederlage und Rache zu finden? Trägt das Konzept der Vergebung noch und wenn ja, trägt es zwischen den Völkern auf Erden? Oder ist ewiges Erinnern besser? Woran erinnern wir uns? An tatsächlich Geschehenes oder an mythisch begründete Wahrheiten?

Die Fragen zeigen das Dilemma auf, in dem wir uns befinden. Solange keine Antworten gefunden sind, müssen die Menschenrechte zurückstehen, damit der Frieden gewahrt werde. Wer macht Vorschläge zur Auflösung des Dilemmas, die vielleicht sogar im Einvernehmen und unter Wahrung des Gesichts der Herrschenden umgesetzt werden können?

Diese Sicht mag dem einen oder anderen scheinheilig vorkommen. Sie ist es nicht. Vielmehr sollten wir Deutsche uns fragen, ob wir sicher sein dürfen, daß wir in der Rolle der Sieger klüger, gerechter und weiser gewesen wären.


Quelle: Sleipnir 4(4) (1998), S. 41f.

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